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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 17.1899

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Nr. 2
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Drexler, Eugen: Albrecht Dürers Stellung zur Reformation, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15904#0020
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schmerzten, legt uns sein ganzes Wesen
nahe. Er verhielt sich in der That wäh-
rend dieser Zeit sehr zurückgezogen, was
schon seine immer heftiger anftretenden
Krankheitsanfälle mit sich brachten. Wenn
wir auch dein Zeugnisse Pirkheimers nicht
unbedingt trauen diirfen, der es, wie ander-
wärts bekannt, mit der Wahrheit nicht
genau nahm, wenn Zorn und Leidenschaft
ihn: die Feder führten-') so mag es den-
noch wahr fein, daß auch Dürer des ge-
waltsamen Gebahrens seines früheren Par-
teigenossen Spengler überdrüssig geworden
ist (vgl. Brief Pirkheimers an Joh. Tscherte
in Wien 1530, abgedrnckt bei Zucker,
Dürer's Stellung z. Ref. S. 74 ff.). Die
Frage aber, ob Dürer seinem. Freunde
Pirkheimer in der völligen Lossagung von
der Reformation gefolgt sei, ist, wie das
Folgende zeigen wird, zu verneinen. Die
viel umstrittene Stelle in dem eben an-
geführten Briefe Pirkheimers: „Ich be-
kenn, daß ich anfänglich auch gut luthe-
risch gewest bin, w i e au ch lt n s e r
Alb recht se liger, denn wir hofften,
daß die römisch Büberei, desgleich der
Mönch und Pfaffen Schalkheit sollt ge-
bessert werden, aber so man znsieht, hat
sich die Sach also geärgert, daß die evan-
gelischen Buben jene Buben fromm machen",
läßt sich weder dafiir noch dagegen an-
sühren, denn sie spricht einzig von dem
anfänglichen Verhalten der beiden
Freunde und läßt Dürer's nachmalige
Stellung ganz ans dem Spiele.

Für unfern Meister war in dieser stür-
mischen Zeit der Umgang mit wohlmeinen-
den Freunden mehr als je ein Herzens -
bedürfniß. Besonders enge Beziehungen
pflegte er 1525—26 mit M e l a n ch t h o n,
der während dieser Zeit znm Zweck der
Einrichtung des neuen Gymnasiums wieder-
holt nach Nürnberg kam und am häufig-
sten in Pirkheimers Hanse anzutreffen war.
Dürer mußte sich durch dessen mildes ititb
vermittelndes Auftreten besonders ange-
zogen fühlen. Wie sehr andererseits auch
Melanchthon Dürer als Mensch zu schätzen
wußte, geht aus einer Aeußerung Rlelanch-
thons hervor, die uns sein Schwiegersohn
Kaspar Peucer überliefert hat, an Dürer,

') Vgl. L. Kaufmann, A. Dürer, II. Aufl.,
Freiburg 1887, S. 135—137.

dem weisen Manne, sei die künstlerische
Begabung, so hervorragend sie gewesen
sei, dennoch das Unbedeutendste gewesen. ')
Derselbe Autor berichtet uns von ge-
lehrten Disputationen zwischen Dürer und
Pirkheimer in Gegenwart Melanchthons,
aus denen klar genug zu ersehen ist, daß
die beiden Männer trotz des engen Freund-
schaftsbandes, das sie zeitlebens umschlang,
dennoch gerade in Religionssachen nicht
immer derselben Meinung waren. Pirk-
heimer hatte sich eben damals (1526) in
einen Streit mit Oecolampadins über die
Abendmahlslehre verwickeln lassen
und dieselbe-, obwohl er sich damals bereits
von der lutherischen Partei abgewendet
hatte, in einem Luther günstigen Sinne
vertheidigt, was ihm Cochläus übel ver-
merkt hat.2) Dürer interessirte sich ebenfalls
für die Angelegenheit, entschied sich aber
gegen die Ansicht seines Freundes, denn
„öfters gab es", wie Peucer erzählt,
„zwischen Pirkheimer und Dürer über
diese Tagesfrage Wortwechsel, wobei Dürer
mit seinem überlegenen Geiste Pirkheimer
stark znsetzte und dessen Einwürfe zurück-
wies, wie wenn er zum Streite vor-
bereitet gekommen wäre. Da erblaßte
Pirkheimer, der überaus jähzornig und
deswegen von der Gicht arg geplagt war,
und brach wiederholt in die Worte ans:
„Das kann man nicht malen!" (d. h. das
schlägt nicht in dein Fach.) — „Aber was
bit da vorbringst," erwiderte Dürer, „läßt
sich nicht einmal anssprechen, noch irgend-
wie begreifen." — Man hat darin einen
Beweis für Dürer's zwinglianisches Glan-
bensbekenntniß finden wollen. Betreffs
der Abendmahlslehre läßt sich dies wohl
nicht bestreiten, er scheint in der That
eine stach rationalistische Auffassung in
diesem Punkte vertreten zu haben.8) Daß
sich aber Dürer auch im übrigen dem
Züricher Reformator angeschlossen habe,
ist nicht zu erweisen. Jedenfalls reimt
sich schlecht mit Zwingli's Bilderstürmerei
zusammen,, was der Meister 1525 in der
Vorrede zu seiner „Unterweisung der

i) Traclat. historic. de P. Melanchthonis
sententia de controversia coenae Domini. Ilm-
berg 1596, S. 11.

-) Vgl. I. Döllinger, Reformation Regensb.
1846, 1. Bd., S. 163.

s) Ebendas. I. Bd. S. 168 Sinnt.
 
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