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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 15.1897

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Nr. 10
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Keppler, Paul Wilhelm von: Der romanische Kirchenbau, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15902#0096

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Organ des Hottenbnrger DiözesanOereins für christliche Annst.

Eeraiisgeaebeii und redigirt von Professor vr. Ixeppler in Freibnrg.

Dcrlctg bes Rottenburger DioZesan-Kuiistvereins,
für denselben: der Vorstand Pfarrer Detzel in St. Lbristina-Ravensbnrg.

Erscheint monatlich einmal. Halbjährlich für M. 2.05 durch die lvürttembergischen (M. 1.90
im Stuttgarter Bestellbezirk), M. 2.20 durch die bayerischen und die Reichspostanstalten,

^ fl. 1.27 in Oesterreich, Frcs. 3.40 in der Schweiz zu beziehen. Bestellungen werden t O>-r
,1 , L ♦ iLy» auch angenoinmen von allen Buchhandlungen solvie gegen Einsendung des Betrags direkt -LOW /
von der Expedition des „Deutschen Volksblatts" in Stuttgart, llrbansstratze 94, zum
Preise von M. 2.05 halbjährlich.

Per romanische Rirchenbau.

Von Professor Kopple r.
sFortsetzniist.)

Die Vorzüge der Gothik und ihre be-
stechenden Reize dürfen in der Thal unser
Auge nicht so blenden, daß es blöde wird
gegen die unleugbaren und eigenartigen
Schönheiten der romanischen Kunst, uns
den Geschmack an ihr verdnbt und unser
Urtheil zu ihren Ungnnsten besticht; die
Golhik, das soll ihr zngestanden sein, und
haben wir oben ausdrücklich ihr zngestanden,
leistet Höheres, vielleicht sogar das denk-
bar Höchste in Bewältigung und orga-
nischer Durchbildung der Manermassen.
Aber der romanische Kirchenban kann doch
auch im Vergleich mit ihr nicht als ein
konstruktiv verfehltes, unorganisches, künst-
lerisch werthloses oder ganz minderwerthiges
Gebilde bezeichnet werden. Es wallet
doch auch hier ein konstruktives Gesetz, ein
Streben nach Belebung und organischer
Beseelung toter Massen, nur ein viel ein-
facheres und schlichteres, und auch hier
erstehen wirkliche Organismen, nur Or-
ganismen anderer Gattung, kräftigeren,
urwüchsigeren Schlages. Zwar lvird der
Gegensatz zwischen tragenden und getra-
genen Gliedern nicht geradezu ansgehoben
wie im gothischcn Stil, sondern in seinem
Recht belassen, aber völlig befriedigend in
ein richtiges, naturgemäßes Gleichgewicht
gebracht. Es wird die Horizontale nicht
völlig außer Kraft und Geltung gesetzt;
der romanische Stil arbeitet vielmehr mit
der Horizontalen und mit der Vertikalen,
läßt beide kraftvoll znsammenwirkcn, weckt
durch di-c Strebckraft der Vertikalen die
Horizontale ans toter Ruhe und dämpft
durch das ruhige Beharren der Horizon-
talen und namentlich auch durch den ge-
messenen Aufschwung des Halbkreisbogens

das unruhige Emporeilen der Vertikalen.
Auch hier keine nnerlöste Schwere, sondern
künstlerische Bewältigung und Dnrchglie-
dernng der Manermassen, ja im spätro-
manischen Stil bereits ein überaus reiches
und weitgehendes Streben nach Auflösung
und kühner Durchbrechung der Wände
durch Gallerien, Blendarkaden, gekup-
pelte Fenßeranlagen und Rosetten —
nur nicht bis zur Verflüchtigung der
Zwischenmauern; auch hier bereits eine
kräftige Bewegung nach oben, eine ent-
schiedene Höhenentwicklnng, nur kein so
athemloses, leidenschaftliches, ungestümes
Emporeilen aller Glieder, sondern ein
maßhaltendes, besonnenes, zielbewusstes,
sich selbst bescheidendes Anfstreben.

Diese Unterschiede mögen beut roma-
nischen Stil seinen Rang nach dem
gothischen anweisen, aber sie begründen
den selbständigen, durchaus gesunden und
tüchtigen Charakter des erstercn, krast
dessen er neben dem gothischcn sich voll
behaupten kann; ihnen dankt der romanische
Stil etwas, was dem gothischen abgeht,
jedenfalls nicht in diesem Maße znkommt:
die monumentale Ruhe, die getragene
Würde, den majestätischen Ernst, die maß-
haltende Einfachheit und Bescheidenheit.
Er dankt das hauptsächlich jener Lebens-
tvnrzel, durch welche er mit dem Boden
der altchristtichen Architektur und damit
mit dem Boden der altklassischen Kunst
verbunden ist. „Ein gewisser einheitlicher
Zug", sagt Schörö (Zeitschrift IX, 132 f.),
„geht durch die Romanik, der Zug deS
altchristlichen Basilikastils. Das zeigt
sich vor allem in dem Festhalten an dem
basilikalen Schema des Grund- und Auf-
risses. Dieselbe Anlage paralleler Hallen
mit Ucberhöhnng des Mittelschiffes, die
gleiche Art, an der Ostscite ein Oner-
sehiss mit niedriger Absidc vorznlegcn, die
 
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