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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 17.1899

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Nr. 1
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Hafner, Otto: Der Oelberg in der Stadtpfarrkirche zu Mengen, [5]: eine kunsthistorische Studie
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Mittheilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.15904#0013

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Bürgersfrau Ursula Mannhartin, die vor dein
„Bildnuß" unter dein Oelöerg gekniet. Dann sahen
es andere Weiber „klärlich unter der währenden
Littanei etwa zehnmal". Zuvörderst sah es die
hochw. Geistlichkeit, der Pater Prior, der „die
Bildnuß Maria mit aigener Finger berühret,
doch aber nichts Nahes gespühret". Nach der
Litaney Unserer lieben Frauen ermahnte der
Prior die Anwesenden, mehr als 300 Personen,
zum Vertrauen. (Bericht des Pater Johannes,
Prior ordiny S. Ciulielmy1) in Mengen 1632.)
Von Wien wurde vom Magistrat in Mengen ein
näherer Bericht über das Mirakel einverlangt.
Dieser verwies im Antwortschreiben unterm 24.
Juli den Wiener Hof „an die Bischösl. Constanzische
Kommission, welche allhier erschien, das wahre
Miracel und alle umstände erhob, ein Instru-
ment hierüber versaßt und solches sodann mit
sich genommen habe". Diese von auktoritativer
Leite erslossenen Zeitberichte verdienen alle Be-
achtung. Das schwedische Heer zog, ohne etwas
zu unternehmen gegen die kleine Stadt, welche
jene Reiter so empfindlich heimgeschickt hatte,
schleunigst ab, der Göge zu. Seit dieser Zeit
wird zur wunderbaren Errettung der Stadt auf
Mariens Fürbitte hin das 18. Maienfest, der
Schwedentag an: Sonntag nach dem 18. Mai,
wenn auf diesen Sonntag das Pfingstfest fällt,
am Pstngstmontag mit großer Pracht unter Zu-
lauf vielen Volkes in Mengen gefeiert. So wird
also diese Thonfigur der Mutter Gottes als
Gnadenbild in Ehren gehalten.

In der Oelbergskapelle hängt an einer Wand
in Oel gemalt eine Klater Dolorosa als Brust-
bild mit dein Schwert in der Brust. Es ist
natürlich nicht das Gnadenbild, ivird auch als
solches nicht verehrt, sondern ist eine weniger
gelungene Kopie des Oelbergbildes aus neuer
Zeit. Uns steht natürlich auch fest, daß das im
Münster zu Constanz auf einem Seitenaltar auf-
gestellte und als Menger Gnadenbild hochverehrte
Oelgeniälde nichts mit unserem Oelbergbild zu
thun hat. Die Berichte weisen auf eine plastische
Figur unter dem Oelberg, d. h. auf unsere Ma-
donna, und nicht auf ein Oelgemälde hin. Diese
Figur mit den andern vier Gestalten unten zu-
sammengearbeitet konnte nicht allein entfernt wer-
den. Zudem gehört das Constanzer Oelbild, das
immerhin der hiesigen Kopie unseres Gnaden-
bildes ähnlich ist, nach seinem Stil einer späteren
Zeit an. Allerdings bildete sich im Lauf der
Zeit die Sage, die im hiesigen Kloster befind-
lichen Wilhelmiten hätten in Kriegszeiten das
wunderthätige Bild mit sich genommen nach Peters- !
Hausen bei Constanz. Von da sei es später nach j
Constanz gekommen. Allein dies ist eine Sage,
vielleicht von Constanz aus nach Mengen ver-
breitet. Wahrscheinlich nahmen die Wilhelmiten
eine Kopie mit sich, die jetzt in Constanz ist.
Geschichtlich ist von einer solchen Translokation,
$u der die Menger ihre Zustimmung gewiß nie
gegeben hätten, nichts bekannt. Deshalb war es
eitel Mühe und Uebersluß, zugleich aber ein
Zeichen dafür, wie eine Sage allmählig sich zur

*) In Mengen befand sich ein Wilhelmiten-
kloster in: heutigen Volksschulgebüude.

