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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 14.1896

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Nr. 10
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Detzel, Heinrich: Ein Gang durch restaurirte Kirchen, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15913#0104

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90

Würde den Bischof. Da kam Bischof
Kourad unerwartet früh zurück und trat
unverhofft unter die muntere Schaar seiner
Zöglinge. Unser Gebhard wurde natürlich
äußerst betroffen lind wollte sich beschämt
von feinem Ehrensitze schleichen. Aber
der heilige Manu gicug lächelnd aus den
Knaben zu und sprach: „Ei, Gebhard!
wie wolltest du rasch meine Stelle vorweg
einnehmend So wird es nicht kommen,
denn nach mir ist sie nicht dir, sondern
einem andern bestimmt. Wenn aber dieser
von hinnen genommen sein wird, dann hat
dich der Herr zum Lenker und Hirten
seiner Herde auserwählt." Daß Bischof
Kourad damit prophezeite, bewies später
der Erfolg." Wir sehen den kleinen
Gebhard einen Bischof spiele n,
wie er eben auf dem bischöflichen Throne
sitzt und den andern Knaben Befehle
erteilt. Da auf einmal erscheint die ehr-
würdige Gestalt des hl. Konrad uub er-
hebt wie warnend oder drohend seine Rechte.
Der kleine „Bischof" sucht sich vergeblich
zu ducken und im Schrecken ist ihm sogar
seine papierne Mitra auf den Boden ge-
fallen. Seine Kameraden sind ebenfalls
überrascht imb sehen voll Staunen auf
den eiutreteudeu Bischof hin; in ihrer
Nähe steht noch ein primitiv zubereiteter
Tisch, wohl der „Altar", an dem sie gu
„celebriren" versuchten.

2. Als der Zögling des hl. Konrad
das erforderliche Aller erreicht und die
nothwendigen Studien vollende: hatte, um
als Kleriker in den eigentlichen Dienst
der Kirche zn treten, erteilte ihm der
hl. Bischof die Weihen. Das zweite
Medaillon stellt daher vor, wie der
h l. Geb h a r d v o m h l. B i s ch o s K o u-
rad die Priesterweihe erhält, in-
dem letzterer an dem Altäre stehend dem
vor ihm Knieenden die Hände auslegt.

3. Das dritte Bild zeigt in ganz ein-
facher Auffassung, wie das vorhergehende,
d i e B i s ch o s s w e i h e des h l. G e b h a r d.
Der die heilige Weihe vornehmende Bischof
sitzt aus dem bischöflichen Throne und
erhebt segnend seine Rechte über den vor
ihm kuieenden Heiligen; zur Rechten steht
ein Diakon, welcher die Mitra auf einem
Kissen parat hält.

4. Das vierte Medaillon erzählt wieder
eine Legende. Nach der Chronik von

Petershansen hat der hl. Gebhard seine
Klosterkirche, die er erbaut, künstlerisch
reich ausgestattet; Malerei und Bildhauer-
kunst standen in seinem Dienste und mußte
namentlich erstere eine reiche Verwendung
gefunden haben. Der Patriarch Vitalis
von Venedig hat einen ganzen Scheffel
der hochgeschätzten griechischen Lazursarbe
als Liebesgabe geschickt und dieselbe fand
reichliche Verwendung. „Als die Kirche,
— erzählt die Chronik,H -— mit bunten
Farben im höchsten Eifer ausgemalt wurde,
geschah es, daß der Bischof sich entfernte
und eine geraume Zeit nicht wiederkam.
Dies benutzten die unredlichen Maler, um
die besten Farben zn entwenden, in den
nahen Wald zn bringen und sie heimlich
dort zn vergraben. Als nun Gebhard
wieder zurückgekehrt war, verlangten die
Leute mit Ungestüm neue Farbstoffe, in-
dem sie sagten, daß sich ihre Arbeit wegen
Mangel an Farben ungebührlich verzögere.
Der heilige Mann hörte ihre Klagen an,
schwieg dann eine Weile und sagte: „Wenn
es euch au Farbe gebricht, so muß sie
herbeigeschafft werden. Kommt also und
folgt mir; vielleicht wird uns der Herr-
in seiner'Güte geben, was ihr verlangt,
so daß ihr das Werk beschleunigen könnt!"
Und er führte sie, ohne daß ihm jemand
den Weg gewiesen hätte, gerade an die
Stelle, wo sie zuvor die Farben verborgen
hatten, stieß seinen Stab in den Boden
und sagte: „Da grabet in Gottes Namen
und schaut zu, ob ihr etwas finden möget!"
Voll Schrecken in ihrem bösen Gewissen
gruben sie die Erde aus und brachten die
vergrabenen Farben wider Willen aus
Licht. Lächelnd sagte ihnen nun der Mann
Gottes: „Jetzt sputet euch, liebe Kinder!
und arbeitet mit dem, was der Herr uns
gezeigt hat, um so eifriger weiter!" Sie
gieugeu erschreckt vou dannen und ver-
wunderten sich über das Geschehene; am
Orte selbst aber brach eine Quelle klarsten
Wassers hervor, welche noch floß, als der
Mönch von Petershansen dieses ums Jahr
1150 niederschrieb." Diese Legende sehen
wir nun iu unserem Medaillon dargestellt.
Wir befinden uns in einem dichten Tannen-
walde, wo wir ■— allerdings ein unge-
wohnter Anblick in dieser Gegend — einen

l) Brgl. Schmid, 1. c. S. 16.
 
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