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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 17.1899

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Nr. 3
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Drexler, Eugen: Albrecht Dürers Stellung zur Reformation, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15904#0031

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— 25 —

den Idealismus der früheren Zeit offen-
baren, daß er sich in seinen späteren
Mariendarstellungen vielfach damit be-
gnügt hat, „die Würde der Frau, den Be-
ruf der Mutter zu verherrlichen".!) Aber
diese Entwicklung ist „nicht eine Frucht
der religiösen Reformation, sondern der
Geist der Renaissance, mtb es heißt diese
beide in unrichtiger Weise konfundiren,
wenn man die Naturtrene in Dürer's
Kunst und das allmählige Erlöschen der reli-
giösen Innigkeit reformatorifch nennt."1 2)
Thatsache ist auch, daß Dürer feit Aus-
bruch der Reformation mir mehr sehr
wenige religiöse Bilder ausgeführt hat.
Aber dies findet seine einfache Erklärung
in der geringen Nachfrage nach solchen in
dem lutherisch gewordenen Nürnberg. Daß
Dürer religiösen Darstellungen nicht aus
reformatorischem Eifer abhold war, be-
weist eben das Vorhandensein der wenigen
Bilder. Interessant für uns ist, daß sich
unter den von Friedrich Lippmann in den
letzten Jahren veröffentlichten Zeichnungen
Dürer's I mehrere Entwürfe z u A l t a r-
bildern aus den letzten Jahren des
Meisters befinden, welche Maria, von
Heiligen verehrt, darftellen. Einer der-
selben (Nr. 343) trägt die Jahreszahl
1521. In der Mitte des Bildes sitzt
Maria, mit Diadem und Schleier ange-
than, und reicht dein Kinde eine Frucht.
Das Christkind wendet sich nach rechts
um, wo die hl. Katharina verehrend kniet,
während hinter ihr Johannes der Evan-
gelisi, einen Kelch emporhaltend, und Ja-
kobns der Aeltere andächtig herabschauen.
Links an einem. Gebäude mit einer Säule
auf hohem Postamente lehnt Joseph, in
ein Buch vertieft. Int Vordergründe
rechts und links sitzt je ein musizirender
Engel. — Zwei weitere leicht hingeworfene
Skizzen (Nr. 362 und 363) stellen Maria
als Himmelskönigin thronend, zu beiden
Seiten von je zwei männlichen und zwei
weiblichen Heiligen umgeben, dar, unter
denen St. Joseph mtb Joachim, Jakobus
der Aeltere, Johannes der Täufer, Ka-
tharina und Barbara zu erkennen sind.
Roch figurenreicher ist der Entwurf zu

1) Woltmann, Reformation u. Kunst S. 23.

2) „Histor.-polit. Bl." a. a. O. S. 189.

3) Zeichnungen v. A. Dürer in Nachbildungen
IV. Bd., Berlin 1896.

einer heiligen Sippe, worin der Meister
die hl. Jnngfrail voll ihren heiligell Vor-
fahren mtb Verwandten, Jakob, David,
Joachim mtb Anna, Zacharias, Elisabeth
(die Personen sind durch BeisHristen über
den Köpfen gekennzeichnet) mtb acht weib-
lichen Heiligen (Katharina, Barbara, Agnes
u. s. w.) verehrt werden läßt. Noch aus
dem Jahre 1526 haben wir von Dürer
eilte Kreidezeichnung (Nr. 370) Maria dar-
stellend, welche auf der Mondsichel thront
und mit innigem Ausdruck das göttliche
Kind auf ihrem Schoße altblickt. Daß
andere mehr genrehafte Darstellungelt der
hl. Familie nicht als Beweis für Dürer's
Einverständniß mit der traditionellen kirch-
lichen Marienverehrung dienen können,
wollen wir Zucker gerate zugeben. Die
eben angeführten Handzeichnungen waren
ihnt wohl noch unbekannt; er hätte sonst
nicht so zuversichtlich behauptet: „Weltlt er
etwa eilte Himmelfahrt Mariä oder Maria
als Himmelskönigin ltoch einmal dar-
gestellt hätte, darnt stände allerdings die
Sache attders!" Z Wir stehen davon ab,
ihn beim Worte zu ltehntett! — Eine
ebenfalls nett veröffentlichte Federzeichnung
(Lippmann Nr. 447) mit der Jahrzahl
1523, welche eilt Pontifikalamt in einer
säulenreichen Kapelle im Renaissancestil,
in Gegenwart voll vier weiteren im Hinter-
gründe stehenden Bischöfen vorstellt, gibt
über Dürer's persönliche Stellung zum
hl. Meßopfer kaunt einen Aufschluß. Ich
vermuthe, daß die Skizze mit einem der-
artigen Ereignisse in der Stadt Nürnberg
in Zusammenhang zu bringen ist. 1522
bis 1523 fattd nemlich dort der bekannte
Reichstag statt, alt dem sich zahlreiche geist-
liche Würdenträger betheiligt haben. — Aus
all' diesen Ausführungen geht aber zur Ge-
nüge hervor, daß Dürer als Künstler
die Bahnen der kirchlichen Tradition nie-
ntals verlassen hat. „Man lituß — um
mit den „Historisch-politischen Blättern" ztt
fprechett — von der ganzen Etttwicklung
der katholischen mittelalterlichen Kunst, auf
welcher Dürer fußt und alt bereit Endpunkt
er steht, absehen; man muß sich mit den
so verpönten Gegenständen der Heiligen-
legende mtb selbst mit den so redlich ge-
haßtett Mariendarstellungen versöhnen;

0 A. n. O. S. 65.
 
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