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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 16.1898

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Reiter, Joseph: Der Rohrdorfer Altar und die Gemälde zu Gündringen, [1]
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— 12 -

X

K

Der Rohrdorfer Altar und die Gemälde
zu Gündringen.

Von Pfarrer Reiter in Vollmariugen.

Das so freundlich im Nagvldthale gelegene
Nvhrdorf tvar früher eine Johanuitervrdeus-
eommende, deren Ursprung in die ersten Zeiten
dieses Ritterordens zurückreicht. Schon 1296
vermachte das Kloster Hirsau der Commenthurei
Nvhrdorf etliche Guter mit der Bedingung, daß
dieselbe dafür jährlich auf Martiui 36 Pfund
Heller reichen solle zur
Unterhaltung des einigen
Lichtes. Im Jahre 1303
kamen Burg und Dorf Nvhr-
dorf an die Commenthurei,
welche wahrscheinlich zuerst
von den Grafen v. Hohen-
berg, deren eine Linie ans
der Burg Nagold residirte,
begütert wurde. 1311 wurde
die Kirche in Nvhrdorf kou-
sekrirt, 1430 das Commen-
thurgebäude längs der Kirche
aufgeführt, wie noch jetzt
an demselben zn lesen ist.

Um die 11 itte des 16. Jahr-
hunderts führte Hans Kas-
par Keehler als Admini-
strator seines Bruders in
Malta die Reformation in
Nvhrdorf ein, und von da
an verloren die treugeblie-
beuen Katholiken immer
mehr an Rechten und an
Zahl, so daß im Jahre 1726
im Dorfe selbst sich keine
Katholiken mehr befanden.

Doch kamen an Sonn- und
Festtagen immer noch 60
bis 70 Anhänger des alten
Glaubens zum katholischen
Gottesdienst nach Rohi dorf.

Diesen besorgten die Kap-
läne, welche die Ordens-
commende zunächst für ihre
Beamten und sonstigen All-
gehörigen bis 1808 be-
stellte. Als Kapläne fuu-
girten: 1698 Franz Kvn-
rad Schech (?), 1715 bis
1719 Johann Joseph Ehiug,

1723 —1730 Joh. Jos.

Rodenbach, 1735 — 1746
Iah. Georg Klaiber, 1747
bis 1748 Joh. Christian
Grieb, 1749—1751 Joh.

Jakob Fischer, 1754—1772 Andreas Xaver

Zipheli, E1773 —1808 Heinrich Stahl, Ep-
jesiut. Diese Kapläne waren bis zum Anfall
der Cvmniende an Württemberg weder einem
Dekane noch einem Kapitel untergeordnet, sie

hatten aber auch keine eigentlichen pfarrlichen
Rechte. Nvhrdorf stand vielmehr nach der Ne-
svrmation im Psarrverbande mit Vvllmaringen-
Lvndorf. Zum Zeugnis) hiefür können die
hiesigen Psarrbücher angerufen werden, welche

allerlei dießbezügliche Einträge über Eheschließ-

ungen und Begräbnisse enthalten. Auch sind
noch zwei Grabsteine vorhanden, ivelche von den
Beziehungen zwischen Nvhrdorf und Vollmariugen
Kunde geben. Am Eingänge der Londorfer Ka-
pelle liegt ein Stein von Lorenz Böller oder
Pökler, früherem Schaffner der Comthurei Rohr-
dorf, welcher im Jahre 1672 gestorben ist und
auch einen Jahrtag in die hiesige Kirche gestiftet
hat. Ein zweiter Grabstein befindet sich im Chore
der genannten Kapelle mit zwei Wappen und
folgender Inschrift: „Anno 1707 28. Sept. obiit
piissime in Domino nobilis
ac st-renua Domina Maria
Ursula nata Zil hartin,
nob. stren. ac consultissimi
Domini Joann. Michaelis
Hann administratoris
Rohrdorffiensis uxor,
cujus anima requiescat in
sancta pace. Amen.“ Ein
Wappen hat im Schild und
als Helmzier einen Hahn,
das andere Wappen ist durch
einen Querbalken getheilt,
welcher mit einer Blume ge-
schmückt erscheint; im oberen
Feld befinden sich zivei
Herzen, im unteren befindet
sich ein Herz, als Helmzier
aber dienen zwei Rüssel und
die fragliche Blume.

Der Vollständigkeit halber
sei noch angefügt,sdaß früher
von Nvhrdorf auch ein
Totenweg nach Londorf
führte, dessen Spuren vor
etwa 50 Jahren noch deul-
lich verfolgt werden konnten.
— Als im Jahre 1808
Kaplan Stahl mit Tod ab-
gieug, hörte auch die Kap-
lanei auf, da der damalige
Cvmlhur Bailli von Flachs-
landen, welcher seinen Sitz
von Nvhrdorf nach Dätzin-
gen verlegt und dort eine
Pfarrei dotirt hatte, die Er-
klärung ,abgab, daß jeder
Grund zur Wiederbesetzung
der Kaplanei weggefallen
sei, weil diese nur als eine
ecclesia domestica für die
Comthurei und deren Be-
amte und Dienstleute be-
standen habe.

Im Anfänge dieses Jahr-
hunderts (1805) kam Nvhr-
dorf mit der Ordenscvmmende samt allen
ihren Gefällen und Gütern an die Krone Würt-
temberg. Die Klostergebäude wurden an eine
Gesellschaft, welche sich zur Errichtung einer Tuch-
fabrik gebildet hatte, im öffentlichen Aufsirciche
verkauft (auch eine 70 Ztr. schwere Glocke soll
1811 verkauft worden sein). Die Katholiken aber
wurden der Pfarrei Gündringen zngetheilt,
dessen Pfarrer die Pastoration besorgten bis
zum Jahre 1851, wo in Nvhrdorf eine Kuratie
errichtet wurde. Ein Bischöfliches Dekret vom
 
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