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Christoph Rvsenhard für ben Zentner der zwei
alten, 1330 und 160 Pfund schweren Glocken,
welche man ihm darangab, 25 fl. zu erlegen.
Bald entstand das Gerücht, der Meister sei
nicht ehrlich zu Werk gegangen, er habe trotz
der Bertragsbedingnngen das Metall der allen
Schnssenrieder Glocken zu dein Neuguß nicht
verwendet. Diesen Beschwerdepnnkt scheint der
Schnssenrieder Abt Martin dem Nürnberger
Magistrat anno 1615 angezeigt §u haben. Der
Meister wurde daher zur Verantwortung ge-
zogen. Bor den Beamten gab Nosenhard zu,
daß er die erste für Schnssenried von ihm ge-
gossene Glocke an die Bergstadt Goldkronach ab-
gegeben habe, wo infolge einer Feuersbrnnst
das Geläute geschmolzen sei. Er fügte bei, er
habe für Schnssenried eine andere Glocke ge-
gossen und zwar ans dein geschmolzenen Glvckeu-
metall von Goldkronach, dieses sei aber eine
bessere Glockenspeise geivesen, als die ans den
alten Schnssenrieder Glocken bereitete. Der
Gießer that vor [einem Magistrat den Aus-
spruch, der Klang iind das Werk iverde den
Meister loben. Diese Erklärung Rvsenhards
wurde vom Nürnberger Magistrat deir 28. Sep-
tember 1615 an den Abt Martin zu Schnssen-
ried gesaiidt. Damit war der Zwischenfall er-
ledigt^ In der That funktionirt die größere
der beiden dlürnberger Glocken bis zur Stunde
noch tadellos im Kirchthurm, die kleinere war
einer Klvsterpfarrei überlassen ivorden?)
Weil nun anno 1613 zivei alte Glocken ans
dem Thurm entfernt und nur eine neue da-
selbst aufgehängt worden; iveil sodann int Jechee
1650 zivei schadhafte Glocken verkauft und bloß
durch die eine Armensünderglocke ersetzt wvr-
den: so beherbergte der Stistskirchenthurm seit
Mitte des 17. Jahrh. nicht mehr als drei Glocken.
Sobald daher die Neichsabtei finanziell wieder
mehr zil Kräften gekommen ivar, nahm sie ans
die Vervollständigung des Klostergeläutes Bedacht.
Dies geschah theiliveise unter dem Abt Tiberius
Mangold (1683—1710). Unter seinem Regiment
waren die nöthigsten baulichen Reparaturen be-
iverkstelligt, die Nachweheu des 30jährigen Krieges
einigermaßeir überwunden rind eine leidlichere
Finanzlage geschaffen ivordeit. Somit konnte er
nicht allein dem schreiend Nvthtveudigen, sondern
auch dem bloß Wünschenswerthen Aufmerksam-
keit schenken; er beschaffte und iveihte nnverhält-
nißmäßig viele Glocken für die auswärtigen
Klosterpfarreien, anno 1709 ersetzte er nud) die
ehemalige, über ein Halbjahr-Hundert früher ver-
äußerte Frühmeßglocke zu Schnssenried ivieder; in
seinem Tagbilch schreibt ev1 2), daß er den 14. Nov.
des Jahres in Schnssenried eine neue Glocke konse-
krirt habe, sie sei 11—12 Zentner schwer und
unter den oberen (d. h. den im oberen Stockwerk
befindlichen) drei Glocken die größte. Sie lvar
aus Biberach bezogen und mit den Bildnissen
Mariä, des hl. Augustin und Norbert geschmückt.
So besitzt man seit 1790 in Schnssenried wieder
eine F r ü h m eßglv ck e. Abt Tiber weihte
1) Archivregister Tomus I. Lade I. Fas-
cikel 5. Buchstabe A—E.
