Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 14.1896

DOI Heft:
Nr. 2
DOI Artikel:
Rueß, Bernhard: Die Baugeschichte der Klosterkirche von Schussenried, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15913#0025
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
lid) den ruhig und wohlwollend aus-
schauenden Klostervorstand, wie er mit
der Rechten die Feder führt, um einen
vor ihm liegenden Bauriß zu vollenden.
Auch die Hauschronik gibt mehrfach Aus-
kunft über Neubanten dieses Prälaten.
Die ausführlichste Nachricht über die kirch-
liche Bauthätigkeit dieses AbteS scheint
aber in einem Jahrhunderte alten Buche
niedergelegt zu fein, dessen Titel uns vor-
erst noch nicht bekannt ist nnd von dem
wir bisher noch nicht persönlich Einsicht!
nehmen konnten. Wir müssen uns daher!
mit einem Auszug ans dem Werke bc- ;
gnügen. Denselben hat ein glanbens- !
starker, hochgelehrter, um das Reichsstift
Schnssenried ungemein verdienter Mann,
der Apotheker Georg Ludwig Rauch von
Biberach anno 1687 gefertigt. Noch im
-gleichen Jahr hat Rauch seinen bange- !
schichtlicheu Literarfund nach Soreth kund- !
gegeben, wo man damals über den Ver- ^
lauf des Stistskircheubaues nicht mehr ^
genau unterrichtet gewesen sein dürfte.
Rauchs Bericht vermeldet, „das Abbt
Heinrich Oesterreicher, Decretornm Doctor, ^
anno 1501 fünf neue künftlich-geschnizte
und fleißig gemahlte Altar Hab anfsetzen
lassen. Er habe anno 1486 die Libra- ;
riam, anno 1490 eine Nebencappell gegen
dem Kreuzgang, wie auch S. Christoffels
Eappellen undt anno 1493 den Chor ge-
bauet. Werkhmeister sehe gewesen Georg
Luz. Die völlige Kirch Hab Er gewölben
lassen 1497/") Der gegen die Dritte des
vorigen Jahrhunderts schreibende Kloster-
archivar , dem wir diese Notiz entnehmen,
pflichtet derselben unbedingt bei. Sein
Einverständniß motivirt er mit der unten
noch anzusührenden aus anderer Quelle
geschöpften Meldung über die Wiederein-
weihuug der Kirche. Auch wir halten die
Nachricht für glaubwürdig; denn sogar
die Sprache der Steine bekräftigt das
schriftliche Dokument des Biberacher Ge-
währsmannes Rauch. Inwiefern?

Zu ebener Erde rechts vom Portal der
Kirchenvorhalle befindet sich eine Thüre.
Dieselbe führt in ein wenig geräumiges,
unter dem rechten Abteierker befindliches
Gelaß, in welchem zurzeit Brennmaterial

i) Archivregistee. Tomus I. Lade J. Fas-

ciket 1. Buchstabe F. Merkwürdigkeiten von

1400—1500.

aufbewahrt wird. In diesem Raum steht
eine massige Steinsäule, in welche die Zahl:

I ° ^ ° 8 ° Z

eingehauen ist. Diese Ziffer 1482 gibt
nun offenbar den Zeitpunkt an, um wel-
chen Abt Heinrich den Bau der alten Abtei,
deren Parterre durch die Vorhalle (das
Paradies) des Gotteshauses gebildet wird,
begonnen hat.

Sodann stoßen mir über dem Eingang
znm sog. Chörle seinem Oratorium, wel-
ches im verflossenen Jahrhundert die Galleric
genannt, ursprünglich aber zur Bibliothek
verwendet worden war) auf die Jahrzahl
1486. Unterhalb lesen wir die Inschrift:
»Hainricus Ostericher huc abbs decre-
torum doctor lianc primus erexit bib-
liothecam.« Au dieser Steinurknnde be-
findet sich noch auf zwei von einem Engel
gehaltenen Schilden das große Wappen
des Abtes Oesterreicher, nämlich auf dem
heraldischrechten Schild ein ungekrönter
Löwe, auf dein linken aber ein über einem
Dreiberg ausgehender fünsstrahliger Stern.
In diesem Steindoknment besitzen wir nun
ein unanfechtbares Zengniß dafür, daß
Prälat Heinrich 1486 die Bücherei an
die Ordenskirche angebaut hat und daß
die citirte schriftliche Quelle iu diesem
Punkte zuverlässig ist.

Deßwegeu trauen wir ihr auch in Be-
treff der Angabe/ daß er 1490 die Chri-
stophskapelle, welche links vom Kirchthurm
stand, erstellt habe. Ein gewichtiges Mo-
ment für die Annahme, daß Rauchs Be-
richt auch in dieser Hinsicht Glauben ver-
dient , bildet die anderweitig bezeugte
Thatsache der anno 1494 vollzogenen
Konsekration der St. Ehristophskapelle.

Schwieriger dagegen ist die Frage, ob
Rauchs auszügliches Referat auch das
Richtige treffe mit der Bemerkung, Abt
Heinrich habe 1490 auch eine Neben-
kapelle gegen den Krenzgang hin gebaut.
Unter diesen! Heiligthum kann nur die
Liebfraueukapelle verstanden werden, welche
lange als Wallsahrtskirchleiu geschätzt war.
Allein sie ist bereits gegen Ende des
13. Jahrhunderts entstanden. Wir mei-
nen daher, daß der Kürze halber, statt
bei dieser Marienkapelle das Wort „restau-
riren" zu schreiben, bei beiden der Ans-
 
Annotationen