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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 15.1897

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Nr. 7
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St. Ulrich und Afra in Augsburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.15902#0066

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gewachsen, oftmals zerstört und doch nie
ganz vorn Erdboden verschwunden, ans
jeder Zerstörung nur noch berrlicher her-
vorgegangen, durch die Reliquien der hei-
ligen Afra, dann des hl. Ulrich wie mit
unsterblichem Leben begabt, von der Pietät
zahlloser christlicher Generationen getragen,
gestützt, gepflegt und geadelt. Eines fehlte
ihr bisher noch, was eigentlich erst unsere
Zeit ihr geben konnte: eine möglichst genaue
Untersuchung und Darstellung ihrer Ge-
schichte. Dazu legt eine kleine, aber in- i
haltreiche und wissenschaftlich gediegene
Monographie von Professor Or. EndreS
in RegensbnrgH festen Grund.

Der Geburtsschein dieser Kirche ist zu
finden in dem Todesschein der heiligen
Märtyrin Afra. In den Passionsakten
dieser Heiligen, welche sicher in die alt-
christliche Zeit zurückreichen, ist berichtet,
daß ihr Leichnam am zweiten Meilenstein
von der Stadt in einem Familiengrab bei-
gesetzt worden sei; das weist auf den
Platz der heutigen Kirche, welche bis
ins Mittelalter hinein vom Mittelpunkt
der Altstadt ungefähr 2000 römische Schritte
entfernt war. Bereits um die Milte des
0. Jahrhunderts sendet der Bischof von
Poiliers, der christliche Dichter Venantins
Forlnnatns, den Reliquien der hl. Afra
atis der Ferne seinen poetischen Gruß.
Mit Recht folgert der Verfasser daraus,
daß jedenfalls damals sich bereits ein
Heiligthnm über ihrem Grabe erhoben
habe, welches aber schwerlich je Kathe-
dralkirche der Bischöfe von AtlgSburg,
wenn auch schon früh von manchen der-
selben zur Ruhestätte erwählt, sondern
lediglich eitle Cömeterialkirche war. Die
erste ausdrückliche Bezeugung einer Afra-
kirche stammt aitö der Mitte deö 8. Jahr-
hunderts; zur Zeit Karls d. Gr. führt
Bischof Sindpert eine nette Basilika ans,
über welche aber alle näheren Nachrichten
fehlen; dann nimmt der große Bischof
Ulrich sich der nach dem Hunneneinfall 955
in desolatem Zustand befindlichen Kirche
an: er läßt sie.nett erstehen, nach beut alten

0 Die Kirche des h e i l i g e n U l r i ch u u b
Afra zu Augsburg. Beitrag zu ihrer Ge-
schichte hauptsächlich tvähreud der romauischeu
Kunstperiode von Prof. Di-. I. A. Eud res.
Souderabdruck aus der Zeitschrift des histor.
Vereins für Schwaben und Neuburg. 22. Jahr-
gang. Augsburg, Himmer 1896. 51. S.

Plane, wohl aber mit manchen einschnei-
denden Aendertlngen. Ans sorgfältiger
Kombiitiernng aller Nachrichten ergibt sich
dem Verfasser folgendes Bild dieses Baues:
eine einschiffige flachgedeckte Basilika mit
Ostapsis; unter letzterer eine von.außen
zugängliche Krypta; im Westen eine große
Krypta für den Leichnam der hl. Afra,
vermuthlich mit einem zweiten Chor da-
rüber; an der Südseite des Chores die
, Grnstkapelle, die er für sich selbst baute
i und durch eineil gewölbten Gang mit dem
Chor verband.

Aber so hell erstrahlte alsbald nach
seinem Tode ltub noch mehr infolge der
schon 20 Jahre nach seinem Tode erfolgten
Canouisation Bischof Ulrichs Ruhm imb
so groß war der Zndrang der Glänbigeit
zu seiltem Grabe, daß schon sein dritter
Nachfolger, Bischof Liutold, sich genölhigt
sah, dessen bescheidene Grnftkapelle nmzn-
bauen nitd daß 1064 Bischof Embriko
an deit Ban einer ueueu großen Kirche cheng,
welche ttlln Ulrichs und Afras Leichname
barg und auf beide Nameit getauft wurde.

Diese Kirche eigentlich wieder entdeckt
ltub im Bilde rekonstrnirt ztt haben, ist
das Hauplverdienst der Schrift. Embrikos
romanischer Batt stand bloß 100 Jahre
uub die Nachrichten über ihn sind ziemlich
spärlich; aber der Wiederaufbau desselben
gegen das Ende des 12. Jahrhunderts
hielt sich streng au den alten Plan und
über dieseit zweiteit romanischen Batt
reden die alten Nachrichten deutlicher. Er
stand bis 1467 uub zwei Klosterchrvnisten
des 15. Jahrhunderts lenken das volle
Licht historischer Forschung uub Beschrei-
bung auf ihn.

Welche Anlage hatte demnach die ro-
manische Ulrich- uub Afrakirche? Embriko
sah sich vor das Problem gestellt, es auch
schon äußerlich uub architektonisch zur An-
schauung zu bringen, daß die Kirche zweien
Heiligen geweiht und von zwei heiligen
Leichnamen bewohnt sei. Er löste das
Problem nicht etwa durch Anordnttng eines
Ost- uub Wesichores, sondern durch die
seltene Anlage einer Kirche mit zwei paral-
lelen Chören und Schissen, die durch Ar-
kadenreihen von einander abgeschieden und
mit einander verbunden waren. So selten
diese Anlage in der vorgothischen Zeit ist
— der Verfasser kann nur auf zwei
Analoga verweisen, eine Doppelkirche in
 
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