2) Diarium septennium quartum, S. 375.
den 29. Nov. d. I. für Schnssenried noch eine
neue, 4j/2 Zentner schwere Glocke, welche ihren
Platz auf dem Thorthurm erhalten zu habeu
scheint.
Es hingen seit 1709 wieder vier Glocken im
Thurm, aber das Bett für die größte stand immer
noch leer. Erst Abt Didakns Ströbele (1719
bis 33) füllte die Lücke im Glockenthnrm aus.
Geraume Zeit legte er erspartes Geld zurckü
um das .Klostergeläute durch den Kauf einer neuen
großen Glocke wieder zu vervollständigen. Deir
19. Januar 1721 schloß er mit denr Biberacher
Glockengießer Christoph Schmelz einen Vertrag:
Die neue Glocke sollte 42 oder 43 Zentner schwer
und ihr Ton womöglich eine Quart tiefer wer-
den als derjenige der anno 1613 aus Nürn-
berg bezogenen. Die Beschaffung des Glvcken-
materials übernahm der Prälat; er ließ im
Februar 32 Zentner Kupfer von Memmingen
nach Biberach bringen, ohne den Fuhrlohn kaut
ihn der Zentner auf 49 fl. zu stehen; 10 Zent-
ner 68 Pfund englisches Zinn bezog er vorr
Nürnberg, der Zentner kostete ihn mit Einschluß
der Transportauslagen bis Biberach 41 fl. 15 kr.;
im ganzen ivnrde zum Glockenguß Material im
Gewicht von 48 Zentner 80 Pfund beigebracht.
Der Prälat schickte zum Einwerfen in die Glocken-
speise auch Reliquien z. B. von den Kleidern St.
Norberts, vom Stab des hl. Magnus, von ben Ge-
beinen St. Vincentii uiib St. Valentins zivei spani-
sche Kreuzchen und Malefizsachen nach Biberach.
Der Guß der Glocke geschah in Biberach den28.Mürz
1721 in Gegenwart der Schnssenrieder Abge-
sandten 0. Heinrich und 1'. Makarius, des Bibe-
racher Guardians und seines Sozius, des Vaters
des Abtes Didakns, seiner Schiväger und noch
vieler anderen Personen. Den 4. April (Mariä-
schmerzenssest) nachmittags 3 Uhr ivnrde die
43 Zentner 47 Pfund iviegende Glocke voir nenn
Pferden in das Weichbild von Schnssenried ge-
zogen. Die Kosten derselben beliefen sich —
olles zusammengerechnet — auf 3000 fl. Am
folgenden Tag iveihte sie der Abt auf dem alten
Kirchhof (unweit des Thurmes) feierlich zu
Ehren der hh. Dreifaltigkeit, Mariä, des bl. Jo-
seph, Johannes Baptist, der hh. Apostel und
Engel, des hl. Augustin, Norbert, Magnus,
Bincenz, Valentin, Martin, Vitlts, MariaMagda-
lena, Katharina und aller Heiligen. Sofort nach
der Konsekration ivnrde die nette Glocke in den
Thurm verbracht, tags darauf an ihren Platz
gehängt lind den 8. April zuin ersteitmal ge-
läutet?) So findet sich seit 1721 die früher schoi:
gebräuchliche Fünfzahl von Glocken im Thllrm
ivieder vor.
1. Die eben geuailnte schiverste Glocke wird
im Volksmund die „g r o ß e G l o ck e" genannt.
Um ihre Haube zieht sich ein zierliches Orria-
mentenband, welches von den Figllren hübscher
Pfaneu und anderer Vögel gebildet ivird. Weiter
unten schmückt die Glocke eiir einfacher ring-
förmiger Metallstreifen mit der Inschrift: „A
fulgure et tempestate libera nos domine ;
anno 1721." (in großen lateinischen Lettern)
und mit der Bemerkung: „Gegossen voll Christoph
1) Siehe Tagbuch des Abtes Didaktts Ströbele.