„Wahrheit" verdichten kann, als der Stadt- und
Stiftungsrath von Mengen unterm 16. Mai 1886
an die „Großherzoglich hochpreißliche Seekreis-
regierung" die Bitte richtete, es möge das
Münsterdekanat und die Kirchenvorsteher in Con-
stanz legitimiren, daß dieselben das Marienbild,
früher Eigenthum der Stadt Mengen,dieser zurück-
geben dürfen. Der Constanzer Münsterpfarr-
rektor wies unterm 19. Mai 1836 in einem
Schreiben an das Menger Stadtschultheißenamt
auf die Schwierigkeit hin, das Bild zurückzugeben,
weil es auf dem Marienaltar aufgestellt sei und
indem neun Tage vor Weihnachten davor eine
Andacht feierlich gehalten werde. Auch habe das
Bild eine neue Rahme um 44 sl. von einer Wohl-
thäterin erhalten. Ein Ausweg wäre die An-
schaffung eines anderen Bildes, das in Konstanz
gemalt werden könnte, wem: die löbliche Stadt
Mengen sich zur Bezahlung desselben verstehen
würde. Zu diesem „Ausweg" verstand sich die
Stadt nicht; es war auch gar nicht nothwendig.
— Endlich ließ die Regierung des Seekreises
unterm 29. Juli 1836 repliziren, daß man die
Rückgabe des fraglichen Bildes, da die Stadt
Mengen ihre Eigenthumsansprüche auf dasselbe
nicht genügend bewiesen habe, nicht gestatten
könne. Damit hatte die Sache ein Ende.

Möge die Wallfahrt zu dem Oelberg in Mengen
immer bestehen und gedeihen und allen Verehrern
den Lohn eintragen, den die Kirche Maria ver-
heißen läßt: Qui me invenerit, inveniet vitam
et hauriet salutem a Domino (Prov. 8, 35).
Dem fügen wir noch zwei weitere Wünsche bei,
daß der eine und andere Kunstfreund dieses
sehenswerthe Werk in Mengen beschaue, um so
mehr, da, wie ivir gesehen, wir in Württemberg
nur noch drei Terracottawerke aus dem 16. Jahr-
hundert haben (zwei in Amtszell und eines in
Rohrdorf, beide O.-A. Wangen; vgl. Keppler
a. a. O. S. XXXXV1). Sodann sollte zu wei-
terem Studium unserer einheimischen Kunst, be-
sonders auch der Plastik, zugleich als Illustration
ju Kepplers schätzenswerthem Kunstinventar in
seinen „Kunstalterthümern", der voin hochwür-
digsten Ordinariat warn: empfohlene Vorschlag
unseres Diözesankunstvereins zu photographischer
Ausnahme der Kunstfchätze in den einzelnen Land-
kapitelu realisirt werden?) „Factus est sonitus
et ecce commotio; et aecesserunt ossa ad ossa,
unumquodque ad iuncturam suam.“ (Ezech.

37, 7).

Ulittheilungeii.

S. iir H. G. Eine Entschädigung für
die Anfertigung einer Skizze zu einem
Altar u. drgl. wird nur dann zu beanspruchen
sein, wenn Sie dazu deir Künstler beauftragt
haben, ohne daß Sie ihm auch die Ausführung
der Arbeit übertragen haben. Usus ist aber, daß
bei Arbeitsaussührung die Entwürfe, Skizzen,
Werkzeichnungen u. dgl. nicht eigens bezahlt wer-
den, da man annimmt, daß diefelbeir in dem
Preise für die Fertigstellung der Arbeiten mit

1) Die gut gelungenen photographischen Aus-
nahmen des Oelbergs ntachte mir der empseh-
lenswerthe Photograph Mock in Saulgau.
 
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