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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 13.1895

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Nr. 11
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Probst, Josef: Vergleichung der Angaben der zwei Biberacher Chronisten aus dem Zeitalter der Reformation, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15912#0104

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95

ist gestanden eine köstliche schöne Tafel,
hat der guot Maister Hübsch Marte ge-
malt; und S. 24: Alles ganz lustig und
ttoit Hüpsch Marlin, dem besten Maler
gewatet ist)". Es war ein stattlicher Flügel-
altar mit einem doppelten Paar von Flü-
geln. Wer unter der Benennung „hüpsch
Martin", „der beste Maler" und der „guot
Maister" gemeint sei, läßt sich nicht be-
zweifeln; es bestand ja nur ein Meister
(Martin Schongauer), dessen populärer
Name „hüpsch Marlin" in allen deutschen
Gauen so guten Klang hatte; eine Ver-
wechslung mit einem andern Meister ist
nicht denkbar. Die Freude, das Werk
eines solchen Meisters zu besitzen oder
wenigstens dasselbe im Besitz gehabt zu
haben, gibt sich auch bei dein Anonymlis
in wiederholten Ausrufungen kund. Nur
noch bei einem Madonnenbild (S. 33)
dringt ein wärmerer Ton durch: „eine
schöne große unser lieb Frauen mit dem
Jesuskindlein, gar guldiu, auf einem Fuß
(Postament), gar ein schönes, ganz lieb-
liches Bild", aber auch hier keine Angabe
deö Meisters. Die zahlreichen Altäre wer-
den zwar beschrieben, aber in dürftiger
Weise. Wir heben jedoch einige Notizen
heraus. In der Nikolauskapelle (S. 68
lind 69) ist der Altar näher bezeichnet als
„eine große alte Tafel mit viel vergnlter
Hayligen; ist vor Jahren aus dem Altar-
gestanden in der rechten Kirche", und
S. 78 ist voil dem Altar der hl. Geist-
kapelle bemerkt: „mit einer alten Taffel,
soll vor Zeiten aus dem Choraltar ge-
standen sein in der rechten Kirche". Ander-
seits ist Erwähnung gethan (S. 26), daß
ans dem mittleren Altar und ans dem vor-
der Fliglerkapelle stehenden Nikolansaltar
in der Pfarrkirche selbst ganz neue Tafeln
sich befunden haben, woraus hervorgeht,
daß der Gebrauch, geschnitzte und gemalte
Aufsätze über dem Altartisch anznbringen,
nicht eine kurze Zeit bloß in Hebung war.
Heutzutage sind bei uns zwar nur noch
solche Altäre unversehrt erhalten, die um
die Wende des 15. Jahrhunderts gegen
das 16. entstanden sind; aber Einzelstatuen
ans dem 14. Jahrhundert, die ehemals
Altartafeln angehörten, sinden sich noch tu
der Umgebung von Biberach vor (cs. „Ar-
chiv" 1889 S. 27), sowie auch Werke der
Sknlptur, die nur ganz kurze Zeit vor dem

Bildersturm (1531) entstanden sein können,
oder auch erst nach demselben (cs. „Archiv"
1891 S. 65). Zn entscheiden ist freilich
nicht, ob diese Werkstätten in Biberach
selbst oder in der Nachbarschaft sich be-
funden haben mögen.

Ans dem angeführten Detail dürfte znr
Genüge hervorgehen, daß die beiden Chro-
nisten von Biberach glaubwürdige Zeugen
der Einrichtungen und Zustände sind, die
sie beschrieben. Eine Abhängigkeit des
einen von dem andern in der Weise, daß
einer den andern abgeschrieben oder auch
nur benützt hätte, läßt sich aus den Schrif-
ten derselben nicht nur nicht entnehmen,
sondern geradezu widerlegen. Der Ano-
nymus hätte von Pslnmmern nichts ab-
schreiben können als die mannigfaltigen
Ziffern und Zahlen, was er aber, als wahr-
scheinlich seiner Neigung widersprechend
ganz und gar unterläßt. Pslnmmern,
der seinem Standpunkt und seiner Neigung
nach gerade daraus einen Werth legt, hätte
dafür gar keinen Anhaltspunkt in der Schrift
des Anonymus gefunden. Und doch besteht
unter ihnen eine sichtliche Uebereinstiminung.
Man könnte die Vergleichungen zwischen
beiden noch weiter ausdehnen, besonders
auch ans die Gesäße ans Edelmetallen, die
Pslnmmern aus S. 196 und 197 beschreibt
und seiner Gewohnheit gemäß taxiert, und
die auch von dem Anonymus (S. 38 und
folgend) angeführt werden, und man würde
zu dem gleichen Resultat kommen, unge-
achtet einiger außerwesentlichen Abwei-
chungen. Es liegt aber nicht in unserer
Absicht, darauf einzugehen.

Dagegen können wir nicht umhin, den
Eindruck zu schildern, welchen die Lektüre
der beiden Schriften auf uns gemacht hat.
Es treten hier offenbar zwei, ihrem Tem-
perament und Charakter nach, grundver-
schiedene Persönlichkeiten ans.

Pflummern gibt sich alsbald vom
Anfang bis zum Ende zu erkennen als
eine stark cholerische Natur; er ist ein
Nufer im Streit, jederzeit bereit, seinem
Gegner wuchtige Hiebe zu versetzen. Auch
nimmt er gar keinen Anstand, gewisse na-
türliche Dinge mit dem kürzesten Ausdruck
zu bezeichnen (cs. S. 178 und 200); bat
auch eine entschiedene Neigung, mit Ziffern
und Zahlen um sich zu werfen, wie schon
oben bemerkt wurde.
 
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