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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 15.1897

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Nr. 11
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Die sechste Generalversammlung des Rottenburger Diözesanvereins für christliche Kunst
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Keppler, Paul Wilhelm von: Der romanische Kirchenbau, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15902#0107

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95

tcv Hiulveis auf bie geheimnißvollen Ge-
setze bcv Schönheit machten auf jeden Zu-
hörer einen liefen Eindruck. Manch einer
niockle zum ersten Male eine Ahnung da-
von bekommen, das; die Gesetze der wahren
Kunst ebenso fest stehen, wie die malhe-
malischen Wahrheiten. Der Knnstpbilo-
soph im OrdenSgewand läßt einen Ein-
blick lhnn in sein Ringen nnd Mühen,
um die bisher noch nicht ergründeten Ge-
setze der alten Meister aufzudecken; diese
Gesetze sollen die Grundlage für die Form-
vollendnng der Kunst werde». Auf Grund-
lage dieser nnuinstößlicheu Gesetze, meint
der geistreiche Ordensmann, werde in der
Welt nnd für die Welt eine heilige, prie-
stcrliche Kunst erstehen, die in ihrer Ge-
bilde Henlichkeit nnd Würde ebenso zu
Gott hinsühren müßte, wie die Erforschung
der Wahrheit, die Philosophie.

Den zweiten Vortrag hielt Kassier
Scböninger über die Kunstalterihümcr
Roltweils. Obwohl die reichhaltige Ta-
gesordnung an die Zuhörer schon große
Ansorderungen gestellt halte, wußte der
gewandte Redner doch die Aufmerksamkeit
der Zuhörer für seine interessanten Aus-
sührungen zu fesseln nnd aufrecht zu er-
hallen. Ans Grund umfassender, kunst-
historischer nnd archivalischer Studien
wurden die Knnstbeslrebnngen der alten
Reichsstadt in eil ein Lickte nahe gerückt,
daß anck Kundige und Einheimische
manches Nene und Intenssante zu hören
bekamen. Die Kirchen in Rottiveil und
in der Altstadt, ihre Gründung und Aus-
stattung, bildeten den Mittelpunkt seiner
gründlichen Studien nnd dankbar ausge-
nommenen Darstellung. Außerdem bildete
dieser Vortrag eine erwünschte Einleitung
für den Rnndgang, der nachmittags durch
die Kirche» gehalten wurde. Bei diesem
Rundgang hat der Senior des Vereins,
Dr. Probst, in dankensweubcr Weise die
Führung übernommen. Mit . Freuden
konnte man wahrnehmen, daß unser
Nestor sein kritisches Urtbeil nnd seines
Kunstgefühl in voller Recke und Klarheit
sieb bewahrt hat.

E l l w a 11 g e li. Dr. L. H.

Per romanifcbe Air eben bau.

Von Professor K e p p l e r.

(Fortsetzung.)

Aber wenn dieser Stil in sich gesund
nnd tüchtig ist, dem kirchlichen Geist cou-
fonn, geeignet, christliche Ideen zu ver-
körpern und kirchlichen Bedürfnissen zu
dienen, so wird er auch den heutigen
kirchlichen Bedürfnissen und dem Empfinden
unseres christlichen Volkes niebt ganz
fremd sein können. Sein Gehalt an
wahrer Kunst und christlichem Geist wird
auch in hcuuger Zeit sich noch bewähren
und ans menschliche und christliche Ge-
müth sprechen. So ganz fremd ist uns
ja auch das Klassische und Antike nicht
geworden; cs bildet ja immer noch Zettel
und Einschlag der höheren Bildung, und
selbst für die ungebundene moderne Kunst
stellt sich immer wieder das Bedürfniß
einer Orientierung an der Antike ein.
Wäre wirklich der romanische Kirchenbau
so ausgesprochen klösterlich, was wir nicht
finden können, — ist denn etwas klöster-
licher Geist in der heutigen kirchlichen
Kunst so ganz vom Nebel? Man sieht
ja in den Orden und Klöstern einen Fak-
tor, dessen Dienste gerade in heutiger
Zeit erwünscht und für Lösung besonders
der sozialen Aufgaben von höchster Wich-
tigkeit seien. Die „steinerne Summa"
der gothischeu Baukunst mag für unsere
Zeit nicht ohne Werth sein und man mag
sich von ihr gute Einflüsse auf das kirch-
liche Leben der Gegenwart versprechen;
aber kann es denn Schaden bringen,
wenn zu demselben Zweck der Hebung
und Befruchtung des letzteren der roma-
nische Stil mit tem gothischeu zusammen
arbeitet, wenn neben der heiteren und hoch-
gestimmten Gothik der tiefe Ernst und
die wuchtige Beredsamkeit des roma-
nischen Stils der heutigen Generation
predigt, wenn das, was vom Geist der
aitchristlichen Basilika und vom Geist der
alten Kirche im romanischen Stil noch
sortlebt — vom Geist der alten Kirche,
der doch für alle christlichen Zeilen
eine Art Normalgewissen darstellt,— auch
heutzutage noch mitarbeitet an der Er-
ziehung des christlichen Volkes? Warum
denn hier so ängstlich alles Nichtgothische
ausschließen, recht im Gegensatz gegen die
 
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