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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 16.1898

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Nr. 9
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Hafner, Otto: Der Oelberg in der Stadtpfarrkirche zu Mengen, [1]: eine kunsthistorische Studie
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.15903#0103

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mancher Kreise (vergl. Bildersrürmerei) und der
Zerbrechlichkeit des Materials sind verhältniß-
mäßig wenig solcher Werke aus uns gekommen.
Doch Habei: wir aus der Zeit des 16. Jahr-
hunderts z. B. eine sitzende Madonna, das Kind
säugend, im Berliner Museum, eine Madonna
mit dem spielenden Kind in: Nationalmuseum zu
München (vergl. Bode, Geschichte der deutschen
Plastik S. 176 s.). In unserem Lande sinden
sich ein Oelberg und Tod Mariens aus Thon
aus dem 16. Jahrhundert zu Amtszell, Oberamts
Wangen, und aus derselben Zeit ein Tod Mariens
zu Rohrdorf, Oberamts Wangen (vergl. Kepp-
ler, Württembergs kirchliche Kunstalterthümer
S. XXXX VI.i. Deßhalb dürfte der Annahme, daß
unser Werk aus der Periode zunächst etwa bis 1630
stamme, von dieser Seite aus nichts im Wege stehen.

2. Die Zeitbestimmung eines plastischen Werkes
wird nicht unwesentlich unterstützt durch Bei-
ziehung ähnlicher Werke. Was zunächst das
Sujet betrifft, so traten erwiesenermaßen neben den
Madonnendarstellungen die Passionsscenen in dieser
Zeit (1450—1530) in den Vordergrund der ita-
lienischen wie deutschen Kunst. Unermüdlich sind
Zeichner, Maler, Stecher, Bildner thätig, dem
Volke diese höchst erbaulichen und ergreifenden
Ereignisse, die auch der Kunst ein willkommenes
Gebiet boten und bieten, vor Augen zu führen.
(Vergl. z. B. Schongauer, Holbein d. Ae., beson-
ders die Nürnberger Schule, Adam Kraft, Dürer
u. s. w.) Es sei hier hingewiesen besonders be-
treffs Anordnung der Scene und Gewandung
auf das lebhaft und malerisch gehaltene Schreyer'sche
Grabdenkmal (Grablegung) aus Stein von Kraft
an der Außenseite des Chores der Sebalduskirche
zu Nürnberg, 1492 vollendet. (Vergl. Bode
a. a. O. S. 133 und Tafel dazu.) Leider sind
von dem berühmten großen Oelberg aus Stein
an der Südseite des Domes zu Speier nur mehr
fünf beschädigte Figuren erhalten. Dieser Oel-
berg, ivelcher einst als das neunte Weltwunder
gepriesen wurde, ward 1509 begonnen von dem
Steinmetzen Hanns von Heilbronn, welcher auch
den Entwurf gemacht hatte (ß 1509), vollendet
1512, Preis 3000 fl. Die Gruppirung und Eostü-
mirung der Häscher (Landsknechte in zeitgenräßer
Rüstung) dürfte nach der Beschreibung bei ig-
h art, Geschichte der bildenden Künste im König-
reich Bayern S. 544 ff., derjenigen auf unserem
Oelberg nicht unähnlich gewesen sein, lieber den
Amtszeller Oelberg, welchen ich noch nie gesehen,
kann ich leider zu etwaigem Vergleich nichts bei-
bringen. Immerhin kann nach alledem unser
Werk in die von uns angesetzte Periode fallen.
Wir gehen bedächtig einen Schritt iveiter.

(Fortsetzung folgt.)

Literatur.

Die Engel in der altchristlichen Kunst
von Georg Stuhlfauth. Mit 2 Abb.
(Archäologische Studien zum christl. Alterth.
und Mittelalter; herausg. von Johannes
Ficker. 3. Heft) Freiburg, Mohr 1897.
264 S. 8°. Preis 7 M.

