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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 14.1896

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Nr. 2
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Rueß, Bernhard: Die Baugeschichte der Klosterkirche von Schussenried, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15913#0024

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16

er gelesen habe: „St. Magnus, zweiter
Patron zn Scbussenried." Auch im Archiv-
register findet sich eine Stelle, in welcher
Magnus als N e b e n Patron bezeichnet wird.
Wenn nun theoretisch auch wohl jetzt noch
Maria als Hanptpatronin anznsehen ist,
so wird doch in der Praxis anders genr-
theilt. Im Volksbewnßtsein lebt nämlich
seit lange her nur noch die Erinnerung
an das Patrocininm des hl. Bekenners
Magnus fort; die Kirche wird fast allge-
mein St. Mangengotteshans benannt, der
Kultus des hl. Magnus steht dahier seit
Jahrhunderten in hoher Vlnthe, zur Zeit
des Reichsstistbestaudes strömten gewaltige
Massen von Andächtigen am 6. September
ßdes Jahres in Soreth zusammen, in
unseren Tagen wird jedjährlich die solenne
Patrociuilimsseier am Sonntag in der
Oktav des Heiligensestes gehalten.

Vereinzelt wurde behauptet, der bl. Mag-
nus sei schon vor Erbauung des Kloster-
gotteshauses in Schnssenried Kirchenpatron
gewesen. Es habe also schon die alle
Pfarrkirche unter seinem besonderen Schutz
gestanden. Sogar der sonst sehr ruhig
lind nüchtern urtheileude?. Vincenz Roden-
bach glaubte diese Ansicht ans Grund eines
alle», im Kloster Vorgefundenen Brieses
vertheidigen zu sollen. Allein der Haus-
chronist, welcher von dem fraglichen Briese
auch Einsicht genommen hat, spricht dem-
selben jede Beweiskraft ab. Deßhalb ist
wegen vieler gegemheiliger bestimmter Zeug-
nisse die Meinung, welche den hl. Magnus
schon zum Patron der alten Pfarrkirche
stempelt, als unhaltbar zn verwerfen?)
Noch bleibt anznfügen, daß in einer Ur-
kunde von 1258 unter dem Propste Berthold
(1248—78) das Kloster Schnssenried fol-
genden Titel erhält: „Gotteshaus der

seligsten Jungfrau Maria, des hl. Johan-
nes Evangelisten, der hh. Magnus und
Augustinus in Soreth."^) Mit dieser
Auszählung von Heiligennamen will aber
keineswegs eine Benennung der Kirchen-
patrone im engeren Sinne geboten werden.
Vielmehr werden hier solche Heilige er-
wähnt , die damals in Schnssenried her-
vorragende Verehrung genoßen. Sonst
müßte obige Zusammenstellung als eine

j unstatthafte Vermengung der Schtttzheiligen
der Kloster- und der alten Pfarrkirche
gerügt werden. Es darf daher nicht ge-
schlossen werden, daß auch St. Angustin
den Schnsseurieder Kirchenpatronen beizu-
zählen sei. Einen Nebenpatron kennt
allerdings die Ordenskirche seit Mitte des
17. Jahrhunderts außerdem noch. Dies
ist der hl. Märtyrer Vincenz, dessen
ehrwürdiger Leib den 31. August 1651
im Klostergotteshaus feierlich zur Auf-
bewahrung gelangt ist?)

II. Die Erweiterung und Verände-
r n n g des Gotteshauses im Geiste dcr Gothik.

Im 15. Jahrhundert traten mehrere
Ereignisse ein, welche einen bedeutsamen
neuen Abschnitt in der Geschichte unseres
Gotteshauses einleiten und begründen:
j Anno 1440 vertauschte der Klostervorstand
Konrad Räuber die Würde eines Propstes
! mit derjenigen eines Abtes. Der erhöhte
Rang verlangte eine bessere äußere Re-
präsentation, der Glanz der Mtswürde
forderte eine größere Ausdehnung und
Pracht der Ordenskirche. Zudem war
man wegen Banfälligkeit der von den
Laien benützten alten Pfarrkirche vor die
Eventualität eines Neubaues des Gemeinde-
i gotteshanses gestellt. Es entstand die Frage,

! ob man für das Volk zn einem Kirchen-
nenbau schreiten oder den Laien zur Be-
friedigung der religiösen Bedürfnisse in
Zukunft in der Klosterkirche einen Platz
einränmen solle. Man entschied sich für
den letzteren Weg, nämlich für die Aus-
nahme der Laiengemeinde in die Ordens-
kirche. Damals war sodann die Vorliebe
für romanische Bauten geschwunden, man
schwärmte für die Formen der Gothik.
Diese Geschmacksrichtung bestimmte denn
auch den Stil, in welchem die Ordens-
kirche während dieser zweiten Banperiode
erweitert wurde. Die Beschleunigung der
Kirchenvergrößerung und deren Beendigung
noch im 15. Jahrhundert hatte ihren Grund
darin, daß dazumal die Klosterleitnng in
der Hand eines recht baulnstigen Prälaten,
des Abtes Heinrich Oesterreicher (1480
bis 1505), lag. Schon das in Oel ge-
malte Porträt dieses Herren kennzeichnet
denselben als den Ersteller von Werken
der Architektur. Sein Bildniß zeigt näm-

0 Hauschronik. Anmerkungen. Seite 11.
2) Archivrepertorium. Tomus II. pag. 730.

l) Hauschronik. 3. Theil. Seite 149.
 
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