Christoph Rvsenhard für ben Zentner der zwei
alten, 1330 und 160 Pfund schweren Glocken,
welche man ihm darangab, 25 fl. zu erlegen.
Bald entstand das Gerücht, der Meister sei
nicht ehrlich zu Werk gegangen, er habe trotz
der Bertragsbedingnngen das Metall der allen
Schnssenrieder Glocken zu dein Neuguß nicht
verwendet. Diesen Beschwerdepnnkt scheint der
Schnssenrieder Abt Martin dem Nürnberger
Magistrat anno 1615 angezeigt §u haben. Der
Meister wurde daher zur Verantwortung ge-
zogen. Bor den Beamten gab Nosenhard zu,
daß er die erste für Schnssenried von ihm ge-
gossene Glocke an die Bergstadt Goldkronach ab-
gegeben habe, wo infolge einer Feuersbrnnst
das Geläute geschmolzen sei. Er fügte bei, er
habe für Schnssenried eine andere Glocke ge-
gossen und zwar ans dein geschmolzenen Glvckeu-
metall von Goldkronach, dieses sei aber eine
bessere Glockenspeise geivesen, als die ans den
alten Schnssenrieder Glocken bereitete. Der
Gießer that vor [einem Magistrat den Aus-
spruch, der Klang iind das Werk iverde den
Meister loben. Diese Erklärung Rvsenhards
wurde vom Nürnberger Magistrat deir 28. Sep-
tember 1615 an den Abt Martin zu Schnssen-
ried gesaiidt. Damit war der Zwischenfall er-
ledigt^ In der That funktionirt die größere
der beiden dlürnberger Glocken bis zur Stunde
noch tadellos im Kirchthurm, die kleinere war
einer Klvsterpfarrei überlassen ivorden?)
Weil nun anno 1613 zivei alte Glocken ans
dem Thurm entfernt und nur eine neue da-
selbst aufgehängt worden; iveil sodann int Jechee
1650 zivei schadhafte Glocken verkauft und bloß
durch die eine Armensünderglocke ersetzt wvr-
den: so beherbergte der Stistskirchenthurm seit
Mitte des 17. Jahrh. nicht mehr als drei Glocken.
Sobald daher die Neichsabtei finanziell wieder
mehr zil Kräften gekommen ivar, nahm sie ans
die Vervollständigung des Klostergeläutes Bedacht.
Dies geschah theiliveise unter dem Abt Tiberius
Mangold (1683—1710). Unter seinem Regiment
waren die nöthigsten baulichen Reparaturen be-
iverkstelligt, die Nachweheu des 30jährigen Krieges
einigermaßeir überwunden rind eine leidlichere
Finanzlage geschaffen ivordeit. Somit konnte er
nicht allein dem schreiend Nvthtveudigen, sondern
auch dem bloß Wünschenswerthen Aufmerksam-
keit schenken; er beschaffte und iveihte nnverhält-
nißmäßig viele Glocken für die auswärtigen
Klosterpfarreien, anno 1709 ersetzte er nud) die
ehemalige, über ein Halbjahr-Hundert früher ver-
äußerte Frühmeßglocke zu Schnssenried ivieder; in
seinem Tagbilch schreibt ev1 2), daß er den 14. Nov.
des Jahres in Schnssenried eine neue Glocke konse-
krirt habe, sie sei 11—12 Zentner schwer und
unter den oberen (d. h. den im oberen Stockwerk
befindlichen) drei Glocken die größte. Sie lvar
aus Biberach bezogen und mit den Bildnissen
Mariä, des hl. Augustin und Norbert geschmückt.
So besitzt man seit 1790 in Schnssenried wieder
eine F r ü h m eßglv ck e. Abt Tiber weihte
1) Archivregister Tomus I. Lade I. Fas-
cikel 5. Buchstabe A—E.
