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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 16.1898

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Nr. 5
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Reiter, Joseph: Marianische Symbole: Beitrag zur christlichen Ikonographie
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Rueß, Bernhard: Das neue Kloster von Schussenried, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15903#0048

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40

Das der Inhalt des Blattes. Ob und
wo seine Anweisungen ausgeführt worden
seien, dariiber erhalten wir keinen Aus-
schluß.

Oas neue Aloster von Sdniffenrteb

(jetzt Anstaltsgebäude).

Von Kaplan B. Rueß in Schussenried.
(Fortsetzung.)

In diesem Prälaten haben wir also einen
Bauherrn des neuen Klosters zu verehren. Mit
Recht prangt bis zur Stunde noch sein sauber
in Stein gehauenes Wappen über dem Hnupt-
eingang des Hauses. Abt Klebers Wappen hat
heraldisch rechts den aufwärtssteigenden rotheu
Schussenrieder Löwen, links aber einen ebenfalls
aufstrebenden, naturfarbenen Löwen,dessen Vorder-
tatzen ein Kleeblatt halten und über den ein mit
drei Sternen gezierter Schrägbalkeu gelegt ist.
Leider war dein betagten Prälaten Magnus nicht
gegönnt, länger als sechs Jahre das Klofterregi-
ment zu führen und den Bau des Ordenshauses
zu fördern. Denn dieser erste Bauherr segnete
schon den 10. März 1766 das Zeitliche.

Seinem Nachfolger, Abt Nikolaus Kloos
(1756—1775), fiel nun die Aufgabe zu, den
Klosterbau fortzusetzen. Er hat u. a. den be-
rühmten Bibliotheksaal erstellen lassen, au dessen
Plafond (über der Gallerte) sein allerdings ver-
zopftes Wappen in vergoldetem Stuck zu sehen
ist. Er führt auf dem Wappenschild drei goldene
Ringe im rothen Feld. Dieser Fortsetzer des
Bauwerkes ließ aber wegen der Größe der Kosten
nicht über das Jahr 1763 hinaus fortarbeiten.
Es ist somit das neue Kloster unvollendet ge-
blieben.

2. Das Klostergebäude und seine Ein-
th eilung.

Obwohl das Ordenshaus nicht ausgebaut wor-
den ist und vom vollendet gewesenen Ostflügel
nur noch etwa ein Tritttheil steht, präsentiert es
sich doch auch jetzt noch als ein regelmäßiges und
stattliches Bauwerk. Seine große Ausdehnung,
seine zweckmäßige innere Eintheilung, die luftigen
vier Meter hohen und ebenso breiten Korridore,
die herrlichen in den inneren Ecken liegenden
Treppenhäuser mit bequemen Eichenholzstiegen
verleihen dem Bau ein Gepräge von hoher Schön-
heit lind Noblesse. Das genau nach den Himmels-
gegenden orientierte, durchaus massive Gebäude
ivlirde dreistöckig (wir benennen das Hochparterre
als ersten Stockt, in den Eckpavillon- und Mittel-
bauten vier Etagen hoch erstellt. Zum Ausbau
siild bloß drei Flügel gelangt, der Ost- uild
Nordflügel ganz, vom Westflügel wenigstens das
nördliche Schmal- (Zwischen-) Gebäude. Den
Westflügel nannte man das ileue Hof- oder
Gastgebäude, iveil es zur Beherbergung von
Besuchen diente. Die Haupttheile des Nord-
flügels hatten folgende Namen: Den ersten
(westlichen) Eckpavillon nebst dem anstoßenden
Schmalgebäude bezeichnete man als die neue A b t e i
(Pmlatur), den Mittelbau des Nordslügels als

neue Bibliothek (Bücherei); der nach Osten
hiil laufende Zwischenbau scheint vornehmlich
als Wohnung des 2. uild 3. Klostervorstehers,
des Priors uild Subpriors, gedient zu haben
und das neue Priorat betitelt worden zu sein.
Man unterschied zwischen Winter- uild Sommer-
priorat. Der Ostflügel endlich bildete den
Ko n v ent s b all, also die eigentliche Möuchs-
wohnung. Jeder Pater hatte ein Wohnzimmer
mit eisernem Ofen, einen Alkoven und ein so-
genanntes Studiol (Kabinetchen zum Studieren)
iilile, alles reinlich und schön, ohne Pracht.') Der
leider in unserem Jahrhundert niedergelegte Zen-
tralbau dieses Ostflügels hieß auch das neue
Kapitel (Kapitelhaus), weil in seinem Erdge-
schoß der Kapitelsaal war, in welchem ein Altar
staild. Unmittelbar über diesem Saal (im 2. Gaden)
befand sich das Rekreationszimnier der
Chorherrn, welches auch Museum genannt wurde.
Es dieilte außerdem als Rauin für Abhaltung
geistlicher Exerzitien. Darin war ein trefflich
eingerichtetes Brustgetäfer; aus jeder Seite konnte
man aus demselben gleichzeitig etwa 13 Betstühle
errichten. Nach dein Gebet oder der geistlichen
Lesung stieß man die Stühle ohne Mühe und
Geräusch zusammen, so daß sie wieder für nichts
anderes als für ein Brustgetäfer gehalten wurden.
Außer dieser barg der Konventsbau übrigens noch
eine andere, sogenannte Priesterstube. Im dritten
Geschoß dieses Mittelbaues war das mit zahl-
reichen vergoldeten Schränken und Kasten ver-
sehene Vestiarium (Kleiderkammer). Einem
dieser nicht mehr existierenden Säle hat die Volks-
sage bereits den prunkenden Titel des goldenen
Saales beigelegt und ihn ganz mit Unrecht zu
einer sogar die kunstreiche, neue Bibliothek über-
ragenden Bedeutung hinaufgeschraubt. Das vierte
Stockwerk dieses Mittelbaues barg ein geräumiges
Lokal, welches wir als alte Bibliothek bezeichnet
fanden-) und das ohne Zweifel zur Aufbewah-
rung gebrauchter Bücher der Ordensleute ge-
dient hat. Die übrigen Gelasse des östlichen
Flügels (Konventsbau) waren Wohn- und Schlaf-
räume der Mönche. Die Dormitorien lagen drei
Stock hoch. Parterre, vom Kapitelzimmer weg,
führte der sog. Klappergang zur Sakristei.
Bei jedem Schritt, welchen der ihn Betretende
machte, entstand ein Geräusch, so daß niemand
unbemerkt und heimlich aus- oder eingehen konnte.
Um die Strenge der Klausur in allweg hand-
haben zu können, waren die Fenster des ersten
und zweiten Stockwerkes der Mönchswohnung
mit einem Drahtgitter versehen. Auch Gefäng-
nisse für etivaige Uebertreter der Ordensregeln
fehlten nicht in diesem Hause der Zucht und
Ordnung.

Unter dem ganzen Kloster zogen sich schöne ge-
wölbte Kellerräume hin. Ihre Rainen ivareu
mehrfach beit über ihnen gelegenen Hauptgelassen
entlehnt. Der jetzt zugemauerte, doppelthürige
Zugang zu den Kellerräumlichkeiten war an der-

') Reisetagbuch v. U. Hauntinger. Seite 18.
2) Inventarium und genaue Beschreibung der
der Gutsherrschaft zustehenden eigenthümlichen
! Gebäulichkeiten. Vom Jahre 1825. Seite 248,
! Nr. 288.
 
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