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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 17.1899

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Nr. 6
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Kümmel, Konrad: Die kirchlichen Metallarbeiten, [12]: eine systematische Darstellung
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Detzel, Heinrich: Ein Gang durch restaurirte Kirchen, [12]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15904#0060

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des Abtes Dominikus vom Benediktiner-
ftöfter in Füßen für die dortige Sankt
Magnuskirche innerhalb zweier Jahre
(1728—1730) von bem Augsburger Meister
H e r ko mm e r hergestellt wurde. Wir
entnehmen darüber den Benediktinerstndien
folgende Mittheilungen: Der oberste Theil
dieser kunstvollen Lampe war eine Art
Baldachin, unter welchem aus einer ver-
goldeten Kugel die heiligste Dreifaltigkeit,
die von zwölf Sternen umgebene seligste
Jungsrau krönend, angebracht war. Der
mittlere, cylindersörmige Theil stellte die
neun Chöre der Engel dar — Engels-
gestalten ans reinem Silber, welche
silberne Leuchter trugen. Der untere,
globussörmige Theil veranschaulichle die
Gesammtheit dsr seligen Himmelsbewohner
und trug die Bildnisse der Ordeusheiligen
Benedikt, Scholastika, Magnus, Columban
und Gallus. — Statuen von 3 Fuß
(0,87 Meter) Höhe! Von diesen: Theile
liefen sechs große Arme mit kleinen
Lampen von rothen: Glase aus. Zu unterst
umreit zwei Engelsfiguren, schwer von
Silber, angebracht, welche die abteilichen
Insignien (Stab und Mitra) hielten.
Dieser Kronleuchter hatte eine Höhe von
36 Fuß (10,51 Meter) und eine Breite
von 18 Fuß (5,25 Meter). Das Silber
allein an ihr hatte ein Gesammtgewicht von
säst 4 Zentnern (784 Mark 13 Loth)
und einen Werth von über 15 000 Gulden;
hiezu kommen noch viele Kupfertheile, deren
Vergoldung wieder 3800 Gulden kostete.
Das Material des ganzen Werkes kostete
allein 20 745 Gulden. Alles war mit einigen
Ausnahmen edelste Treibarbeit an dem-
selben. Die Säkularisation, die in Bayern
mit besonderer Zerstörungslust hauste, ließ
auch dieses Werk spurlos verschwinden,
wohl um einen Spottpreis in Inden-
Hände, wie das säst immer der Fall war.
Wir glaubten umsoiuehr an dieses kolossale
Stück erinnern zu sollen, als dasselbe
allem nach gänzlich vergessen ist (auch
Baumaun in seiner „Geschichte des Allg."
erwähnt nichts davon). Wie wenig das
Kloster dabei knauserte, das geht ans der
Thatsache hervor, daß der Abt, der an-
fangs nur 3000 Gulden für eine Ampel
ansgeben wollte, angesichts des pracht-
vollen Entwurfs keine Bedenken trug, das
zehnfache dafür auszugeben, nur um das

s Heiligtum mit einein Werk von selbst da-
mals nicht geahnter Großartigkeit schmücken
zu können. (Fortsetzung folgt.)

Lin Gang durch restaurirte Rirchen.

Von Psr. Detzel.

(Fortsetzung.)

14. Wurmlingen bei Tuttlingen.
Aus dem Allgäu begeben wir uns in den
Schwarzwald. Hier finden wir eine der
interessantesten Kirchen nicht bloß dieser
Gegend, sondern der ganzen Diözese, in-
teressant nicht etwa wegen ihres Alters
oder ihrer Größe, sondern wegen ihres
Stiles und ihrer einheitlichen Ausstattung
in diesem Stile. Die dem hl. Gallus ge-
weihte Pfarrkirche iu Wurmlangen bei
Tuttlingen ist nemlich im Stile Lud-
wigs XVI., im Stile des sogenannten Klassi-
cismus (Cäsaren- oder Empire-Stil) erbaut.
Sie stammt aus jener Periode des Rokoko,
wo bereits der Ueberdruß au der bis-
herigen Uebersülle und absoluten Regel-
losigkeit iu der Kunst sich einstellte, und
wo man sich allmählig von dieser Unnatur,
namentlich in der Dekoration abzuwendeu
begann und zu einfacheren, mehr ruhigeren,
wenn auch noch kalten Formen der römischen
Kunst (Klassicismns) zurückzukehren ver-
suchte. Wir wüßten nur noch eine Kirche
iu unserer Diözese, die vollständig in
diesem Stile durchgesührt ist, nemlich die
Kirche des ehemaligen Chorsrauenstistes,
früheren Augustinerklosters in Buchau, ])
1774—1776 erbaut; während aber hier
innen das Langhaus eine sehr breite, ganz
ungewölbte, durch schlanke Pfeiler in drei
Räume getheilte Zelle bildet, die sehr licht
und freundlich ist, aber wenig kirchlichen
Charakter hat (vgl. Ke pp l er, Kunstalter-
thüiuer S. 265), ist die Kirche in Wurm-
lingen zwar nur einschiffig, zeigt aber
einen ganz guten kirchlichen Charakter;
das Schiss, 20 m lang und 13 m breit,
ist stach gewölbt und sind die Wände durch
Lisenen belebt, aus welchen gleichsam die

') Einzelne Theile von Kirchen, die diesen
Stil zeigen, finden wir auch in R o t h, OA. Leut-
kirch, Wiblingen, Neresheim; dann zeigt
die ganze innere Ausstattung der gothischen
Kirche in Sa lein in Baden diesen Klassicisinus,
wonach der Kreuzaltar in Weissenau bei Ra-
vensburg gebildet ist.
 
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