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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 17.1899

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Nr. 8
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Ueber Orgelbau
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.15904#0087

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feine — Stilfcmatifer und tonnen uns nicht zu I
dein Grundsatz bekennen, daß sich die Bedürfnisse
des Gottesdienstes dem schulgerechten Kirchenstil
unterzuordnen haben! Die Kirche ist für den Gottes-
dienst und nicht dieser für die Kirche da; und wenn
es wahr ist, was in Reden und Schriften oft genug
betont wird — daß nemlich unter allen Künsten
die Tonkunst dem Altäre ideell am nächsten steht,
so folgt nothwendig daraus, daß auch den Organen
der Tonkunst, Orgel und Kirchenchor, ein Platz
eingeräumt wird, von dem aus dieselben ihrer
hohen Aufgabe vollauf gerecht werden können.
Wenn in protestantischen Kirchen, in welchen der
sog. Gemeindegesang üblich ist und ein Kirchen-
chor entbehrt werden kann, vor dem Spieltisch der !
Orgel nur ein schmaler Raum gelassen wird, so :
mag das genügen; beim Neubau einer katholischen j
Kirche dagegen wird der kundige Architekt berech- !
neu, wie stark die Orgel und der Kirchenchor sein
müssen, damit deren Tonvolumen der Räumlich-
keit der Kirche und ihrer Akustik entspricht, und
darnach muß natürlich auch der Raum der Orgel-
empore bemessen werden. Das sind, sollte man
meinen, ganz selbstverständliche Dinge.

Wir wissen wohl, daß Theorie und Praxis,
hier Kunst und Praxis, miteinander im Wider-
streit liegen, d. h. je mehr eine Kirche einseitig
nur nach den Regeln der Stilgerechtigkeit und der
Kunstästhetik gebaut wird, desto unpraktischer wird
sie werden, wogegen, wenn nur die Forderungen
der praktischen Zweckmäßigkeit berücksichtigt werden,
Konzertsäle und Schaubühnen daraus entstehen!
Der durchgebildete und erfahrene Architekt wird
also Kunst und Praxis miteinander auszugleichen
und zwischen beiden einen Kompromiß zu schließen
suchen. Gelingt ihm das, dann wird die Kirche
recht werden. Wir halten es darum für keine
architektonische Todsünde, wenn gegebenen Falles
dem Kirchenchor zu liebe einmal mit der Empore
bis zu dem zweiten Säulenpaar vorgerückt wird.

Um nun wieder auf den eingangs berührten
Mißstand zurückzukommen, so sind die hinter der
Orgel angebrachten Fenster (Rosetten) für den
Bestand derselben von größtem Nachtheil. Zur
Sommerszeit fallen die brennenden Sonnenstrahlen
auf die Orgel, und zwar gewöhnlich nur auf
einen Theil derselben, dadurch wird die Stimmung
der betreffenden Pfeifen eben dieses Theils höher
und dadurch die Totalstimmung der Orgel eine
ungleiche. Die Holztraktur wird durch die Hitze
verlängert, die Ventile werden nicht mehr richtig
geöffnet, um die nöthige Quantität Wind einzu-
lassen und es entsteht dadurch der sog. „jam-
mernde Ton". Im Winter tritt das Gegentheil
ein. Die durch die Fenster eintretende Kälte und
Feuchtigkeit bewirkt, daß die Holztheile aufquellen,
die Abstrakten sich verkürzen, die Ventile nicht
mehr vollständig schließen, was dann ein ebenso
widerwärtiges Nachtönen und Heulen der Re-
gister zur Folge hat. Will man also des archi-
tektonischen § chmuckes einer Rosette nicht ent-
rathen, so schütze man das Orgelwerk gegen die
feindlichen Sonnenstrahlen durch eine solide Holz-
verschalung, welche auch dann wohl angebracht ist,
wenn die Orgel hart an einer feuchten Stock-
mauer steht. Bisweilen sieht man in alten und
neuen Kirchen das Orgelwerk in zwei Seiten-
theile zerlegt, während die Rosette wie die Sonne

