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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 14.1896

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Nr. 6
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Schiller: Das Vereinsbild der heiligen Familie, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15913#0064

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51

Arbeitscimkeit, welches uns die heilige
Familie gab, deutlich zur Darstellung
koiuuieu; nicht weniger deutlich aber auch
das Beispiel der Gottesfurcht und
Frömmigkeit, wodurch das Familien-
leben fein Fundament und die Arbeiten
und Leiden der Familie ihren höheren Werth
empfangen. Weil die christliche Welt die
Würde der Arbeit, ihre Pflichtmäßigkeit
und Verdienstlichkeit vergessen hat — und
sie hat diese vergessen, weil sie Gott ver-
gessen hat -—, darum die Unzufriedenheit
von Millionen, darum die Auflehnung und
der Zwiespalt in der menschlichen Gesell-
schast, darum auch die Zerrüttung des
Familienlebens. Das ,,Orn et Indorn"
muß deßhalb das Thema des Vereinsbilds
sein, damit es vollkommen zweckmäßig sei.
Den Kindern und Untergebenen muß es
außerdem die für sie wichtigste und vom
göttlichen Heilande in seinem verborgenen
Leben vorzüglich geübte Tugend des Ge-
horsams („Er war seinen Eltern nnter-
than") zur Nachahmung vor Angen stellen.

Diese Tugenden der heiligen Familie
sind auf den Bildern, die wir besprochen
haben, zu wenig berücksichtigt. Die Fröm-
migkeit Mariä und Josephs deuten wohl
einige derselben an, indem sie dieselben mit
gefalteten Händen oder gebeugtem Knie
vor dein göttlichen Kinde oder in frommer
Lesung vor einem Buche darstellen; die
Arbeitsamkeit des hl. Joseph kommt bei
Nembrandt (der hl. Joseph mit der Axt
arbeitend) und Schonganer (Joseph dem
Vieh Futter streuend) zum Ausdruck;
allein es geschieht nicht in hinreichend deut-
licher und erbaulicher Weise. Der Ge-
horsam Jesu ist nirgends dargestellt.

Ein g a n z z w e ck m ä ß i g e s Vereinsbild
finden wir also bei diesen großen Meistern
nicht. Mustern wir nun die neueren und
neuesten Darstellungen der heiligen Fami-
lie, ob sich unter ihnen eilt solches finde.
Wir haben reiche Auswahl, wenn wir
auch die „Modernei:" voit der Art Uhde'ö
ganz beiseite lassen. Schlotthaner, Fürst,
Frank, Fortner, Nieser, Klein, Karl Mül-
ler, Baumeister, Defregger, Schmalzl, die
Benroner Schule n. a. haben wahrhaft
religiöse Bilder der heiligen Familie ge-
schaffen. Leider gelang es uns nicht, eine
Abbildung oder nähere Beschreibung des
von Pins IX. erwähnten Bildes zu erhalten.

Die neueren Bilder der heiligen Fami-
lie, die wir zu Gesicht bekamen, weisen
in der Hauptsache fü ns verschiedene
A r t e n der Darstellung ans.

Zunächst finden wir die heilige Familie
in der Weise dargestellt, wie die oben ge-
nannten Künstler ans der Blüthezeit der
christlichen Kunst sie gemalt haben. So
haben wir eine Komposition von Itten-
bach: Das göttliche Kind schlafend im
Schooße der Mutter; der hl. Joseph beugt
sich ans seinen Stab gelehnt über beide;
ein Lämmchen schmiegt sich zutraulich an
das Kind heran. Eine reizende Idylle,
ebenso schön und abgerundet im Aufbau,
als fromm und zart in der Durchführung,
— fast zu zart! Das Bilt^ ist als Stahl-
stich durch Lanmann in Dülmen (80: 57 cm,
8 Mk.) zu beziehen und findet großen
Beifall. — Ein religiöses Genrebild von
ähnlichen: Charakter, wenn auch eine andere
Scene darstellend, ist die Komposition
Schmalzl's, die uns die neuen Pnstet'schen
Brevieranögaben als Vignette zum Feste
der heiligen Familie bieten: Jesus, mit
seinem Nährvater von der Arbeit heim-
kehrend, eilt in die Arme seiner Mutter,
die ihn mit gebogenem Knie erwartet.
Eine herzige Scene ans dein Leben der
heiligen Familie, aber wie das Bild Itten-
bachs mehr Genre- als Andachtsbild.

In gewissem Gegensatz hiezu sind
die Darstellungen der zweiten Art aus-
schließlich Andachtsbilder, so ein anderes
Bild Ittenbachs und die vielgesehene Kom-
position Defreggers. Sie zeigen das Kind
nicht in kindlichem Thun, sondern in gött-
licher Hoheit, Anbetung heischend. Es
steht mit erhobener Rechten, von Maria
gehalten, ans deren Schooß und wendet
sich ganz zum Beschauer. Maria sitzt ans
einem Throne; der hl. Joseph kniet bezw.
steht au den Stufen des letzteren.

Wie gesagt, diese Bilder sind echte An-
dachtsbilder; Tngendspiegel in dem Sinne,
daß sie die hauptsächlichen Familientngen-
den der drei heiligsten Personen znin Aus-
druck brächten, sind sie nicht.

Als solche bieten sich die drei weiteren
Arten der Darstellung der heiligen Fami-
lie dar.

Fortner, Fürst und Baumeister wollen
uns die Frömmigkeit der heiligen Fa-
milie zur Erbauung und Nachahmung vor-
 
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