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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 17.1899

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Nr. 6
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Detzel, Heinrich: Ein Gang durch restaurirte Kirchen, [12]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15904#0064
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gieng und das Werk in jeder Weise
förderte.

Was nun zuerst die Ausmalung
der Kirche aulaugt, so ivar es vor
allem Aufgabe des Dekorationsmalers, die
mehr kälteren Formen des Klassicismus,
wie sie die Kirche zeigte, 51t künstlerischer
Wärme zu erheben, die einfacheren, aber
mehr vornehmen Zierglieder dieses Stiles
durch eben solche Farbengebung gu be-
leben und neehr hervorzuheben. Es lnußte
daher jede Neberladuug wie jede zu starke
Farbengebung strengstens vermieden und
Töne gesucht werden, welche bem einfachen,
aber vornehmen Charakter des ächten
Klassicismns entspräche«. In diesem
Geiste und in biefem Sinne wurde denn
auch die Farbenskizze, von der wir hier,
soweit es die Photographie vernlag, eine
Abbildung geben, entworfen, mtb zwar von
dem Dekorationsmaler Halls Martill
iil München, der diese Farbenskizze selbst
schon zil einem Kunstwerke gestaltete.

Die Kirche hat eine flach gewölbte Decke
mit Stichkappen über den Fensterli mtb
ist diese Decke im Langhanse in fünf
Traveen eillgetheilt mtb hat drei Bild-
flächen. Diese Bildflächen silid mit einem
Stuckrahmen aus Lorbeerblätteril lnngebell,
welche in Weiß mit Gold behandelt sind.
Die Gurten, welche auf beit Pilastern der
Wände ansetzen, sind aus flach neben
einander liegenden mtb von einem Friese
eingerahmten Rundstäbeil gebildet, unter-
brochen durch zwei Kassetten, ans welchen
Festons herailshängen. Diese Friese und
Kassetten der Gurten wurden weiß, die
Festons in Silber und die Rundstäbe in
Goldton, mit Gold aufgelichtet, behandelt.
Der Grundton der einzelnen Felder ist
ganz leicht grau mit einer schwachen
Nüance ins Violette gegeben und sind in
diesen grauen Feldern theils an den Längs-
seiten in Kandelaberart in Goldton ge-
haltene Träger aufgemalt, aus welchen
Guirlanden hängen, theils sind diese Gnir-
landen als freihängend gemalt. Das
Violettgrau im Grnndton der Felder läßt
dieselben luftig und in die Höhe gehend
erscheinen, während das schmale, rothe
Frieschen eine energische, die Konstruktion
des Feldes hervorhebende Begrenzung
bildet. Die Stichkappen haben oben in
der Mitte große, runde, mit Friesen um-

rahmte Felder, in welchen plastische
Strahlenrosetten angebracht sind, links und
rechts nach unten ziehend sind leere Rau-
tenfelder ebenfalls plastisch angebracht.
Die Friese sämmtlicher Felder sind weiß
mit goldenen Lichtern; der Grnndton der
obern runden Felder ist blau und die
Strahlen aus bloßen Linien bestehend,
sind aus Gold und Silber, welche durch
diese Abwechslung eine zmitternde, be-
wegte Wirkung ans das Auge ausüben,
die rautigen Felder dagegen sind röthlich-
grau, kalt, damit sie nicht wie dem Auge sich
nähernd wirken. Diese Art der Behand-
lung der Stichkappeil vermittelt so wohl-
thnend den Ausgleich und Uebergang von
der Decke zur Wand, die selbst wieder
einen tieferen grauen, ins Gelbgrünliche
schimmernden Grnndton hat. Die plastisch
ausgeführten Pilaster an beit Wänden
haben weiße Füllungen und rothe Friese
mit in Goldton gehaltenen Kapitälen, über
denen die röthlich marmorirten Aufsätze,
weißen Gesimse u. s. w. stehen. Die
weißen FüllungM bekamen in Goldton
gemalte Ornamente und sind ans * 3 Höhe
unterbrochen durch die Apostelkrenze; die
Füllungen darunter sind weiß marmorirt.
Die Fensterninrahinnngen bilden plastische,
flach gehaltene Friese, die weiß gehalten
sind und unter welchen Guirlanden hängen.
Der Chorbogen ist reicher bemalt: weiße
Füllungen mit blaugrauen Friesen, die
Ornamente Goldton und theils Gold selbst
mit den Symbolen der sieben heiligen
Sakramenten. Der Chor der Kirche ist,
wie er auch die gleichen plastischen Orna-
mente zeigt, in gleicher Weise dekorativ
ausgemalt. Beicht- und Chorstühle sind
in blaugrünem Tone gestrichen und die
einzelnen Bantheile durch wenige Gold-
linien hervorgehoben. Bei aller und jeder
dekorativen Ausschmückung findet utan leicht,
daß in erster Linie ans das Charakteristische
des Empirestiles Rücksicht und Augenmerk
genommen wurde sowohl in den Ein-
theilungen als den Ornamentzeichnnngen
und man erkennt sofort, daß von dem
ausführenden Meister zuvor eingehende
Studien über diesen Stil gemacht sein
mußten. Es ist denn auch die ganze
Wirkung und Stimmung der Kirche in
Folge dieser Art von zarter Behandlung
eine äußerst günstige, sie macht einen sehr
 
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