2) Diarium septennium quartum, S. 375.
den 29. Nov. d. I. für Schnssenried noch eine
neue, 4j/2 Zentner schwere Glocke, welche ihren
Platz auf dem Thorthurm erhalten zu habeu
scheint.
Es hingen seit 1709 wieder vier Glocken im
Thurm, aber das Bett für die größte stand immer
noch leer. Erst Abt Didakns Ströbele (1719
bis 33) füllte die Lücke im Glockenthnrm aus.
Geraume Zeit legte er erspartes Geld zurckü
um das .Klostergeläute durch den Kauf einer neuen
großen Glocke wieder zu vervollständigen. Deir
19. Januar 1721 schloß er mit denr Biberacher
Glockengießer Christoph Schmelz einen Vertrag:
Die neue Glocke sollte 42 oder 43 Zentner schwer
und ihr Ton womöglich eine Quart tiefer wer-
den als derjenige der anno 1613 aus Nürn-
berg bezogenen. Die Beschaffung des Glvcken-
materials übernahm der Prälat; er ließ im
Februar 32 Zentner Kupfer von Memmingen
nach Biberach bringen, ohne den Fuhrlohn kaut
ihn der Zentner auf 49 fl. zu stehen; 10 Zent-
ner 68 Pfund englisches Zinn bezog er vorr
Nürnberg, der Zentner kostete ihn mit Einschluß
der Transportauslagen bis Biberach 41 fl. 15 kr.;
im ganzen ivnrde zum Glockenguß Material im
Gewicht von 48 Zentner 80 Pfund beigebracht.
Der Prälat schickte zum Einwerfen in die Glocken-
speise auch Reliquien z. B. von den Kleidern St.
Norberts, vom Stab des hl. Magnus, von ben Ge-
beinen St. Vincentii uiib St. Valentins zivei spani-
sche Kreuzchen und Malefizsachen nach Biberach.
Der Guß der Glocke geschah in Biberach den28.Mürz
1721 in Gegenwart der Schnssenrieder Abge-
sandten 0. Heinrich und 1'. Makarius, des Bibe-
racher Guardians und seines Sozius, des Vaters
des Abtes Didakns, seiner Schiväger und noch
vieler anderen Personen. Den 4. April (Mariä-
schmerzenssest) nachmittags 3 Uhr ivnrde die
43 Zentner 47 Pfund iviegende Glocke voir nenn
Pferden in das Weichbild von Schnssenried ge-
zogen. Die Kosten derselben beliefen sich —
olles zusammengerechnet — auf 3000 fl. Am
folgenden Tag iveihte sie der Abt auf dem alten
Kirchhof (unweit des Thurmes) feierlich zu
Ehren der hh. Dreifaltigkeit, Mariä, des bl. Jo-
seph, Johannes Baptist, der hh. Apostel und
Engel, des hl. Augustin, Norbert, Magnus,
Bincenz, Valentin, Martin, Vitlts, MariaMagda-
lena, Katharina und aller Heiligen. Sofort nach
der Konsekration ivnrde die nette Glocke in den
Thurm verbracht, tags darauf an ihren Platz
gehängt lind den 8. April zuin ersteitmal ge-
läutet?) So findet sich seit 1721 die früher schoi:
gebräuchliche Fünfzahl von Glocken im Thllrm
ivieder vor.
1. Die eben geuailnte schiverste Glocke wird
im Volksmund die „g r o ß e G l o ck e" genannt.
Um ihre Haube zieht sich ein zierliches Orria-
mentenband, welches von den Figllren hübscher
Pfaneu und anderer Vögel gebildet ivird. Weiter
unten schmückt die Glocke eiir einfacher ring-
förmiger Metallstreifen mit der Inschrift: „A
fulgure et tempestate libera nos domine ;
anno 1721." (in großen lateinischen Lettern)
und mit der Bemerkung: „Gegossen voll Christoph
1) Siehe Tagbuch des Abtes Didaktts Ströbele.