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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 14.1896

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Nr. 11
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Krzesinski, Theophil: Die christliche Kunst und der Fabrikbetrieb religiöser Kunstwerke
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Die photographische Aufnahme unserer kirchlichen Kunstaltherthümer
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https://doi.org/10.11588/diglit.15913#0116

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Darstellung dis bl. Grabes und der ..piatu"
hinznweisen; in Stein, Gyps, Terracotta, ^
Holz n. s. w. werden bl. Gräber und ^
pietu's massenhaft verfertigt, angeboten, !
angepriesen und wohl auch gebanst — ohne
dass sie den kirchlicben Ideen und Vor-
scbristen entsprechen. Co ist ein schöner,
herzerhebender Brauch, am Karfreitag in
der Kirche das Grab Christi dem Volke im
Bilde vorznführen, und wir haben, dank
den Evangelisten, eine ziemlich genaue
Kenntnis) von diesem Grabe. Wir wissen,
das; Joseph von Arimathäa den Leichnam
Jesu in reine Leinwand wickelte und ihn
in ein neues Grab legte, welches er in
einem Felsen hatte anshauen lassen. (Matth.
27, 59. Mart, l 5, 42. Lnk. 23, 50 Ioann.
19, 38.) Dieser Bericht der Evangelisten
mns; für einen christlichen Künstler abso-
lut bindend sein bei der Darstellung des
hl. Grabes. Was sehen wir aber statt
dessen? Das Grab selbst gleicht eher
einem Schinnckkästehen im Schaufenster
einer „Galanteriewarenhandlnng", als der
ernsten Stätte, worin Christi hl. Leich-
nam zur Ruhe gelegt wurde. Da schim-
mert alles von allerlei buntem Putz, künst-
lichen Blumen, bunten Lämpchen je. und
gar oft halten zwei Ritter in mittelalter-
licher (!) Nüstnng die Todtenwacht! Und
dann wie stellt man Christus den Herrn
dar 7 Ein nackter, todter Mensch, mit
dem Lendentneh kaum bedeckt, bald mit
den Spuren der Leiden, bald ohne die-
selben. Cs ist schwer zu begreifen, warum
man den Herrn entblößt im Grabe ruhend
darstellt, dem biblischen, historischen Be-
richt entgegen. Ist es nicht schöner und
entsprechender der Wahrheit, wenn Christi
Leib in weißer, schön drapirter Hülle im
Grabe ruht, heilige Ruhe ans dem hehren
Antlitz, zwischen Tannen- und Cypresscn-
grnn, matt erleuchtet durch mild strahlende
Lichter? Wozu der ganze, bunte Tand,
der nur zur Verthenernng der Darstel-
lung dient, ohne deren künstlerischen Werth
zu heben, wohl aber die Kasse der „Knnst-
anstalt" füllt. — Ebenso ist es niit der
pietll. Wie vst wird hier gegen die kirch-
liche Kunst gesüitdigt, auch gegen die all-
guneinen Regeln dev Kunst. Da ist der
Leib Christi bald zu kurz und schmächtig
im Vergleich mit der Figur der Jungfrau
Maria, bald ist es umgekehrt. Den Aus-

druck des Schmerzes im Gesicht der Jung-
frau auszudrncken ist schwer, selbst für
einen ächten Künstler, bei der Fabrikarbeit
geht er oft vollends verloren oder er wird
zu einer Grimasse. Wo es sich tim be-
malte Vesperbilder handelt, wird oft durch
allznbnnte Bemalung und schillernde Poly-
chromirnng der ernste Eindruck gestört,
vernichtet. — An herrlichen Vorlagen ans
der rtlbnireichen Vergangenheit der christ-
lichen Kunst fehlt eö wahrlich nicht. Da
ist z. B. das schönste alter Marmorbil-
der, die St. Peters Altäre in Rom ziere»,
das Vesperbild Michel Angelos! Es ist
einfach, natürlich tind wahr. Vasari sagt
davon: „Man erkennt darin alle Kraft
und alles Vermögen der Kunst. In den
Schönheiten des Werkes gehört, außer deit
Gewändern, der Leichnam Christi, dessen
Glieder so herrlich, dessen Leib so kunst-
voll, daß Niemand glauben würde, eine
nackte Gestalt zu siitdeit, an welcher Mns-
keln, Adern und Nerven mit so richtiger Be-
obachtung über die Gebeine gelegt sind, noch
einen Todten mit solcher Leichenähnlichkeit."
Ja, gegen diese Leichenähnlichkeit wird oft
verstoßen; da sieht man einen Leichnam
Christi, der in rosigsten Fleischtönen strahlt,
fast ebenso grell bemalt wie der Purpur-
mantel, der die Jungfrau ziert! Wo ist
aber größere Mäßigung geboten in Farben-
abstnsnng und Ausdruck als bei dieser tief-
crnsten, ergreifenden Scene; eine Fabrik-
arbeit wird dieselbe nie vollkommen wieder-
geben können. — Mit Recht verdammt
somit die genannte Generalversammlung
der Katholiken Deutschlands den Fabrik-
betrieb religiöser Kunstwerke und empfiehlt
den selbständig schassenden Künstlern das
Studium der Meisterwerke christlicher Kuitst
und engen Anschluß — auch nach der
theologischen nnb symbolischen Seite hin —
an die kirchlicben Vorschriften. Sie ver-
langt ztigleich bei ihnen die Fähigkeit und
das Bestreben, die Schöpfungen echter kirch-
licher Kunst individuell zu benntzeit und
z>t verwerlhen unter Anwendung solider
und erprobter Techniker.

v. K r z e s i n s k i, Die. Th.

Die photographische Aufnahme unserer
kirchlichen ckbunstalterthümer
ist mm gliicktich angebahnt. In Ausführung
des bekannten Beschlusses der Kunstvereinsver-
 
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