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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 15.1897

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Nr. 5
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Rueß, Bernhard: Die Reliquien und Reliquiarien der Klosterkirche zu Schussenried, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15902#0051
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4 Ringen mtirbe derjenige mit einem Ti'ukis
zn 50 fl., der zweite mit einem (gelben) Topas
zil 60 fl., der dritte mit einem (blauen) Saphir
ebenso zn 60 fl. und der vierte mit einem guten
(grünen) Smaragd zu 8 fl. berechnet. Dazu
kam noch ein viertes Pektoral zn 800 fl., welches
der Prälat Jnnocenz bei seinem Tod dem heiligen
Vinzenz hinterlassen hat. Zwei Hebräer quit-
tievten auch 490 fl. als Bezahlung für gute
Perlen, und ein Brustkreuz; das Goldschmieds-
conto lautete auf 249 fl. 4 fr. Der Goldarbeiter
bezog gegen 60 fl. Der Heiligenschrein wurde
allsgeschlagen mit lverthvollen Stoffen und ans-
geziert mit Bändern, künstlichen Blumen und
Früchten (Aepfel, Kirschen, Citronen, Orangen).
Der mit wundervollen Stickereien ansgestattete
heilige Leib lehilt das Haupt auf ein mit Gold- und
Silberfäden durchwobenes rotbes Sarnmetkissen;
er hält eine Palme ans Goldblech in der Hand
und ist mit Edelsieinkrenzen geschmückt. An
der Decke hängt ein vergoldetes Todtenlämpchen.
An der Rückivand ist das perlengestickte quadrierte
Wappenschild des Abtes Jnnocenz Schmid an-
gebracht. Das Wappenthier ist ein Strauß mit
einem Hufeisen tut Schnabel. Für die Fassung,
welche ben 6. August IT 17 vollendet wurde,
erhielten die Klosterfrauen an baareni Geld1472f|.
Schon ztvei Tage später tvurde der ncu-
gefaßte heilige Leib in feierlicher Prozession von
Reichenbach ans in die Klosterkirche getragen.
Säinmtliche Kosten der Neufassung beliefen sich
ans annähernd 3500 fl.')

Eine Partikel des Vinzenzleibes verwahrte
das Neichsstift in einer silberneil Reliquien-
Kapsel. Es geschah dies, damit den Verehrern
des heiligen Vinzenz die Möglichkeit geboten
sei, durch Küssen der Ueberreste dieses Blutzeugen
ihrem Vertrailen ltnb ihrer Andacht gegen ben
Heiligen Ausdruck zn geben. Leider ist auch
dieses silberne Gefäß ein Opfer staatlicher Kon-
fiskationssucht geivorden?)

6. Der Leib des hl. VaIenIiit, Märtyrer.

Da mall bereits mehr als ein halbes Jahrhundert
lang in Schussenried einen hl. Leib, nämlich den-
jenigen von St. Vinzenz, besaß, sehnte sich Abt
Jnnocenz Schmid darnach, ein zweites derartiges
Kleinod ans Rom zil bekommen. Als Mittels-
persotten gebrauchte der Prälat zlvei junge Män-
ner aus den: Allgäu, tvelche in der eivigeir
Stadt als ehrbare Handwerker lebteit. Ihre

Z Archivregister. Tomus I. Lade L. Fascikel

3. Nr. 1-16.

2j Wer sich über den früher in Schussenried
blühendeil St. Viitzenzkult genauer informieren
lvill, leie die zlvei Werke: Feierliches Allge-
denken des 1. Jahrhunderts, in lvelchein das
freie, uniilittelbare des heiligen römischen Reiches
Stift und Gotteshaus Schussenried mit dem
glorwürdigen Leib eilies lvnilderthätigen heiligen
Bllltzengeil Viilzentius begnadigt lvorden ist.
Riedlingen gedruckt bei Mar. Alilia Kuenin,
Wittib. 1751. — Hohe Jubel-Feier zur Ehre
des heiligen Märtyrers Viitzenz nach Umlauf
der erstell zlveihulldert Jahre feiner hiesigen
öffentlichen Verehrung. 1851. Zu habeit bei
Buchbinder Eisele in Schussenried. 24 Seiten.

