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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 15.1897

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Nr. 5
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Probst, Josef: Neuer Beitrag zu den Beziehungen zwischen Tirol und Oberschwaben im Anfang des 16. Jahrhunderts
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Rueß, Bernhard: Die Reliquien und Reliquiarien der Klosterkirche zu Schussenried, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15902#0049

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41

wicht gefallen sein werde, was um so mehr
angeht, da seine Stellung daselbst eine sehr
geachtete war. Oder verdankte vielleicht
Striegel selbst schon seine günstige Lage
einem Gönner aufstrebender Talente, als
welchen wir den Meister Engelberger auf-
znsassen berechtigt sind? Weitere Auf-
klärungen darüber wären sehr erfreulich.

Nimmt man dazu noch die weitere Mit-
theilnng von Fischnaler (1. c. S. 215),
daß von Veit Stoß in Nürnberg der
Hauptaltar in Schwaz 1503 erstellt wurde
(von dem noch drei Holzstatnen vorhanden
sind), so erkennt man daraus, wie bedeutend
die Mischung und Kreuzung der künst-
lerischen Einflüsse in jener Gegend war,
und welches ergiebige Feld durch die
Forschungen Fischnalers hiermit erschlossen
worden ist!

Die Reliquien und Reliquiarien der
Klosterkirche zu Schussenried.

Von Kaplan B. Rueß.

(Fortsetzung.)

Außer dem mmo 1720 gekauften „Magnns-
slab" wurden im Jahre 1754 noch zwei weitere
erworben. Veranlaßt wurden diese Neubeschaff-
nngen durch folgendes: Zur Felderbenediktion
verwendete man gewöhnlich die Stabreliquie;
wenn diese aber gerade nach auswärts geholt
und noch nicht zurückgebracht war, dann ivnrde
die Zahnreliqnie benutzt. Grnndlosertveise brachte
aber das gewöhnliche Volk der letzteren weit weni-
ger Vertrauen entgegen als der ersteren, obgleich
ja doch beide ehrwürdigen lleberreste auf Sankt
Magnus znriickwiesen. Ilm diesem Vorurtheil
der Leute zu begegnen, wurde beschlossen, z>vei
weitere silberne „Magnussläbe" von ganz gleicher
Form fertigen zu lassen und denselben je eine
der Magnusreliqnien einzuverleiben. Die „Stabe"
lvnrdeu bei den Gebrüdern Wetzstein, Gold-
schmieden in Weingarten, bestellt. Oben ver-
goldet und mit Steinen geschmückt, bekamen sie
die Länge von je 4Va Fuß; der eilte wurde auf
das Jvsephsfest, der andere auf Pfingsten 1754
in bequemem, zierlichem Futteral abgeliefert.
Obwohl das Kloster noch Silber beigestenert
hatte, kamen doch beide zusammen auf etwa
500 fl. zu stehen. In das eine der stabförmigen,
in ein Kreuz auslaufenden Reliquiarien wurde
die Partikel von dem Reisestab des Heiligen gelegt,
in das andere der Zahn vom Leibe St. Magni
nebst einigen Splittern vvn dem wirklichen Stab-
stück; diese Splitter wurden in das Kreuzchen
eingeschlvssen, welches den Silberstab krönte.
Weil vvn dieser Zeit au die Reliquie», iveuu
sie zum Segnen nach auswärts getragen wurden,
in völlig gleichgestaltigen „Magnusstäben" lagen,
schwand das Mißtrauen gegen die Zahnreliqnie.

Die beiden lleberreste des Kirchen- und Kloster-
patrons wurden mit großem Erfolg zum Schutz
von Saaten und sonstigen Pflanzungen, ivelche von
schädlichen Thieren bedroht waren, verwendet?)

Von den erwähnten vier „Magnusstäben" ist
nur noch einer vorhanden, das Schicksal des
zweiten ist uns nicht bekannt, den dritten und
vierten hat im Juni 1809 die Krone Würt-
temberg an sich gezogen.* 2) Die Reliquien
selbst aber blieben der Kirche erhalten ; sie ruhen
in dem Reliqnientabernakel des Magnnsaltares.
Der „Magnusstab", in dem sie heutzutage auf-
bewahrt sind, ist wahrscheinlich der von Abt
Tiberins erworbene; derselbe war früher schon
der bescheidenste; in seinem jetzigen Zustand ist
er aber nur noch ein Schattenbild früherer,
strahlender und kostbarer Schussenrieder „Mag-
nnsstäbe". Der derzeitige „Magnusstab" ist
bloß etwa 50 cm hoch; unterhalb befindet sich
ein kurzes abgerundetes Hartholzstück zum Halten
des Reliquiars; über dieser Handhabe ans Holz
erhebt sich ein Metallknauf, welcher ursprüng-
lich nach nuten und oben mit je 6 Krabben
verziert tvar; von der oberen Krabbenreihe ist
jedoch die Hälfte iveggebrochen. Auf diese
Stabparlie ist horizontal ein üstrahliger Messing-
stern aufgelegt; darüber ruht, ans einen Eisen-
stift gesteckt, die 4 cm hohe, drehbare, nur
mangelhaft befestigte Stabreliquie; hinter ihr
erhebt sich ein hufeisenförmiges Silberstück, an
dessen Gabeln nach rückwärts das Meisterzeichen

angebracht ist, nämlich links rechts ein Storch

und 11; darüber schivebt das hohle Brust-
bild des hl. Magnus mit verhältnismäßig großem
Nimbus. Brust und Rücken der Halbfigur
sind durchbrochen und die Oeffuungen mit
Glas verschlossen; der vorder- und der rück-
seitige Glasoerschluß ist je von einem kleinen
silbergefaßten Granatsteinkränzcheu umrahmt;
in der Brusthöhlung liegt ein etwa 4 cm langes
vergoldetes Kreuzchen, an dem zu lesen ist:
14s IZac. 8. Magni Abb. (Das heißt: Bon dem
Stab des hl. Abtes Magnus.) An dieses
Metallkreuz ist mit einem Draht die Zahnreli-
quie befestigt. Seit die Säkularisation das
Klvstergotteshaus des meisten Edelmetalles be-
raubt hat, ist also für die Zahnreliqnie nicht
einmal mehr ein eigenes Reliquiar vorhanden,
so daß sie bei der Stabreliquie untergebracht
werden mußte. Der „Magnusstab", der größlen-
theils aus nur mangelhaft vergoldetem Kupfer
besteht, während allerdings die an ihm befind-
liche Büste des Schutzheiligen silbern und auch
gut vergoldet ist, wird hinter Glasverschluß
deutlich sichtbar auf dem Maguusaltar aufbe-
wahrt; er ist von einem silberfarbigen Strahlen-
hintergrnnd umgeben und wird vvn zwei knie-
enden Eugelsfignren verehrt. Das Formular,
welches anr Patrvcinium bei der Weihe des
sog. Magnusivassers gebraucht wird und noch
ans der Klosterzeit stammt, schreibt vor, daß
bei dieser Benedikiivn der Magnusstab in das
zu segnende Wasser einzutauchen sei.

0 Diarium des P. Nothelfer. S. 397.

2) Chronik des Pfarrers Löwe. Seite 480.
 
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