zwischen zwei Wollen mitten hindurchblickt. Das
schadet allerdings den Orgeltheilen nicht, dagegen
nimmt der Lichteffekt das Ange dermaßen ge-
fangen, daß das Orgelgehäuse dem Blick beinahe
entschwindet. (Aehnliches ist der Fall, wenn hinter
oder über dem Altäre eine blendende Rosette an-
gebracht ist, als ob's ein persischer Sonnentempel
wäre, wogegen zwei Seitenfenster bei dunklem
Hintergrund den Altar vortheilhaft hervorheben.)
Man sieht also auch hier, daß Kunst und Praxis
bisweilen aufeinander eifersüchtig sind!

Wir wollen den Herren Architekten durchaus
nicht in ihr „Handwerk" hineinreden, allein, da wir
Kirchensänger heißen, müssen wir die Interessen
von Gesang und Orgelspiel tvahrnehmen, denn
hier find wir Sachverständige. (Aus „Der ka-
tholische Kirchensänger", Organ des Cäcilien-
vereins der Erzdiözese Freiburg. Nr. 13.)

Literatur.

DiekatholischeKir ch e und ihre Diener
in Wort und Bild. II. Band. Die
katholische Kirche in Deutschland,
D est erreich - Ung nnt, Lu rein b ur g
und S ch m e i z.

Seitdem wir den Beginn des zweiten Bandes
dieses Werkes ftn Nr. 4) angezeigt haben, sind
sieben weitere Hefte (3—9) erschienen, eine rasche
Aufeinanderfolge der Lieferungen, ivelche zugleich
unsere Vermuthung, daß auch dieser zweite Band
ein Prachtmerk tverde gleich dem ersten, schon wie
zur Gewißheit macht. Nachdem im zweiten Hefte
die kirchlichen Verhältnisse im Deutschen Reiche
im allgemeinen besprochen wurden, kommen am
Schlüsse desselben die einzelnen Kirchenprovinzen
zur Behandlung und wird mit Bamberg begonnen.
Dann folgen der Reihe nach die Bisthümer und
Erzbisthümer: Eichstätt, Speyer, Würzburg, Frei-
burg, Fulda, Limburg, Mainz, Rottenburg, Köln,
Paderborn, Trier, München, Augsburg, Passau,
Negensburg, Gnefen-Posen und Kulmbach. Die
Reihe der Aufsätze über die dem heiligen Stuhle
unmittelbar unterstellten deutschen Bisthümer er-
öffnet der über das Bisthum Breslau, zu welchem
auch ein in Oesterreich liegender Antheil gehört
und dem auch der sogenannte Delegationsbezirk
(Brandenburg und Pommern mit Berlin) unter-
steht. Ihm folgt die Skizze der im äußersten
Osten des Reiches liegenden Diözese Ermland mit
Frauenburg als Bischofssitz; dann folgen Hildes-
heim, Metz, Osnabrück und Straßburg, vier Bis-
thümer, die ebenso ehrwürdig sind durch ihr Alter,
wie ihre ruhmvolle kirchengeschichtliche Vergangen-
heit, deren Kathedralen und Kirchen auch eine
große Fülle kirchlicher Kunstschütze bergen, wie
dies gerade in dem betreffenden Hefte schon an
den Illustrationen ersichtlich ist. Es bietet über-
haupt jeder einzelne Aufsatz auch gleichzeitig einen
kurzen Abriß der Tiözesangeschichte, so daß, wenn
das Werk vollendet ist, gleichsam eine summarische
Geschichte der Kirche Deutschlands, Oesterreich-
Ungarns, Luxemburgs und der Schweiz vorliegt.
Ferner gibt jeder Aufsatz die lokale Beschreibung
ver betreffenden Diözese, den gegenwärtigen Stand
der Seelenzahl der Pfarreien, die Zahl der Kirchen,
Wallfahrtsorte, Ordensniederlassungen, geistlichen
i Unterrichts- und Erziehungsanstalten, ferner gibt
 
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