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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 16.1898

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Nr. 6
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Bach, Max: Ein Altarwerk aus Weingarten
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https://doi.org/10.11588/diglit.15903#0060

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wenn die Gemälde überhaupt als Kirchen-
bilder verwendet werden sollten, mußte
die Restauration eine sehr erhebliche sein,
sie ist aber zugleich sachgemäß lutb treu."

Auf die Autorität Woltmann's hin,
hat bis hellte, soviel mir bekannt. Nie-
mand an der Aechtheit der Tafeln ge-
zweiselt, so auch Janitscheck nicht, welcher
in seinen: bekannten Buche S. 268 die
Bilder beschreibt und sie als die ältesten
datirten Werke des Meisters bezeichnet.
Er hat aber offenbar die Bilder nicht
näher studirt, da sie mte gesagt jetzt als
Altarbilder dienen und schlecht beleuchtet
sind. Ailch ich selbst habe aus meiner
Studienreise im Jahr 1892, welche ich
speziell im Interesse einer näheren Kennt-
nißnahnre der Werke Bartholomäus Zeit-
bloms unternahm, den Bildern wenig
Aufmerksamkeit geschenkt und mir nichts
darüber uotirt; doch erinnere ich mich noch
deutlich, daß die Bilder schrecklich über-
malt sind :>nd einen ganz modernen Ein-
druck machen. Woltmann hat stch darin
offenbar getäuscht, er war zu wenig tech-
nisch geschult, um hier ein Urtheil fällen
zu können.

„Künstlerische Jugend, aber auch künst-
lerische Kraft sprechen ans diesen Bildern,"
sagt Janitscheck; die Jugend vor allem
in dem Schwelgen in schönen Frauenge-
stalten, wie es z. B. die Dienerin in der
Geburt Marias, die eben die Thürklinke
ergreift, zu erkennen giebt. Aber gerade
dieser Kops ist offenbar ein modernes
Werk des Restaurators Eigner und kann
keinenfalls als Beleg für das Arbeiten
des Meisters gelten.

Das Werk kann erst jetzt, nachdem gute
Photographien von Höste in Augsburg
davon erschienen sind, bequem betrachtet
und analisirt werden. Die inneren oder
Festseiten der Flügel stellen die Veschneidung
Christi imb den Tempelgang der hl. Maria
dar. Auf den: Bilde der Veschneidung oder
:vie gewöhnlich angegeben wird, der Dar-
stellung in: Teinpel, sehen wir die würdige
Gestalt des Priesters Simeon in: präch-
tigen Ornat mit der Tiara ans den:
Haupte, er empfängt das Kind ans den
Händen der Maria, hinter derselben steht
Joseph, in gebeugter Haltung, die Mütze
in den Händen, auf der Seite eine weib-
liche Figur n:it langen Zöpfen, in pracht-

vollen: Damastunterkleid, eine Figur, die
offenbar den: Gemälde Rogiers van der
Weyden, welches denselben Gegenstand
behandelt, entnommen ist. Ganz an:
Rande steht ein Mädchen in grünen: Kleide
mit um den Kopf gewundenen Zöpfen,
es hebt mit der Rechten den Gürtel,
welcher in langen: Bande herabfällt, ch
Rechts sieht n:an in den Tempel, wo zwei
Leviten sich besprechen, an der Wand
hinter dem Altar sind die Gesetzestafeln
wobei die Zahl 1493 angeschrieben. Borne
ans einem gedeckten Tisch liegt ein Buch
und ein Teller mit den: Messer. Im
Goldgrund der Luft die Darstellung der
Krönung Mariäs.

Das andere Bild, den Tempelgang
der Maria, zeigt uns das halb erwachsene
Mädchen mit langen: blondem Haar, blau
gekleidet, die Stufen zun: Tenipel hinanf-
steigend. Sie zu empfangen steht der
Hohepriester oben, hinter ihn: zwei Le-
viten und ein rothgekleideter Schristge-
lehrter, hochmüthig und seist, der die
Emporsteigende mit strengen: Blicke prüft.

Unter den Stufen stehen die Eltern

der Gottgeweihten mit all' den: Ernst
und der demüthigen Fassung, welche die
heilige Handlung erheischt. Andere Zu-
schauer uingeben sie, unter denen be-
sonders ein gelbgekleideter Mann mit
rothem Tuch um den Kopf und ein
Buch in der Hand, in die Angen

füllt. Dies Bild ist durch die Tracht,

die Kopfbedeckungen, die Bartlosigkeit der
Männer für die Zeit, den Schluß des
15. Jahrhunderts, bezeichnend. In: Hinter-
grund erblickt man die Heimsuchung. Auf
den äußeren Tafeln ist Mariä Geburt
und Joachims Opfer gen:alt. Joachim
hat den Teinpel, einen edlen gothifchen
Bau, betreten un: sein Opfer darznbrmgen;
einen Begleiter hinter sich, die Kappe in
der Linken, steht er an den: Altar. Aber
strenge schiebt der Hohepriester sein Geld

') Ganz dieselbe Anordnung zeigt ein Kupfer-
stich des Israel v. Mekenen B. 67 was schon
Woltinann erwähnt, leider standen mir die an-
dern Blatter seines Marienlebens hier nicht zur
Verfügung. Entgegen der Woltinann'schen Auf-
fassung möchte ich doch eher die Kompositionen
des Israel v. Mekenen für ursprünglich halten.
Wie oft wurde z. B. Schongauer copirt! Seine
Kupferstiche waren in den Händen aller Maler
jener Zeit.
 
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