Ein vollwichtiges Buch, aus welchem sehr viel
zu lernen. In der Einleitung spricht sich der

Verfasser, bereits bekannt durch seine Studie
über die altchristliche Elfenbeinplastik (1896), über
seine Methode und den Gang der Untersuchung
aus. Dann folgt als erster Theil eine religions-
geschichtliche Angelologie, welche orientieren will
über die Bedeutung der Engel in der spätjüdischen
und altchristlichen Weltanschauung; dieser Theil ist
etwas evolutionistisch gefärbt und kann den nicht
ganz befriedigen, welcher den Glauben an die
Engel vielmehr als Stück der Uroffenbarung und
als wesentliches Element des alt- und neutesta-
mentlichen Offenbarungsglaubens begriffen und
dargestellt sinden möchte. Die biblische, nament-
lich paulinische, und die patristische Engellehre
kommt nicht zu ungetrübter Darstellung; Paulus
wird sogar Seite 41 gewiß ohne alle exegetische
Berechtigung imputiert, er fordere von den korin-
thischen Frauen Umhüllung des Hauptes „unter
Hinweis auf die Möglichkeit einer Verführung
durch die Engel", und er kenne eine Klasse von
Engeln, welche weder definitiv gut noch definitiv
böse seien. Ein weiteres Kapitel dieses Theils
sammelt aus den literarischen Denkmälern alles,
was auf die äußere Erscheinung der Engel Be-
zug hat und von Wichtigkeit ist für deren Dar-
stellung in der bildenden Kunst. Im zweiten,
eigentlich ikonographischen Theil werden in chrono-
logischer Aufreihung alle Scenen und Compo-
sitionen der altchristlichen Kunst, in welcher Engel
Vorkommen, zusammengestellt und gründlich durch-
gesprochen; zuerst die historischen Scenen (Ver-
kündigung, Tobias, drei Jünglinge im Feuerofen,
Abrahams Opfer und Gäste, Verlobung Mariä
mit Joseph, Ostermorgen u. s. w.), dann Cere-
monienbilder, in welchen Engel als Assistenz figu-
riren; zu rein dekorativen Zwecken, als bloßes
Ornament verwendet die altchristliche Kunst die
Engel nicht. Dieser Theil ist ungemein reichhaltig
und gründlich, und von Wichtigkeit für die Ikono-
graphie nicht blos der Engel, sondern auch aller
berührten Sujets. Den Schluß bildet dann eine
zusammensassende Darstellung der Entwicklung
des Engeltypus auf Grund des ersammelten und
kritisch gesichteten Materials; die sorgfältig be-
gründeten, doch noch nicht in allweg über jeden
Zweifel erhabenen Resultate sind folgende: die
altchristliche Kunst hat die Engel ausnahmslos
als männliche Wesen charakterisirt; sie hat die-
selben bis zunr Ende des vierten Jahrhunderts
stets unbeflügelt dargestellt und sie erst von
ca. 400 an, von da an aber regelmäßig beflügelt;
bärtige Engel giebt es in der altchristlichen Kunst
nicht. Mit letzterem Satze fertigt der Verfasser
mit de Rosst eine alte Streitfrage ab, wie wir
glauben möchten, endgültig; die bärtigen Gestalten
auf einigen Sarkophagen, die man schon als
Engel agnosciren wollte, sind anders zu deuten.
Körperliche Schönheit, Dalmatien und Pallium,
Nimbus, Rolle oder Buch zeichnen die Erscheinung
des Engels aus; dagegen erhält er Stab und
Tänie erst vom fünften Jahrhundert an. Diese
wenigen Sätze geben eine Vorstellung von der
Wichtigkeit dieser Studie; der Mangel eines
alphabetischen Registers wird in den Nachträgen
erklärt, bleibt aber bedauerlich, weil er die Aus-
nützung des reichen Inhalts der Schrift erschwert.

Keppler.

Stuttgart, Buchdruckerei der Akt.-Ges. »Deutsches SüolfsMatt".
 
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