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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 16.1898

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Nr. 12
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Drexler, Eugen: Albrecht Dürers Stellung zur Reformation, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15903#0124

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- 1

den, M zeitlichs Riltz halben nit abgestellt.
Cs>ott helf uit§, daß mir sein werte Matter
itit also nnehren, sondern (so. ehren) in
Christo Jesn. Amen." — Darunter das
bekannnte Därersche Monogrninm SO als
Unterschrift.

Thausing bemerkt dazu: „Dieser scharfe
Widerspruch gegen den Marienkultns darf
billig wundernehmen bei Dürer, der das
Lebeil der Jungfrau inniger ersaßt unb
reicher ansgestaltet hat, als je ein Maler;
ja, er ist aus diesem Gebiete zugleich ein
Poet und ein Schöpfer der populären
Alarienlegeude. WelcheUmwälzungen inuß-
ten sich iit der Welt und insein ein frommen
Genlüthe vollzogen haben, bis Dürer in
der Opposition gegen den Heiligeuknltus
dahiit gelangte, ein Mnttergottesbild als
ein Gespenst zu bezeichnen!* 2 3 4) — Zucker
gab sich viele Mühe, unter den Schriften
Zwinglis Stellen §u finden, durch die
etwa Dürer zu diesem Urtheile über Marien-
verehrnng veranlaßt worden sein könnte.
Er beruft sich bei Erwähnung der Ent-
stehung genannter Wallfahrtskirche nuf
C. Th. Geuuüners „Regensbnrgische
Chronik 1497—1525" (4 Bände, Regens-
burg 1800—1824), welche die Geschichte
derselben ausführlich beschreibt. Es wun-
dert mich, daß er die Wallfahrtsgeschichte
nicht inerter verfolgt hat, da dieselbe, wie
es mir scheint, ans die räthselhaste Inschrift
ein Licht zu werfen geeignet ist. Zur
Aufklärung der Sache sei mir gestattet,
weiter auszuholen.

Im Jahre 1519 wurden die Juden
aus Regensburg vertrieben ltitb mit fana-
tischem Eifer machte sich der aufgeregte
Pöbel daran, die alte Synagoge zu zer-
stören. Als dabei ein Steinmetz von den
einstürzenden Mauern bedeckt, aber beinahe
unversehrt wieder hervorgezogen worden
war, schrieb man dieses Ereigniß der
wunderbaren Hilfe der Mutter der Gnaden
zu und beschloß, an der Stelle der Syna-

4 „Vtzxhä>igen" nicht in der jetzt volks-
thümlichen Bedeutung von „verhüllen", sondern
int ursprünglichen Sinne = hängen lassen,
d. h. zulassen, gestatten, der noch in der Zu-
sainmensetzung „mit verhängten Zügeln" erhalten
ist; vergl. in Luthers Tischreden: „Gott verhenget
den Teufel, daß er die Welt ängstiget und plaget."
(H. Paul, Deutsches Wörterbuch, Halle a. S. 1897.)

2) Wiener Kunstbriefe S. 106.

goge eilte Kapelle zu errichten, zugleich in
der -Erwartung, „daß kein christgläubiger
Regent sich so weit vergessen und ein in
den Ehren der Himmelskönigin errichtetes
Kirchlein abzubrechen und dein jüdischen
Unglauben wieder einzuräninen befehlen
würde", i) Mit möglichster Eile und
unter Betheiligung der gesammten Ein-
wohnerschaft wurde der Platz geräumt
und nach fünf Tagen schon war eine
hölzerne Kapelle unter Dach. Da eilte
„unglaubliche Menge von Opfern an Gold
und Silber und Wachs" siel, konnte noch
in demselben Jahre der Grundstein zu
einer größeren Kirche gelegt werden. Da
die Regensburger Geistlichkeit einen Theil
der Opfergaben für sich in Anspruch nehmen
wollte, kam es zu einem unerquicklichen
Prozesse mit dem Administrator der Stadt-
kammer. 2) Durch zahlreiche Wunder-
berichte hatte sich der Ruf der Wallfahrts-
kirche rasch attsgebreitet. Aber ebenso
rasch war der religiöse Eifer -r- vor allein
infolge der Angst vor der Pest, welche
sich eben damals in Deutschland verbreitete
und sich bereits in Regensburg gezeigt
hatte — in eilte krankhafte Aufregung aus-
geartet. — „Es ist viel frommer Betrug
dabei untergelaufen", berichtet der Chronist,
„und mancher war von seiner erhitzten
Einbildungskraft selbst hintergangen wor-
den".^) Auch katholische Zeitgenossen,
wie Kilian Laib/) rügen den durch die
Habsucht der Wallsahrtsgeistlichen und den
Äberglattben der Volksmasse verursachten
Unfug mit scharfen Worten. Die Kirchen-

') ©erneuter, Regensb. Chronik. IV. Band.

S. 858.

2) Vergl. Kirchenlex. 2. A. X. Band. Artikel
„Regensburg". S. 928.

3) Gemeiner a. a. O. S. 877. Neberwiesene
Betrügereien wurden freilich voin Magistrate hart
bestraft. So, wurde ein gewisser Paul Spitzer
ins Gefängniß geworfen, weil er vorgab, er sei
als bliitder Mann voit Nürnberg hergekommen
mtb habe auf dein Wege gunt Wallfahrtsorte das
Augenlicht erhalten. Es stellte sich nämlich her-
aus, daß in dem Spital, wo er gelegen fein
wollte, der Stiftung gemäß gar teilte Blinden
ausgenommen wurden. — Ein Bauer ließ sich
von der lleberzeugung nicht abbringeit, daß ein
rother Hahn, Veit er habe opfern wollen, bis er
mit ihm ltach Regeltsburg kam, weiß geworden
sei, t>. s. w.

4) Aretin, Ehr., Beiträge zur Geschichte und
Literatur, München 1895. VII. Band. S. 665.
Vergl. Dankü a. a. O. S. 278 f.
 
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