Namen sind Joseph Stadler und Anton Hesle;
ersterer hatte im Neichsstift Schussenried einen
Vetter, ben Frater Leopold Stadler. Ueberaus
erlvünscht wäre dem Abt der Leib seiiles Nainens-
patrons, des Papstes nnb Bekelliiers Jnnocenz,
gewesen. Allein er lvnrde am 4. November 1714
benachrichtigt, daß die leiblichen Ueberreste des
hl. Jnnocenz zil sehr in Stücke gegangen seien,
als daß sie versendet lverdeil könnten. Jinmer-
hin wurde ihm aber mit dieser abschlägigen Ant-
lvort lvenigstens eine hervorragende Partikel von
ben Gebeinen seines Namenspatrvns Jnnocenz
übersandt. Zugleich wurde er dahin verständigt,
daß der Leib des hl. Märtyrers Valentin in
Rom erhältlich tväre. Es scheinen nun fast drei
Jahre lang in dieser Sache zwischen Schussen-
ried und Rom via Nesselivang Korrespondenzen
gelvechselt lvorden zil sein. Inzwischen kanieli
ails Rom Reliqllien voin hl. Märtyrer Deodat
(ein Teil des Hauptes und ein Arm) den 23.
August 1717 in Schussenried all. Leider war
das Band, welches die Schachtel mit den hl. Ueber-
resten verschlossen hielt, beim Tragen abgerieben
lvorden. Der Pfarrer Joseph Anton Egger non
Nesselivang benihigte jedoch die Mönche von
Soreth lvegen dieses- Unfalles vollständig und
erklärte, daß er den überbringenden Nom-
pilger als einen durchaus ehrlichen Mann kenne.
Was nun ben Leib des hl. Valentin betrifft,
so schrieben die Uebersender ben 20. Noveinber
1717, derselbe sei schon in ihren Händen; sie
bekundeten ganz besonders darüber ihre Freude,
daß liicht etiva erst später dem Heiligenleib ein
Name geschöpft iverden inilßte, sondern daß Ba-
lentiilns der lvirkliche und eigeiltliche Naiile des
14jährigen Martyrerjünglings sei, mit dessen leib-
lichen kieberresten sie das Kloster Schussenried zn
beglücken im Begriff ständen. Unmittelbar bevor
der hl. Leib iiach Schivaben abgieng, lvar er
in einer römischen Kirche aufbelvahrt gelvesen.
Schon den 6. Dezember 1717 notisicierte der
Pfarrer von Nesselwang die baldige Ankunft der
Neliqnie in Schussenried und gratulierte beson-
ders auch deshalb herzlich, lveil der hl. Leib
ben zu Lebzeiten innegehabten Namen führe.
Den 18. Januar 1718 schriebeil Anton Hesle
nnb Joseph Stadler selbst von Rom alis, daß
sie den hl. Valentinsleib deill Schlosser Jo-
hannes Zeller zunl lleberbringen anvertralli
hätten. Derselbe reiste mit seiner kostbaren
Bürde den 19. Januar ails Rom ab und kam,
begleitet von Johamles Kohlhnnd aus Nessel-
tvang, ben letzten Februar 1718 in Schnssen-
ried an. Hier lvurde die Reliquie mit Jubel
empfangen.

Die Authentik, welche dem hl. Leib §nv Be-
stätigung seiner Aechtheit mitgegeben worden war,
lerntet: „Vinzeliz von Philipp! Servitenordens
Bischof von Zakynthos nnb Kephalvnien, schenkte
diesen hl. Leib, der auf Befehl des Papstes
Jnnocenz XII. ans dem Cömeteriilin des Pon-
tianus erhoben lvorden ist, ein Jüngling ge-
wesen und seinen eigenen Namen Valentinns
führt, Herrn Johaiin Dominikus Bongetti den
10. Oktober 1716. Bongetti aber schenkte solchen
dein Anton Hesle den 13. November 1717, end-
lich aber Hesle dein Abte Jnnocenz den 6. Jen-
 
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