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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 14.1896

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Nr. 3
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Rueß, Bernhard: Die Baugeschichte der Klosterkirche von Schussenried, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15913#0031

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23

Gothik am ganzen Gebäude wies die srühe-
stens von Abt Heinrich erstelle Parthie,
nänilicb die Eingangshalle, ans. In diesem
dreischiffigen, nur zwölf Meter breiten,
nicht hohen, mit einem Kreuzgewölbe ver-
sehenen Vorzeichen stehen sechs Pfeiler mit
spitzigen Arkadenbögen. Das Langhaus
war vom 15. bis ins 18. Jahrhundert
weit düsterer und liebtarmer als jetzt, da
die derzeitigen 15 Oberlichter damals noch
nicht bestanden haben, alle drei Kirchen-
schiffe unter Einem Dach waren, die alten
romanischen Klaristerien aber zngemanert
gewesen sind. Weil unsere Kirche in der
zweiten Banperiode zu ihrer bisherigen
Bestimmung als Klostergotteshans auch
noch den Charakter eines Heiligthnms zur
Befriedigung der religiösen Bedürfnisse der
Laienbevölkerung erhielt, war auch ein
Taufstein anfznstellen. Derselbe erhielt
anfänglich seinen Platz links beim inneren
Hauptportal; jetzt steht er fast mitten in
der Kirche, da, wo bis in unser Jahr-
hundert herein der Krenzaltar gewesen
war. Der Melalldeckel des noch im Ge-
brauch befindlichen ursprünglichen Tauf-
beckens tragt folgende Inschrift:

•:I-T0-T-

Wir deuten sie als die Jahrzahl 1505.

III. Die Periode der Ausbesserung
nach dem Kirchenbrand.

Als wenige Tage nach Neujahr 1647
die feste Stadt Bregenz von dem schwe-
dischen General Wrangel eingenommen
worden war, walzte sich ein beträchtlicher
Vrnchtheil des Belagernngsheeres nach
Oberschwaben zurück. So kam eine schwe-
dische Trnppenabtheilnng auch nach Schnssen-
ried. Hier hätten die Soldaten gerne ge-
plündert, allein sie fanden an dem längst
total ansgeranbten Klostersitz nichts vor,
was des Führens und Tragens werth ge-
wesen wäre. Sie ließen nun die ent-
leerten Klostergebände ihren Unmnth fühlen
und zündeten sie den 13. Januar 1647
an?) Auch die Stiftskirche hatte unter
dem Schadenfeuer zu leiden; gänzlich
vernichtet wurde allerdings bloß ihr
Dachstnhl, die Kirchenschiffe wurden nur
ausgebrannt, während der Chor unbeschä-

digt blieb. Daß das Presbyterium keinen
Schaden nahm, war der mehrfach erwähn-
ten, durch Abt Oesterreicher angeordneten
„chinesischen Mauer", wie sie der Chronist
launig betitelt hat, zu verdanken. Sie
leistete bei der Katastrophe die Dienste einer
Fenerwand. Intakt blieb sogar das alte
Chorgestühl, an dessen einzelnen Snbsellien
die Zeit ihrer Verfertigung angemerkt war.
Der kunstsinnige I\ Ludwig Mangold hat
an ihnen die Jahrzahlen 1462, 1464
n. s. w. gelesen. Ein Exemplar dieser
Chorsitze wurde später in die St. Veits-
kapelle verbracht und ist noch anno 1760
dort gestanden.

Wie die Abt Oesterreicher'sche Scheide-
wand den Priesterranm der Stiftskirche
vor Zerstörung bewahrte, so hat die zwischen
Langhaus und Vorhalle stehende Mauer
die Abteiwohnnng vor der Devastation
behütet. Bis zur Stunde geben angekohlte
Gebälkreste noch Zeugnis; davon, daß
nur die Festigkeit des Gemäuers zwischen
Kirche und Prälatur die letztere vor gänz-
licher Vernichtung geschützt hat. — Weil
das ursprüngliche, hoch anfragende Ge-
wölbe des Gotteshauses durch das Feuer
schwer gelitten hatte, mußte es abgetragen
werden?) Die gegenwärtige Ueberwölbnng
des Heiligthnms stammt somit ans der Zeit
nach dem Kircbenbrand. Deitn Abt Rohrer
hat sie anno 1650 vornehmeit lassen. Weil
das hetitige Gewölbe bei weitem nicht so
hoch gesprengt ist, wie das ehemalige, so
macht sich der Kontrast zwischen einst und
jetzt sogar an dem Dache der Kirche un-
liebsam bemerklich. Der Hohlziegelgrat
des Langhatlses liegt nämlich hetitzntage
etwa 7 Fuß tiefer als derjenige des Chores.

Das infolge des dreißigjährigen Krieges
über das Reichsstift hereingebrochene Elend
hatte mit dem Kirchen- und Klosterbrand
seinen Höhepunkt erreicht. Denn itoch im
Unglücksjahr 1647 wurde der Abtei ein
wenn auch bescheidenes Glück zu Theil.
Sie erbte von der Mlttter des atls RavenS-
bnrg gebürtigen Paters Ferdinand Frey
Silberschmnck im Werth von 175 fl. 12 kr.
Auch konnte der Prälat bald nach Ein-
äscherung der Stistsgebände 45 Zentner
Karpfen veräußern; er löste für den Zentner
6 fl. Endlich tnachte er noch das imSchnssen-

) Hauschroiiik. 3. Theil. Seite 150.

) Hauschroiiik. Anmerkungen. Seite 18.
 
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