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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 14.1896

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Nr. 12
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Raffael's Disputa in neuer Vervielfältigung
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https://doi.org/10.11588/diglit.15913#0121

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Archiv für christliche Ärmst.

(Organ des Rottenburger Diözesan-Vereins für christliche Ärmst.

perausgegeben und redigirt von Stadtpfarrer Reppler in Freudeustadt.

Verlag des Rotteuburger Diözesan-Rnustvereins,
für denselben: der Vorstand Pfarrer Hetze! in St. Lstristina-Ravensbnrg.

Erscheint monatlich einmal. Halbjährlich für M.2.05 durch die württembergischen (M. 1.00
■iV , im Stuttgarter BesteÜbezirk), Al. 2.20 durch die bayerischen und die gteichspostanstalten,

12 st' 1.27 in Lesterreich, Frcs. MO in der Schweiz zu beziehen. Bestellungen werden tQaA
v * * auch angenommen von allen Buchhandlungen sowie gegen Einsendung des Betrags dirett iüyU.

von der Expedition des „Deutschen Volksblatts" in Stuttgart, Urbansstratze 94, zum
Preise von Bt. 2.05 halbjährlich.

Raffaet's Difputa in neuer Ver-
vielfältigung.

Das Reich des Schauens und das des
Glaubens, die Kirche des Jenseits und
die des Diesseits, beide im beglückenden
Besitze der verklärten Menschheit Jesu:
dort der unverhüllten, hier der in Brods-
gestalt verschleierten Menschheit, das ist
der lang verkannte, viel umstrittene und
doch so durchsichtige Gegenstand des ein-
zigen Gemäldes, das viele Kunstkenner
als die herrlichste Blnthe der christlichen
Kunst betrachten. — Ueber dem höchsten,
mit Cherubsköpfen besäeten Himmelsbogen
thront der „Alte der Tage", die Weltkugel
in der Linken, die Rechte segnend erhoben,
dem die Kniist anstatt niederschmetternder
Größe die ruhige Glorie der Gnade und
Majestät verliehen hat. Unter ihm ist hold-
seligen Angesichtes der „Abglanz des Vaters"
aus seinem Wolkensitze zu schauen; in
seinen Heiligenschein ist das Kreuz ein-
gezeichnet , während Gott Vater den vier-
eckigen Nimbus trägt; seine Hände sind
hoch erhoben, um seine Wundmale zu
zeigen: dasselbe thnt er unsichtbar dort
ans dem Altar in dem ewigen Denkmal
seines Erlösnngstodes und seiner Liebe.
Die Vermittlung aber zwischen dem eucha-
ristischen Christus und der verklärten
Menschheit Christi und somit das lebendige
Bindeglied zwischen der untern und obern
Abtheilnng unseres Gemäldes bildet der
hl. Geist, welcher — ein unsichtbarer Licht-
und Lebensstrom — vom Vater und Sohne
zugleich ausgeht. Seine Taube schwebt zur
Erde nieder, begleitet von Engeln, welche die
vier Evangelien tragen; aber seine Strahlen
bleiben nicht ans diesen haften, senken sich
vielmehr zwischen und über sie hin ans
den Altar herab, welcher den Mittelpunkt
der Scene bildet und dessen erhabenes

Geheimniß dadurch unmittelbar ans die
Gnadenwirksamkeit des göttlichen Geistes
zurückgeführt wird. „Nicht mehr leer steht
unser Heiligthnm wie einstens das zu
Jerusalem, wo alles sich im Schattenbild
abspielte. Damals schloß der Herr sich
noch im Himmel ein, wie der Prophet
sagt, und sein Thron war über den Wolken;
aber nachdem er sich auf die Erde herab-
gelassen, unter uns gewohnt und uns sein
wahres Fleisch und Blut unter diesen ge-
heiligten Zeichen zum Pfände gegeben hat,
ist der Altar des Himmels dem unsrigen
nicht mehr überlegen. Das Opfer, das
wir hier darbringen, ist das Lamm Gottes,
das Brod, welches wir brechen, die Speise
der seligen Geister, der geheimnißvolle
Wein, welchen wir hier genießen, ist ans
dem Wonnestrom geschöpft, den man im
Reiche des Vaters trinkt, unser Lied ist
ein Wiederklang der Himmelsharmonie, die
unaufhörlich den Altar des Lammes um-
tönt: kurz, unsere Tempel sind die neuen
Himmel, die der Prophet den Sterblichen
verheißen hat. Zwar schauen wir hie-
nieden nicht all das offen, was im Himmel
zu schauen ist, denn wir sehen nur wie
in einem Spiegel räthselhaft: aber wir
besitzen es, wir verkosten es und der
Himmel hat vor der Erde nichts mehr
voraus." — „Könnten sie es sehen, die
vom Glauben noch unerlenchteten Seelen,
wann der Diener der Kirche durch die
Kraft der Weiheworte und durch die
W irkun g d es h l. G e i st es den Heiligen
der Heiligen ans unfern Altar herabruft,
könnten sie sehen, wie da die ewigen Thore
sich öffnen und der König der Herrlich-
keit, von anbetendem Engelsreigen um-
schwebt, sich herabläßtI"H —

*) Massillon VIIe sermon pour le Careme.
— Massillon Paraphrase du l’saume XXIII.
 
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