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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 17.1899

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Nr. 9
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Hafner, Otto: Neu entdeckte Wandgemälde in der Gottesackerkapelle von Bieringen, Oberamt Horb, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15904#0090

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78

Amts Rottenburg. (Oberaintsb eschreibnng
non Horb, S. 147.) 1485 errichtete

derselbe hier eine Kaplanei. Bis in diese
Zeit reichen die Bieringer Jahrtags-
stiftnngen zurück (vergl. Psarrregistratnr).
Dieses Geschlecht der Ehinger, schon den
Hohenbergern lehenspflichtig (vergl. Schmid,
Geschichte der Grafen von Hohenberg,
S. 514 ff.), war aber jedenfalls schon im
14. Jahrhundert Patronatsherr der da-
maligen Pfarrkirche, jetzigen Gottesacker-
kapelle. 2. Dezember 1366 nemlich wird
int Auftrag Urbans V. Siglin Winterbir
von Horb in die Pfarrkirche hier, deren
Einkommen cmf 20 Goldgulden, ungefähr
— 190 Alark, geschätzt wird, eingeführt.
Diese Stelle war vakant geworden, weil
der srlihere R e k t o r P e t e r v o n
E h i n g e n , Kleriker derselben Diözese,
die Kirche ohne Empfang der Priester-
weihe uub znsantmen mit andern Pfarr-
kirchen inne gehabt hat. <Urk. aus bem
Batik. Archiv in Württ. Geschichtsgnellen
II, 470 Nr. 255.) lieber den Kirchen-
patron unserer Kapelle fehlen urkundliche
Nachrichten.

Nach biefent zum Verständnis noth-
ivcndigen historischen Exkurs eilen wir zu
den Wandnialereien. Dieselben befinden
sich ans der Nord-, Ost- und Südseite. Unter
den Bildern zieht sich (auf der Nord-
und Ostseite noch gut erkennbar) auf bem
Boden aufstehend in einer Höhe von
190 cm ein gemalter Vorhang mit Quasten,
Falten und Netzen hin. Darüber windet
sich eine rothbraune Schlangenlinie (Misch-
ung von fenrigbrauner tcii'a di Siena
und mehr gelbrothem italienisch Roth),
lieber dieser kommen in doppelter Reihe
die Bilder. Letztere schließt gegen die
l spätere) Holzdecke eine Bordüre nnt
taufenbem kleinen Ornament ab. Mit
der Betrachtung der Bilder beginnen
nur auf der

A. Nordsei te.

I. Links von dein (1715) an Stelle
eines noch erkenntlichen spitzbogigen,
eingesetzten Fensters sind vier Dar-
stellungen auf der Wand angebracht.
Die oberen zwei Scenen gehören zusammen
wie die zwei darunter befindlichen. Oben
links auf einem 90 cm hohen und 1 m
breiten Feld erkennen wir in der linken!
Ecke nur noch eine 70 cm hohe stehende I

Franengestalt mit gelbem Heiligenschein in
mittelalterlicher Tracht: langes, wallendes,
weißes Untergewand nnt graubraunem
Mantel uub risenartiger Kopf- und Hals-
bedecknng. Daneben glaubt man den
Kopf einer andern Gestalt zu erkennen.
Die Frauengestalt ist unzweifelhaft Maria
und aus der ganzen Haltung (analog
anderen Darstellungen) schließen wir ans
die Hei m su ch u n g Wc a r i ä. — In dem
rechten 90 cm hohen und 75 cm breiten
Feld getrennt von der vorigen Scene
durch einen spitzbogenartigen Streifen ist
in der rechten unteren Ecke ein Kindlein
zu sehen, das mit zwei Bändern mnmien-
artig eingeschnürt in einem kahnartigen
gelbbraunen Korbe (Wiege) liegt. Links
davon ist ein langer, branngrauer Flecken
und dahinter ein großer rother Farbflecken
(Gewandstücke?) sichtbar. Hier ist offen-
bar die Anbetung des Christkinds
dargestellt. — Unter dieser Bilderreihe
ans der Geschichte Marias uub des Christ-
kinds sehen wir zwei andere Bilder. Im
linken uutci'eu Feld, welches 110 cm hoch
und 90 cm breit ist, läßt sich deutlich
erkennen Christus am Oelberg mit
den schlafenden drei Aposteln. Der Hei-
land (60 cm hoch) kniet im langen, grau-
braunen Obergewand da mit aufgehobenen
Händen. Das Antlitz ist verblaßt. Im
Hintergrund erscheint ein Engelskopf, der
angelus confortans; an einem Felsstück,
auf welchem ein rundlicher Kelch steht,
liegen die drei Jünger. Sehr edel ist
die Gestalt des der Länge nach daliegenden
Petrus (55 cm lang), hinter ihm in ähn-
licher Lage ein anderer, rechts von Petrus
der dritte, der sitzend, den Arm auf das
Knie gestützt, schläft. Petrus trägt ein
branngranes Obergewand, ein weißes
Unterkleid und eine rothe zweifache Gürtel-
schnnr. Alle drei haben, wie überhaupt
alle heiligen Gestalten der Scenen, schön
geformte, große, gelbe Heiligenscheine. —
Rechts von dieser Scene, getrennt durch
einen 4—6 cm breiten gelben Rahmen,
befindet sich (110 cm breit, ebenso hoch)
die G e f a n g e n n e h in tt ngIe s n. Man
sieht links über beit Querbalken etwas
noch hereinragend eine das Schwert hal-
tende Gestalt (Petrus). Der Griff des
Schwertes und der obere Theil der Klinge
sind noch sehr gut erhalten. Im Hinter-
 
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