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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 15.1897

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Nr. 11
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Keppler, Paul Wilhelm von: Der romanische Kirchenbau, [4]
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Detzel, Heinrich: Die Wandmalereien zu Zell bei Oberstaufen, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15902#0109

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97

Ijnitiflcti KirehenbanS, Einfachheit und
Maßhaltung seine höchste Tugend.

Stellen wir uns ans diesen gegebenen,
von der dira necessitas diktirten Stand-
punkt und schauen tvir von hier noch ein-
mal zurück ans jene eben dargelegten Mo-
menie, welche die Snperiorität des go-
thischen Stils und feine Alleinberechtigung
für das heutige Kirchenbauwesen darthnn
sollen. Mir scheint, unter dem Drucke
jener Nothwendigkeit, zu sparen, überall
Abstriche zu machen und Reduktionen ein-
treten zu lassen, die Ornamentik auf ein
Minimum zil rcdnciren, vermindert sich
doch das Gewicht jener Gründe zu Gun-
sten der Golhik sehr erheblich. Handelt
es sich um einfache, ein- aber dreischiffige
Dorf- und Stadlkirchen, bei welchen die
disponiblen Mittel eine Beschränkung der
Dimensionen, namentlich auch der Höhen-
cntwicklung auf das absolut Nothwendige
verlangen, Fenftirmaßiverke und reiche
Portalanlagen einfach verbieten, eine Ein-
- Wölbung unmöglich machen -- und so
liegt der Fall wenigstens bei nnö in Süd-
deutschland häufig, fast regelmäßig, —
so treffen doch eigentlich alle jene groß-
artigen und stolzen Worte über die Voll-
kommenheit der Gothik nicht mehr zu.
Es wäre lächerlich, wollte man hier noch
von reinem Strebebau, von durch und
durch gegliederten und beseelten Organis-
men, von nberquellender Fülle des Lebens
und unerschöpflichem Neicbthum der For-
men reden; oder von unaufhaltsamer Be-
wegung nach oben, wo vielleicht eine harte,
derbe Horizontale in Gestalt einer flachen
Holzdecke allem Aufstreben ein jähes Ende
bereitet.

Gewiß hat ja die Golh'ik auch in be-
scheidenem Kleinbau sich bewährt uud,
wie besonders Württemberg und das Elsaß
beweist, Dorskirchen in Menge geschaffen,
welche bei größter Einfachheit noch durch-
aus künstlerisch sind. Aber man wird
doch vernünftigerweise für diese Ktein-
bantcn nicht alle jene Nuhmestitel der
Golhik in Anspruch nehmen und nicht be-
haupten können, daß sie hoch über roma-
nischen Weiten der gleichen Art stehen;
man ivird also hier nicht befugt sein, ans
der Snperiorität des gothischen Slils
dessen Alleinberechtigung abznleitcn.

Man hat in den Verhandlungen, ob

gothisch oder romanisch zu bauen, den
prosaischen Geldpunkt wohl auch berück-
sichtigt und gefragt, ob eine gothische oder
eine romanische Kirche billiger zu stehen
komme. Die Gothiker vindicirten den
Vorzug größerer Billigkeit ihrem Stil,
die Freunde des romanischen Slils ebenso
entschieden dem ihriaen (vgl. „Zeitschrift"
III, 383 ff. IV, 215 ff.). Wer hat Recht?
Beide und keiner. Ich glaube, daß ein
stilgerechter bescheidener aber doch monu-
mentaler Bau so ziemlich die gleichen
Kosten verursacht, ob man ihn gothisch
oder romanisch ansführt.

Die Frage ist so nicht ganz richtig ge-
stellt. Man müßte vielmehr fragen: wel-
cher Stil erlaubt seinem ganzen Charak-
ter nach eher eine Reduktion der Maße,
namentlich der Höhenmaße, eine Beschuei-
dung des Ornaments oder einen völligen
Verzicht auf dasselbe, eine Vereinfachung
der Konstruktion, einen Wegfall der Wöl-
bung •— kurz alle jene Vereinfachungen
und Beschränkungen, ivelche durch die
Lage der Umstände häufig uns zur Pflicht
werden, und welcher vermag, trotz all'
dieser Einschränkungen, auch kleinen und
bescheidenen Bauten sicherer noch jene
Monumentalität, st i li st i sch e Tü eh l i g ke i t,
Würde und Vornehmheit zu garanliren,
ivelche wir für kirchliche Bauten unbedingt
verlangen müssen? (Schluß folgt.)

Oie Mcmdinalereien zu Zell bei
(Oberstaufen.

Von Pfarrer D e tz e l in St. Christi«.

(Schluß.)

Wenn wir auch, ivie gesagt, den ein-
heitlichen Charakter beider Cyklen, wie
überhaupt sämtlicher Darstellungen, aner-
kennen müssen, so wird der Kunstkenner
doch bei genauerer Vergleichung einen ge-
wisseu Unterschied herausfinden zwischen
den Bildern, die dem Marienleben und
denjenigen, die dem Martyrium der hei-
ligen Apostel gewidmet sind. Es standen
ja dem Maler beim Entwürfe des ersten
Cyklus viele Vorbilder zu Gebote, da ge-
rade in jener Zeit die Darstellungen aus
dem Leben der heiligen Jungfrau und be-
sonders auch aus der Geschichte ihrer
Eltern sehr beliebt waren. Aber ganz
 
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