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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 15.1897

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Nr. 3
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Detzel, Heinrich: Ein Gang durch restaurirte Kirchen, [7]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15902#0029
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21

g ethische Kunstpcriode. Was soll es dann
vollends für einen Zweck haben, selbst die
Stnccatnren mit vollen Farben zn be-
malen ? Das hieße, den Charakter des
Stucces einfach vernichten. Wozu dann
die oft mit unsäglichen Mühen und Kosten
hergestellten plastischen Erhöhungen, wenn
man sie durch volle Farben wieder tobt
schlägt, d. h. die Wirkung hervorbringt,
als haben wir nur gemalte, nicht plastische
Ornamente vor uns?

Nach diesen falschen Grundsätzen ist
man in Altshansen nicht vorgegangen.
Tie Kirche ist in einer Weise renovirt
worden, wie wir uns einen Spätstil male-
risch behandelt denken und der Maler hat
es verstanden, das Gotteshaus so poly-
chrom auszukleiden, daß es jedes künstle-
risch geübte Auge befriedigen und ans
jeden Kirchenbesncher einen würdigen uub
erfreulichen Eindruck machen wird. Die
Sockel haben kräftigen rothbrannen Oel-
farbanstrich, während der Hauptton, der
durch die ganze Schiffswandnng geht,
ein gedämpftes Gelb ist, von dem die
leicht abgetönten Stnccatnren sich wirkungs-
voll abheben. Die große Hohlkehle ver-
mittelt durch ihren stärkeren, graulich gelben
Ton den Uebergang zn dem reich mit Bil-
dern versehenen Plafond. Ebenso abwechs-
lungsreich und doch harmonisch einig sind
die beiden Seitenkapellen behandelt. Das
Schiff ist nicht reich an Stnccaturorna-
mcnleu, und waren hier große Flächen mit
Farbentönen zu streichen, die deshalb mit
Recht in kräftigerer Skala vor uns treten
als die im Chore, wo weit mehr ein mas-
siger, schon dem wilderen Zopf angehören-
der Stuck angebracht ist. Letzterer wurde
überall, wo er überhaupt polychrom be-
handelt wurde, nur mit ganz leichte»,
lustigen Farbemönen überzogen, an mehr
erhöhten Theilen mit Gold aufgesetzt und
bat so seinen Charakter als plastische
Dekoration behalten.

Es wurde dem Maler Mezger auch die
schwierige und heikle Aufgabe zn Theil,
die vielen verdorbenen Fresken zn reinigen
und zu ergänzen, und er hat sich dieser
Aufgabe, wie wir uns während seiner
Arbeit auf dem Gerüste selbst überzeugen
konnten, mit ebenso großer Sorgfalt als
Geschicklichkeit unterzogen. Die Fresken
selbst sind ursprünglich laut einer Inschrift

an dem Hauptbilde von einem Maler
Appiani gefertigt. Nun gibt es aber zwei
Künstler dieses Namens: Franzesko Ap-
piani, geb. 1702 zn Ankona, gest. 1792
zn Perugia, malte besonders in den Kir-
chen letzterer Stadt, aber auch viel für
England. Berühmter und bekannter ist
Andrea Appiani, geb. 1754 zie Mai-
land, gest. 1818, der Hofmaler Napoleons,
ein viel gesuchter Künstler, von dem man
auch in Deutschland Freskomalereien sieht,
so u. a. 28 Deckenbilder in der Peterö-
kirche zn Mainz. Die berühmtesten Kupfer-
stecher jener Zeit haben nach seinen Bil-
dern gestochen. Ich glaube, daß von
diesem Andrea Appiani auch die Fresken
am Plafond des Schiffes in der Kirche
zu Altshausen sind, Nach dem „Accord,
welcher auf Sr. Excellenz Hochwürdig
Gnädigen Herrschaft rc. gnädigen Beseht,
über die allhiesige Pfarr-Kirchen bei Hoch-
löbl. Landcommenden Altshausen sürge-
nommen und ans nachgesetzte Act ausge-
fertigt werden solle", sollte nämlich der
Baumeister Bauguato für 3800 Gulden
sammt dem alten Material nicht nur den
ganzen Ban selbst, sondern auch die Aus-
stattung der Kirche mit Stnccatnren u n d
d e n M alereien übernehmen. Während
nun aber über alle Arbeiten und Aus-
führuugen Rechnungsbelege, vom Baumeister
Bauguato und vom Grafen von Froberg
unterzeichnet, vorhanden sind, fehlen solche
über die ausgeführten Fresken. Es scheinen
also diese nicht unter Joh. Kasper Baug-
nato, sondern wohl später, also wohl un-
zweifelhaft von Andrea Appiani ausgeführt
worden zn sein. Nur in einein von Fro-
berg und Banguato Unterzeichneten „Ber-
zeichnuß derjenigen Kösten, welche bey
Erbauung der neuen Cappellen an der
Allhiesigen Pfarr-Kirchen, Sich in folgen-
den Maderiallien als arbeits Kösten be-
lofsen, wie folgt", heißt es: „Der mahler
vor daß hierinnen befindliche große feldt,
nebst denen Kleineren haben mich gekostet,
Sambt färben — 38 Gnlden." Es scheinen
mir auch die Gemälde in den beiden Kapellen
wie die am Plafond des Chores von anderer
Hand zn sein.

Was nun die einzelnen Darstellungen
betrifft, so zeigt das Mittel- und Haupt-
bild am Plafond des Schiffes die Himmel-
fahrt Mariens. Es mußte fast vollständig
 
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