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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 17.1899

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Nr. 5
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Detzel, Heinrich: Ein Gang durch restaurirte Kirchen, [11]
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Mayer, Franz Xaver: Die romanische Martinskapelle oder die Schenkenkapelle in Comburg, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15904#0053

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45

Das gemalte Fenster der Evangelien-
seite bringt zwei Vorgänge aus dem Leben
des hl. Maguns, des Apostels des
Allgänes, zur Darstellung. Der Heilige
zog aus ben Wunsch eines frommen
Priesters, Tozzo, der das Grab des hl.
Gallus besuchte, mit seinem Begleiter
Theodor ins Allgäu. Unterwegs sprach
sie, wie die Legende erzählt, ein Blinder
um ein Almosen an; Magnus bestrich
mit seinem Speichel des Blinden Augen
itttb der Blinde sah, siel dein Heiligen zu
Füßen, dankte Gott lutb wollte sein
Junger werden. Sie hatten nach der
Volkssage ein Licht bei sich, das bei ein-
brechender Nachtzeit sich selbst anzündete
lind fortbrannte, ohne daß die Kerze kleiner
wurde, — ein schönes, sprechendes Bild
der Ausbreitung des Christentums und
dessen die Finsterniß erleuchtender, nie ab-
nehmender Kraft. Auf den: Wege hatten
sie mit Schlangen und Drachen zu käm-
pfen, die der hl. MagnnS vertrieb, indem
er die Gegend mit feinem Stabe im
Namen Jesu segnete. Diesen Vorgang
bringt nun das obere Medaillon dieses
Fensters zur Darstellung: wir sehen am
Saume eines Waldes tu hügeliger Gegend,
wie sie das Allgäit zeigt, einen blinden
Mann mit aufgehobenen Händen vor bem
Heiligen knieen, der mit der Rechten feinen
Abtstab erhebt und mit der Linken die
Augen des Blinden bestreicht. Daneben
steht der Bruder Theodor nnb hält die
brennende Kerze, während utmt tut Hinter-
gründe die verscheuchten Schlangen und
Drachett dent Walde zu kriechen sieht.

Das untere Bild zeigt den Tod des
Heiligen. Nach der Legettde stand, als
der hl. Magnus am Sterben lag, Tozzo,
der nnterbeffen Bischof von Augsburg ge-
mordett feilt soll, an seinem Lager. Er
verschied eint 6. September, der eben ans
einen Sonntag siel, im Alter von 74
Jahren, wahrscheinlich im Jahre 655.
Bald darauf habe man die Stimme ge-
hört: „Komm, Magnus, empfange die
Krone, welche der Herr dir znbereitet
hat." Wir sehen auf unserem Medaillon
den Heiligen auf seinem Lager halb er-
hüben und das Sterbekreuz in der Rechten
haltend. Ans der rechten Seite des Sterbe-
lagers steht der Bischof Tozzo und betet
mit aufgehobenen Händen, aus der linken

Seite steht der Begleiter des Heiligen,
seinen Stab haltend, während man über
dem Haupte des Sterbenden eine Krone
schweben sieht, die von einem Strahlen-
kranz umgeben ist.

Entsprechend den schönen Skizzen und
Kartons, die für die Fenster gefertigt
wurden, ist auch die Uebertragung der-
selben aus Glas eine meisterhafte, eben-
falls wahrhaft künstlerische. Die Farben-
gebung ist eine brillante, harmonisch gut
gestimmte und äußerst wohlthuende. Rur
Gläser mit herrlichem Farbentone sind
angewendet tvorden. Diese neuen Glas-
gemälde, die Glasmaler Gnant in die
Pfarrkirche nach Hofs geliefert, rechnen
wir sowohl wegen ihren originellen Ent-
würfen als ihren herrlichen, glnsmalerisch-
technischen Ausführungen zu den schönsten
des Allgäues. Sie können bei ihrer soli-
den Ausführung und ihrem vorzüglichen
Material Jahrhunderte lang eine Zierde
der Kirche und eine Freude und Erbauung
für die Gemeinde sein.

(Fortsetzung folgt.)

Die romanische LNartinskapelle

oderDieSchenkenkapelle i n C o m b u r g.

Von F. X. M a tj e i', Zuchthauspfarrer
in Ludwigsburg.

Die Ochenkenkapelle, im Süden der Stifts-
kirche in Comburg gelegen, birgt in fich Grab-
steine, angefangen von den ältesten Deutsch-
lands, durch alle Style der Jahrhunderte, vom
> 12. bis ausgangs des 17. Jahrhunderts, von
ben einfachsten, auf denen die Wappenschilde nur
eingeritzt sind, bis zu den vollendetsten in schönen,
ganzen Rundfiguren, mit einfachen kurzen In-
schriften in Minuskeln bis zu prächtig ausge-
bildeten Majuskeln der Gothik.

So zeigen die Epitaphien und Grabsteine den
Entwickelungsgang, die Art, wie man das An-
denken der Verstorbenen durch die Jahrhunderte
ehrte, mit der Kunst vorwärts und rückwärts
schreitend, den Entwickelungsgang, den die Skulptur
j und die Schrift in Stein nahm und es treten
! uns zugleich aus ihnen die Männer entgegen,
ivelche für Comburg und Umgebung von Be-
deutung waren. Daher wird es fich der Mühe
lohnen, dieselben aus genauer Beschreibung kennen
zu lernen. Bis jetzt haben nur wenige von ihnen
eine eingehende Schilderung erfahren in der Zeit-
schrift für Württ. Franken (1849 S. 103; 1858
S. 443 ff.; 1801 S. 408; 1802 S. 97; 1865
S. 99 ; 1872 S. 239); in Schönhuth: die Burgen,
Klöster, Kirchen und Kapellen Württembergs; eine
kurze Beschreibung enthält: Müller, Schloß Com-
burg 1894. Ehe wir die einzelnen Grabdenkmale
 
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