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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 17.1899

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Nr. 5
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Kümmel, Konrad: Die kirchlichen Metallarbeiten, [11]: eine systematische Darstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.15904#0049
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hat die Hand des Künstlers ans einer
flachen Silberblechplatte in unendlich mühe-
voller jahrelanger Arbeit herausgehänrmert!

Mit dieser Charakteristik der Treibarbeit
ist gegeben, daß dieselbe im wahren Sinne
eine Kunst ist mib künstlerisches Auge,
künstlerische Hand in eminentem Maße
braucht. Die wirklichen Meister dieser Kunst
werden denn auch den größten Meistern
der übrigen Kunstzweige ebenbürtig an die
Seite gestellt und ihre Werke darnach ge-
werthet. Den berühmten Jamnitzer'fchen
Tafelaufsatz z. B. oder ein Werk von
Cellini kann nur ein Rothschild bezahlen,
nicht wegen des Material-, sondern wegen
des Kunstwertes.

Wie gestaltet sich nun die Technik des
Treibens im allgemeinen? Zuerst wird
das betreffende Stück Kupfer- oder Silber-
blech über einen festen Kern, der die Ge-
stalt nu allgenreinen hat, die das Werk
bekonrmen soll, durch langsames liub vor-
sichtiges Hämmern (mit Holzhämmern/
geschlagen, bis es demselben sich angepaßt
hat, oder es gibt der Künstler ihm diese
Gestalt aus freier Hand ohne den festen
Kern. Dann werden die einzelnen Reliefs
gleichfalls drrrch Hänrnrern herarrsgetrieben.
Damit aber ein fester Untergrrrnd da ist,
füllt oder umgibt man die betreffende
Form mit Pech, welches einerseits die
nöthige Konsistenz hat, ander erseits nach-
gibt, wenn die Reliefs in dasselbe hinein-
getrieben werden. Ist so die ganze Form
von der Innenseite des Bleches her nach
außen Herausgetrieben worden, so wird
auch die Außenseite noch bearbeitet zur
letzten Vollendung mit den feinsten Punzen
lStahlüäbchen), und schließlich können noch
Gravierungen und andere Verzierungen
folgen. Dian sieht, daß die Arbeit des
Künstlers hier alles ausnracht; er hat nur
die verschiedenen Hämnrer intb Punzen
und das Blech, sonst gar kein Hilfsmittel.

Die Treibkunst ist deshalb aber ailch
die E d e l s ch m i e d e k u n ft; sie ist der
Mittelpunkt der Edelmetallarbeit der Gold-
schmiede ; die eigentliche Gefäßbildekuust
für Edelmetall. Naturgemäß schafft sie!
fast ausschließlich plastische 'Halbfiguren; I
ihre Aufgabe ist die N e l i e f k u n st auf dem
Gebiete der Metallarbeiten. Uebrigens
hat die Treibkunst des Dkittelalters und
Renaissance auch kleinere intb größere 1

Vollfiguren hergestellt; aber das war nur
dadurch möglich, daß sie zunächst je eine
Hälfte der Figur (Vorderseite) und dann
die andere (Rückseite) aus den: Metall
trieb und dann die beiden Hälften zu-
sammenlöthete.

Run einiges Geschichtliche. Die Treib-
k u n st ist gleich ihrer Schwester, der
Schmiedekunst, uralt. Mit dem Entstehen
der Bleche wurde ailch sie ins Dasein
gerufen. Allerdings war sie im An-
| fang noch schlichter unb handwerks-
mäßiger und wuchs erst nllmählig zur
j Ktlust heran. Auf die ersten Arten der
Treibkunst weist uns die hl. Schrift in
ihren Berichten im zweiten und dritten
Buch Moses Hill, wo voll mit Goldblech
umkleideten Pfeilern, von Goldblechwänden
llüt Palmenornamenten darin, voll Gold-
blechüberzügen verschiedener Art u. s. w.
die Rede ist. Auch all der Bundeslade
war zweifelsohne Treibarbeit vertreteli,

^ wie die Goldbecken unb die lnehr als
5000 verschiedenen Geräthe aus kostbaren!
Metall im Tempel zu Jerusaleiu durch
die Kunst des Hamlners hergestellt waren.
Ebenso war diese Kunst bei allen alten
Kulturvölkern bekannt; das beweisen die
, Schliemann'fchen Ausgrabungell ill Troja,

! das beweisen die lleberlieferungen in der
! griechischen Geschichte über die Meitzer
^ Kalamis, Polpklet, Myrmekides, Kalli-
krates intb den Silberschmied Mentor
(256), der für zwei getriebene Becher die
Riesenfumme voll 10 000 M. nach uilserrn
(55etb erhielt. In Miniatliren arbeitete
Pytheas, der lloch theurer bezahlt wurde.

Aus den ältesten Zeiten stamlilen die
ili Birs-Rilnrud ausgegrabenen Rtetall-
arbeiten der Treibkullst: Kupferkessel unb
andere Gegenstände mit getriebenen Or-
namenten. Eine altassyrische Schüssel zeigt
Wild unb Rindvieh in getriebener Arbeit.
Die griechische Plastik erhob die Treib-
knnst zur höchsten Blüthe. Aus denl
dritten Jahrhundert v. Ehr. stanunt ihr
schönstes Werk, der bei Wris gefnndene
Panzer mit einenl Hochrelief, Amazonen-
kampf, in getriebener Arbeit. Das Metall
ist theilweife so dünn geworden, wie Schreib-
papier ! In Roni gab es zur Kaiserzeit
eine eigene Zunft der Kupferschmiede, deren
Haupterzeugnisse Waaren in getriebener
Kunst waren. Cap na war wegen seiner
 
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