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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 15.1897

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Nr. 3
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Detzel, Heinrich: Ueber Gemälde-Restaurationen
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https://doi.org/10.11588/diglit.15902#0032
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selbst viele Kunstkenner und Kunstlieb-
haber in dein Wahne befangen, als sei
das Petenkofersche Regenerattonsversahren
gleichbedeutend mit „Restanrirn" und
jedermann, der davon hört, könne sofort
jedes beliebige, alte Gemälde wieder voll-
ständig mit diesem Universalmittel Her-
stellen. Allein diese Ansicht ist grund-
falsch. Das Petenkofersche Verfahren hat
nur einen Werth i u der H a u d
eines Restaurators von Fach,
während es in den Händen eines Dilettan-
ten völlig zwecklos ist. Es ist ein aus-
gezeichnetes Hilfsmittel für den Fach-
mann, nicht aber ein Mittel, um das
eigentliche Restauriren ganz entbehrlich
zu machen. Das Verfahren besteht näm-
lich darin, daß ein zu restanrirendes Bild
mittelst eines Kastens, der sich natürlich
nach der Größe des betreffenden Bildes
richten muß, in Spiritnsdämpfe gestellt
und fest zngedeckt oder verschlossen wird.
Der Spiritus weicht den alten Firniß
auf und gibt dem verstickten Firniß den
alten Glanz wieder. Da kommen dann
die geflickten Stellen, die alten Schmutz-
flecken, überhaupt alle, vielleicht Jahr-
zehnte und Jahrzehnte zngedeckt gewesenen
Schäden ans Tageslicht, was aber alt
und ursprünglich ist, bleibt unverändert
In ein paar Stunden aber verflüchtigt
sich der Spiritus und das Bild hat wie-
der sein voriges Aussehen. Es kann also
diese Manipulation fast immer nur eine
Vorbereitung auf die eigentliche Restau-
ration, nicht diese selbst sein. Wie näm-
lich der Arzt zuerst den Patienten unter-
sucht, um seine „Schäden" genau zu er-
forschen, gerade so verfährt der rechte und
richtige Bilder-Restanrator. Erst durch
diese Methode kann er nämlich klar sehen,
was einem durch das Alter itnb andere
Umstände trüb gewordenen Bilde fehlt;
sie bringt alles wieder zum Vorscheine,
sowohl das Vorhandene, als auch das
Schadhafte, und erst jetzt kann der Restau-
rator benrtheilen, was weiter mit dem
Bilde zu machen ist. Allein bei weitem
nicht auf jedes Bild ist dieses Verfahren
anwendbar, da es nur ans Oelgemälde
Wirkung hat, welche mit einem Harz-
firniß überzogen sind. Das ist aber bei
vielen Bildern nicht der Fall, da manche
Gemälde entweder gar keinen Firniß haben

oder aber mit Oelsirniß versehen sind,
welcher ans die alkoholhaltige Lust nicht
reagirt. Wie soll das aber ein Laie im
Bilderrestanriren benrtheilen können?

Als diese werthvolle Erfindung Peten-
kofers bekannt wurde, wollten dieselbe so-
fort viele Unberufene anwenden, vernr-
theilten aber, nachdem sie Mißerfolge hatten,
diese Erfindung ebenso vorlaut. Peten-
kofer habe treffend geantwortet: „Es gibt
kein Mittel, mag es noch so ausgezeichnet
sein, das nicht in den Händen Unberufener
ebenso viel Schaden anrichten könnte, als
dasselbe in der Hand eines Fachmannes
Wunder wirkt." Und in der Thal kann
es im besten Falle dem Dilettanten
passieren, daß er nach der Regeneration
eines Bildes rathlos dasteht und sich nicht
mehr weiter zu helfen tveiß. Er kann
nämlich mit Schrecken tvahrnehmen müssen,
wie zwar alle noch vorhandenen Farben wieder
in voller Kraft zum Vorschein gekommen
sind, aber mit derselben Deutlichkeit sieht
er auch die vorhandenen Schäden am-Bild,
die vorher wegen Trübung, Staub und
dergl. nicht so stark sichtbar waren und die
er vorher leicht zu beilen glaubte. Aller-
dings gibt es auch Fälle, bei denen durch
die Regeneration allein schon ein Bild voll-
konnnen wie neu hergestellt werden kann;
aber das trifft nur bei Gemälden zu,
denen sonst nichts weiter fehlt, als daß
die molecnlare Trennung in den Firnissen
eingetreten ist, was aber selten vorkommt.
Doch wenn man sich einmal entschließt,
ein Bild restauriren zu lassen, so ist das-
selbe in der Regel so schon stark verdorben,
daß man mit dem Regeneriren allein nicht
mehr anskommt, sondern zur eigentlicheil
Restauration schreiten muß.

Wenn übrigens gesagt wird, daß das
Petenkofer'sche Regenerationsverfahren eine
kostspielige Sache sei, und daß es sich nur
bei werthvollen, oder solchen Gemälden
rentiere, die man ans persönlichem oder
historischem Interesse erhalten will, für
minderwerthige Bilder aber zu thener komme,
so ist das nicht richtig. Die Kosten für
ein solches Verfahren bestehen ja nur in
Herstellung der Kiste oder des Kastens,
ivorein das Bild gestellt wird, im Ankäufe
des Spiritus und was alles sonst noch
geringere Sachen sind. Die eigentliche
Restauration kommt, wie gesagt, erst nachher
 
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