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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 16.1898

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Nr. 9
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Keppler, Paul Wilhelm von: Raphaels Sposalizio, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15903#0092

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Archiv für christliche Kunst.

Organ des Rottenburger Diözesan-Vereins für christliche Kunst.

perausgegebcit und rebigirt von Pfarrer Detzel in Sk. Lbriftina-Ravensburg.

Verlag des Rcstkenburger Diözefaii-llnnstvereins,
für benfelbeit: der Vorstand Pfarrer Uetze! in St. Lyristina-Kavensburg.

Erscheint monatlich einmal. Halbjährlich für M. 2.05 durch die württeinbergischen (M. l.90
int Stuttgarter Bestellbezirk), M. 2.30 durch die bayerischen und die Neichsyostaustalteu,
fl. 1.27 in Oesterreich. Frcs. 0.40 in der Schlveiz zu beziehen. Bestellungen tverden I tl/Pt
auch angenonunen von allen Bilchhandlnngen sotvie gegen Einsendung des Betrags direkt LOWO»
von der Expedition des ..Deutschen Volksblatts" in Stuttgart, UrbanSstraste 94, znin
Preise von M. 2.05 halbjährlich.

Raphaels Lpofalizio.

Von Prof. Ur. Keppler.

Als Maria im Schatten des Tempels
ititb int Kreise der Tempeljungfranen, so
wissen die apokryphen Evangelien zu be-
richten ,!) das zwölfte oder vierzehnte
Lebensjahr erreicht hatte, das Jahr, in
welchem diese Jungfrauen den Tenrpel
zil verlassen intb einem Manne die Hand
zu reichen pflegten, da hielten die Priester
Berathnng, welchem Manne diese heilige
Jungfrau anvertraut und angetraut tver-
den sollte. Eitl Engel mies den int
Heiligthum eine Offenbarung erflehenden
Hohepriester Zacharias oder Abiathar,
wie er auch genannt wird, an, die ledigen
Jünglinge und Männer des Dtammes
Inda herzubescheiden. Jeder solle mit
einem Stabe in der Hand erscheinen, der
Hohepriester die Stäbe sanuneln und int
Allerheiligsten niederlegen. Am andern
Tage solle er jedent feilten Stab zurück-
geben, und wessen Stab dann plötzlich
wttnderbar auszuschlagen und zu blühen
anfange und aus wessen Stab oder Haupt
eine Taube sich niederlnsse, mit sich von
da zum Himmel aufzuschwingen, das sei
der von Gott der Jungfrau zngedachte
Verlobte. Der Hohepriester that nach
dieser Weisung, aber das angekündigte
Zeichen blieb aus. Bestürzt kehrt er zu-
rück ins Allerheiligste und wird vom Engel
darauf aufmerksam gentacht, daß er einen
Stab wegen seiner Kleinheit und Un-
scheinbarkeit übersehen und zurückgelassen
hatte. Es zeigt sich, daß es der Stab
Josephs war ititb wie er ihm eingehändigt
wurde, schlug er in Blüthen aus und eine

') Dos Protevangelium Jacobi , das Ev.
Pseudomatthäi und baSEv.de nativitate Mariä
(orgt. Tischendorf, Ev. apocr. Lipsiae 1853,
p 16, 65, 110 ff.).

Taube setzte sich auf seine Spitze, und so
wurde ihm die heilige Jungfrau angetraut.

Auch dieser apokryphen, offenbar aus der
jesajanischen Weissagung (egredietur virga
de radice Jesse et flos de radice ejus
ascendet et requiescet super eum Spiri-
tus domini u, i) heransgesponnenen
Erzählung bemächtigte sich schon früh die
darstellende Kunst, um die Schilderung
der Verlobung Mariä und Josephs mit
concreten Zügen zu bereichern.') G io tt o
widmet in der Arena von Padua btefem
Vorgang mehrere seiner schönsten Com-
positionen; wir sehen hier, wie die Freier
ihre Stäbe dein Hohepriester übergeben,
wie Hohepriester und Freier in inbrün-
stigem Gebet erwartungsvoll vor dem
Altar, auf welchem die Stäbe sich be-
finden, auf den Knieen liegen, wie dann
St. Joseph mit seinem Blüthenstab sich
der Jungfrau nähert und der Hohepriester
die Uebergabe des Ringes vermittelt,
während die Freier voll Wehntuth zusehen.
Fies o le erzählt mit seinem feinsten Pinsel
die Vermählung in dem Cyklus der Pre-
della eines für Maria Nuova in Florenz
gemalten, jetzt in den Uffizien daselbst
befindlichen Krönungsbildes. Auf dein
Wiesengrund vor dem Tempelgebände steht
der Hohepriester mtb gibt die Hände der
Beiden zusammen; St. Joseph hält den
Ring, dem Maria, eine zarte Jungfrau,
ihren Finger entgegenstreckt. Hinter
St. Joseph die Freier, welche theils ihre
Stäbe abknicken und mit dem Fuß ab-
treten, theils erregt einander ihr Miß-
geschick klagen, theils mit den Fäusten
ans dein Rücken des hl. Joseph tromnteln,
— das letztere, ein sehr merkwürdiger Zug,
der sich auch aus flämischen Bildern vout

') lieber die älteste Darstellung der Verlobung
vgl. Stuhlfauth, Die Engel S. 136.
 
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