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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 16.1898

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Nr. 10
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Hafner, Otto: Der Oelberg in der Stadtpfarrkirche zu Mengen, [2]: eine kunsthistorische Studie
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.15903#0111

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100

schuhen (Fäustlinge), Brust- und Rückenstücke
(Küraß) mit längeren oder kürzeren Beintaschen.
Die Schutzdecken der Oberschenkel werden offen
gelassen. An die Kniekapsel reihen sich meist die
Schutzdecken der Unterschenkel (Unterdeichlinge)
an. Die Schamkapsel kommt erst seit ben 20er
Jahren des 10. Jahrhunderts auf. Neben den
Landsknechtsspießen erhalten sich die schon lange
im Gebrauche stehenden Morgensterne bis in die
Mitte des 10. Jahrhunderts. Streithämmer
und Streitäxte (auch auf unserem Bilde neben
den Morgensternen, Spießen und Lanzen) sinken
mehr unb mehr in ihrer Bedeutung (vgl. darüber
Weiß, Kostümkunde, 1. Abt. 14.—16. Jahr-
hundert. S. 260 u. 739 sf.) Fiat nunc applicatio!
Die wird unsere Datirung nicht Lügen strafen!

b) Die italienische Plastik des Quattrocento
behandelt die Gewandung als die äußere Hülle,
welche die Form des Körpers erkennen läßt.
Anders die deutsche Plastik im 16. und besonders
im 16. Jahrhundert. Die Gewandung tvird wie
in der bisherigen Plastik immer noch als etwas
Selbständiges dargestellt cchne genügende Rück-
sicht auf die Körperformen. Alte Gewandung
tragen auf unserem Bilde Christus, Joseph und
Nikodeinus, auch theilweise die Apostel. Neben
dent Tappert (ein sich mehr und mehr verkür- •
zender Ueberzieherrock), welcher im 16. Jahr-
hundert sich mehr einbürgerte, nmrde noch der
lange, bauschige Mantel von den Männern ge-
tragen. Einen schaubenartigen (d. h. vorn ge-
öffneten) Tappert, >vie er 1460—1600 Mode
wurde (vgl. Weiß a. a. O. S. 214), scheint der
schlafende Petrus zu tragen. Von den Frauen
wurden gerade in der angegebenen Zeit neben
den schaubenartigen Oberkleidern zum Theil als
Kopfschmuck faltige Ilmhüuge, schleierartige Be-
hänge benützt, wodurch mehr lind mehr das Haar
verdeckt wurde. Ein charakteristisches Kleidungs-
stück ist besonders die Rise, ein Tuch, welches
ztir Verhüllling von Hals und Kiitn speziell von
älteren, verheirateten Weibern getragen wurde
seit dein Anfang des 16. Jahrhunderts, seit der
Mitte des Jahrhunderts aber oft gekräuselt, so
daß die Gestalt ein klosterhaftes Aussehen er-
hielt (vgl. Weiß a. a. O. S. 227). Eine solche
„Nonne" haben lvir auf unserem Bilde rechts .
von Johannes. Aehnliche Rise, welche die Haare
teils ganz bedeckten, teils noch etwas sehen ließen,
vgl. bei Bode a. a. O. S. 128 f. u. 194, auf
der Tafel des Scheyerschen Grabdenkmals zu
S. 133 s., vgl. die Trachten der weinenden
Frauen, welche dem kreuztragenden Heiland
folgen, an der Portallünette des Apostelthorcs
an der Stiftskirche von Stuttgart vom Jahre 1494
l>. a. So führt lins wiederum diese Seite der
Betrachtung 'in unsere Zeit.

c) Wir glauben, daß die Thontechnik besonders
in Bewafsuungs- unb Bekleidungsbehandlung,
wie wir vergleichsweise seheil, nicht viel abstaud
von der in der Stein- und Holzschnitztechnik.
Deshalb stützen wir unsere Zeitbestimmung be-
sonders durch Hervorhebliug der Faltenbehand-
lllng. Anfangs des 16. Jahrhunderts liegen die
Gewänder noch straffer am Leib, die Gewand-
faltcn siild ungebrochen, rundlich, fließend, der
Mantelsaum ist spirallinienartig gehalten. In

geschnitten, die Bauschung ist wulstiger, die etwas
gebrochenen Falten laufen unregelmäßiger. Anr
Ende des Jahrhunderts werden die Falten
schwerer und röhrenartig wulstig. Es beginnt
die, ivenn auch uoch nicht gerade harte Knit-
terung. Die schweren, tief geschnittenen, eckigen,
stark geknitterten und gebrochenen Falten aber,
ivobei der Künstler besonders seine Virtuosität in
der Drapirung zeigen ivill, bringt der Anfang
des 16. Jahrhunderts. Die Anwenduilg dieses
Schemas, das aus der Anschauung abstrahirt ist,
auf unser Bild (in erster Linie die untere hiiltere
Gruppe) dürfte unser Werk etwa dem letzten
Viertel des 16. Jahrhunderts zuweisen. Damit
sind wir einen Schritt iveiter gekommen auf
formal-technischem Boden nnb begnügen uns vor-
erst damit: unser Werk stammt aus dem
letzten Viertel des 16. Jahrhunderts.
Wer aber ist der Urheber? (Forts, folgt.)

Literatur.

G e s ch i ch t e des D o in k r e ri z g a n g e s i n
A ugsb u r g. Von Gr. Alfred Schröder,
Domvikar. Sonderabdruck aus „Zeitschrift
des Historischen Vereins für Schwaben
und Neuburg. XXIV. Jahrgang. 1897.
Augsburg 1898. Druck der I. P. Hinuner-
schen Buchdruckerei."

Im fränkischen Reiche hatte während des achten
und neunten Jahrhunderts der Domklerus alleut-
halben eine Art klösterlicher Verfassung ange-
noinmen und führte demgemäß nach Art der
Mönche ein gemeinsames Leben. Auf diese Zeit
greift der Verfasser obiger kleiner aber interes-
santer Schrift zurück, und ivürdigt so die Kreuz-
gänge der alten Dome nach Entstehung, Zweck
und Anlage, zuerst im Allgemeinen unb dann in
eingehender Weise den Domkreuzgang in Augs-
burg. Das gemeinsame Leben brachte es mit
sich, daß sich die Anlage der Wohnräume für den
Domklerus völlig der Klosteranlage näherte, daher
auch der gleiche Name: claustrum oder mona-
sierium. Der Verfasser behandelt dann die ver-
schiedenen Veränderungen, welche der Domkreuz-
gang in Augsburg erfahren hat. Seine jetzige
Gestalt hat er durch einen Umbau erhalten, welcher
sich nachweisbar über die Jahre 1479—1610 er-
streckte. Den Plan hiezu entwarf der Erbauer
der Ulrichskirche in Augsburg, der „viel kunst-
reiche Architekt" Burkhart Engelberger
voir Hornberg. Er diente vorwiegend sepulcoalen
Zwecken, indem in demselben der Domklerus bei-
gesetzt wurde._

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