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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 17.1899

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Nr. 10
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Kümmel, Konrad: Die kirchlichen Metallarbeiten, [15]: eine systematische Darstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.15904#0104

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Die kirchlichen Dletallarbeiten.

Eine systematische Darstellung von
Konrad K ümm el.

(Fortsetzung.)

B. Die Bearbeitung der Metalle.

IV. Die Surrogate für kunstg
rv e r b l i ch e M etall - Handarbeiten.

Was ist uun vou deu beschriebenen Sur-
r o guten mtb Fabrikwaaren 51t sagen?

Int allgenteinen gilt der Grundsatz, daß
jeder Schein, jede Unächtheit, jedes Surro-
gat, jede Dutzendware, jedes gewöhnliche
1111b alltägliche Marktprodnkt, jedes Stück,
das wenigstens nicht in ettva vor den:
ktinstlerischen Blicke unb Urtheil bestehen
kann, vom Heiligthum ausgeschlossen sein
sollte. „Den: Höchsten — das Beste,"
das ist die selbstverständliche Devise für
den Dienst des Heiliger!. Und dahin es
zu bringen, daß dieser Grundsatz aus allen
Gebieten der kirchlichen Kunst durchgeführt
wird, das ist ja seit bald fünfzig Jahren das
unablässige Streben der kirchlichen Kunst-
vereine lutb Kunstauktoritäten. Aus dein
Gebiete der kirchlichen Baukunst ist die
Zeit der greulich stillosen „Finanzkammer-
säle und -.Scheunen" glücklich und de-
finitiv überwunden und unsere Archi-
tekten müssen sich ernstlich darnit abgeben,
nicht blos die äußeren Kennmale des
romanischen mtD gothischen Stiles nachzu-
ahmen und anzubringen, sondern int Geist
der Alten zu konstruiren und besonders
die B erh ältniss e zu studiren; auf
dein Gebiet der Bildhauerkunst ist uutn
von den nüchternen und geistlosen Bieder-
mannswerken, Schilderhäusern, stilisirten
Holzkisten mtb Drehtabernakeln vorange-
schritten zur geistvollen Belebung der
Materie int Dienste der Kunst, zu wirk-
lich gothischen Altären, Kanzeln und Stuhl-
werten, mtb wenn auch noch lange nicht
alle aus dieser Höhe sind, so kann ntmt
mit Bestimmtheit annehmen, daß auf der
ganzen Linie zu einem Fortschritt in diesen:
Sinne gedrängt wird ; gerade manche herr-
lichen Erzeugnisse der Altarbauknnst aus
jüngster Zeit weisen darauf hin. Die
Parantentik hat längst und gründlich mit
dem Baumwolle-Zeug und dein Baß-
geigenformate und dergleichen gebrochen
und neben dein solidett Linnenvorrath
birgt fast jede Sakristei für ihre Feste
Erzeugnisse ächter Nadelmalerei und guter

Seidenstoffe. Ein gleicher Umschwung hat
sich ans den: Gebiet der Kirchenmalerei, so
! der signralen, wie der blos architektonisch-
ornamentalen, der Glasfenster mtb ihrer
Behandlung vollzogen. Was iit Beziehung
auf Kirchengesang und Kirchennutsik alles
geschehen ist, das verdient das höchste und
ausgezeichnetste Lob. Die Reform aller
dieser Gebiete ist erfolgt nach den: Grund-
satz: kein falscher Prunk, aber wahre Kunst,
ächte Schönheit, würdige Werke, denen selbst
bei aller Einfachheit der Stempel ihrer
höheren Bestimmung eingeprägt ist.

Genau d i e s e l b e n G r u n d s ä tz e gelten
auch für die Werke der kirchlichen
Me tallarbeit und zwar nur so mehr
und intensiver, als die allerineisten dieser
Werke int eminentesten Sinne zum Dienste
des Heiligsten bestinnnt sind. „Deut Höch-
sten das Beste, das Schönste, das Voll-
endetste!" Hinweg vorn Altar und vorn
Tabernakel rrrit allein, was nach Material
und Herstellungsart profan, niedrig, ge-
meine Marktware und fabrikmäßiges
Dutzenderzengniß ist; hinweg vor allein
hier mit dein Schein-, Trug- und Surro-
gatenwesen! Leider aber ist hier viel, viel-
leicht rnehr gesündigt worden, als ans
allen anderert Gebieten kirchlicher Kunst und
wird heute noch mannigfach gesündigt, —
gesündigt bis nahe an den Betrug hin.
Es wird gerne zugegeben, daß auch dieser
kirchliche Knnstzrveig gleich den andern erst
allrnählig und stufenweise wieder erstehen
mußte und daß viele Werke ans den 50er
und 60er Jahren bei allen Fehlern doch
beit guten Willen zeigen; aber es darf
tvohl auch gesagt werden, daß sich der
Metallarbeiter fast ttiemals eine kirchlich-
künstlerische Auktorität in dein Maaße an-
genomnten hat, wie z. B. der Architektur,
Plastik, Malerei und Parantentik. So
hatten die Händler unb Fabrikanten einer-
seits und die unkünstlerischen und verständ-
ttißlosen Metallhandwerker einen großen,
wenig oder meist gar nicht beaufsichtigten
Spielraum. Und heilte noch bleibt aus
dein Gebiete der kirchlichen Metallknnst
speziell tu unserer Diözese vieles zu wünschen
übrig, so tüchtige Einzelerzengnisse ans
neuester Zeit wir auch allmählig tvieder
sehen dürfen. Wir wollen uns in keine
Kritik unserer kirchlichen Ateliers, noch in
j einen Vergleich mit denen anderer Diöze-
! sen, z. B. Freiburg, München, Trier,
 
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