Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 16.1898

DOI Heft:
Nr. 10
DOI Artikel:
Keppler, Paul Wilhelm von: Raphaels Sposalizio, [2]
DOI Artikel:
Kümmel, Konrad: Die kirchlichen Metallarbeiten, [5]: eine systematische Darstellung
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15903#0106

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
er läßt sich schulen und meistern, er faßt
mit Ehrfurcht und Hingebung die Hand
seines Meisters und läßt von ihm sich
einführen in die innersten Geheimnisse
seiner Kunst, er strebt redlich und freudig
weiter in der Richtung seines Meisters
und ahmt ihn nach, auch nachdem bereits
die eigene schöpferische Kraft in ihm er-
wacht ist. Als ihm. der ehrenvolle Auf-
trag wurde, dies Verlobnngsbild zu ferti-
gen, da fällt es ihm gar nicht ein, mit
der bisher üblichen Dürftellnngsweise 31t
brechen, es ganz anders machen zu wollen
als sein Meister, da hört er keinen Augen-
blick ans die Verführerstinttne des Stol-
zes: jetzt zeige es beinern Meister, daß
du mehr bist als er, daß du ihn nicht
mehr nöthig Haft! Vielmehr schließt er
sich bescheiden und pietätsvoll ganz an die
Eomposition seines Meisters an und führt
er diese durch mit Einsatz seiner besten
Kraft, seiner individuellen Talente; so
mißt er sich mit ihm in ehrlichem Wett-
kampf und so erringt er einen Sieg über
ihn, der dem Schüler wie dem. Lehrer,
dem Sieger wie dem Besiegten 511U Ehre
und zum Ruhne gereicht, — auch dem
besiegten Lehrer; denn wenn auch ferner-
hin der Name Raphael den Namen Pern-
gino an Glanz weit überstrahlen wird, so
bleibt es doch für Perngino eine unver-
gängliche Ehre, daß ein Raphael aus sei-
ner Schule hervvrgieng und daß ein
Raphael, nachdem er schon völlig mündig
geworden, noch ganz nach einer Vorlage
seines Lehrers arbeitet.

Sic itur ad astral Das ist der einzig
richtige uuö gefahrlose Höhenweg; auf
andern hat schon manches Genie den Hals
gebrochen und inanches gute Talent ver-
gebens nach oben gestrebt. Raphaels
Sposalizio — welch' vernichtendes Urtheil
spricht dieses jugendliche Meisterwerk über
die nlodernen Kunstjünglinge, welche keine
Raphaele und keine Genies sind und sich
mit zwanzig Jahren an religiöse Themate
wagen, ohne im mindesten darnach zu
fragen, une die großen Meister der Vor-
zeit dieselben behandelt haben, mit son-
veräner Verachtung aller Tradition, mit
dem. einzigen Bestreben, originell 311 sein
um jeden Preis.

Da fällt er mir immer wieder ein, der
kostbare grüne Junge, der nach einst vor

Raphaels Sirtina ans allen Himmeln
herabstürzte. Ich saß allein in dem ihr
reservirten Saale und sah sie ans den
Wolken herabschweben und pflog süße
Zwiesprache mit St. Sixtus und Barbara
und den beiden ernstblickenden, tiefsinnigen
Engelknaben zu ihren Füßen. Da trat
er herein, mit einem Gang und einer
Haltung, welche das ganze Selbstbewußt-
fein eines Genies und die ganze Unreife
seiner zwanzig Jahre verriethen, pflanzte
sich ans vor dem Bild, betrachtete es zwei
Minuten, drehte sich dann ans bem Absatz
herum und sprach 31t mir: „Na hören Sie
mal, wenn das nicht dieser Raphael ge-
malt hätte, dann würde niemand nrehr
darnach fragen, — das hat denn doch
bedeutende Fehler." Ich konnte ihm kein
Wort erwidern; Staunen, Aerger, Ent-
rüstung mtb ein starker Lach reiz stritten
sich zu sehr in mir. Aber zuletzt schämte
ich nnch tief unseres neunzehnten Jahr-
hunderts, das in seinem letzten Viertel
solche Mißgeburten von Kritikerknaben
hervorbringt. Raphael, der mit zwanzig
Jahren in den Fußstapfen seines Lehrers
wandelnd das Sposalizio schuf, mtb dieser
kleine Gerngroß, der mit zwanzig Jahren
an der Sixtina nichts mehr 31t lernen und
zu bewundern, nur zu tadeln und 311
nörgeln findet, — dieser Gegensatz kann
uns die ganze Knnstgröße der Vergangen-
heit und die ganze Kunstmisere der Gegen-
wart zutn Bewußtsein bringen! —

Pie kirchlichen JNetallarbeiten.

Eine systematische Darstellung von
it 0 11 r ab K ü m m e l.

(Fortsetzung.)

n. D ie Legir n ngen.

2. Die Messingarten.

Das Charakteristikmit des Messings ist
seine Zusammensetzung ans K u p f e r n n d
Zink. Letzteres Metall ist bedeutend
billiger als Zintl und hierin liegt das
Hauptgeheimniß der Entstehung dieser
Legirnng. Blatt wollte das theure Kupfer
womöglich mit einem billigen Metalle le-
giren, ohne daß indessett die wesentlichen
Eigenschaften des Kupfer, feine Dehnbar-
keit, Zähigkeit ttttö Geschtneidigkeit ge-
schädigt würden, tvie dies die Beimischung
von Zittit ergibt, die nur ein Gnßntetall
 
Annotationen