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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 17.1899

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Nr. 11
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Schöninger, Artur: Die Spätgothik in Schwaben, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15904#0110

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96

und dessen spätgotischen Kunstdenkmalen.
Wir dürfen da wohl unterscheideil zwischen
deli eigentlichen Monnmentalbanten nur»
zwischen bescheideneren Ballten. In bei-
deil erkellllen intt> schauen mir die Schön-
heiten der Periode je nach ihrer Art, wohl
auch, um nicht ganz als Lobredner lind
Vertheidiger zil erscheinen, manche Fehler
und Alängel.

Der herrlichste Nlonnmentalbau spät-
gothischer Zeit ist das U lut e r Acüuster.
Deinen herrlichen Dhurmban hat Eugen
Keppler bei ähnlicher Gelegenheit, lvie
heute, geschildert. Dieser Ban zeigt uns
die späkgothische Formenwelt im schönsten
Lichte. Wie mit Filigran übersponnen
ist der massige Unterbau und wie leicht
hebt sich die Pyramide mit den zierlichen
Kronen ilud Lränzen in die Lilft! Unten
die herrlichste Vorhalle der Gothik, oben
die höchste und zierlichste Spitze! Dieser
Dhnrm wäre wohl der beredteste Ber-
theidiger spätgothischer Knust. Zur Er-
nüchterung unserer also anbebenden Be-
geisterung liegt hinter dem Dburul ivie
ein riesiger Sarg das gewaltige, aber
einfache Münster. Die Strebebogen, Fia-
len, Gallerien w. sind ein Werk neuerer
Zeit: ob sie so geplant ivaren früher, ist
llicht llachgewiesen. Der Dburul ivar so
geplant liaeb Böblingens Entlvnrs. Sei
es, daß das Material - es ist der
Hauptsache nach Backsteingenläiler - - die
Nüchternheit des Baues bedingte, sei es,
daß »lau mit Fleiß einfacher baute, weil
eben das Münster doch blos die Pfarr-
kirche einer Stadk, nicht eine Enthedrale
seim sollte, hu Vergleich zu ähnlich großen
Bauwerken ist das Ulmer ÜNünster sehr
eiilfach. Es wirkt gleichsam nur Lurch
seine Niassenhastigkeik. Der Zug ins
Breite tritt stark hervor i>ud mußte früher
noch mehr bemerkt iverden, da die Seiten-
schiffe liicht abgetheilt waren, sondern die
gleiche Breite lvie das Mittelschiff —
15 Nieter — hatten. Dieses erscheint
mit seinen 42 Metern Höhe übermäßig
schlank lind hoch, zninal die Sargiväude
ganz kahl sind. Das Stichkappengewölbe
des Mittelschiffs ist sehr einfach und nüch-
tern, die Spitzbogen der Arkaden erscheinen !
viel zll steil und die Oberlichtfenster sind
uwder reich noch schön. Für eine Psarr- j
kirche ist der Ehor auselmlich genug. ^

Denken wir uitc-' aber dieses weite, jetzt
leere und kalte Innere in nlaterischeul
Schmuck an Glasgemälden mtti Wänden,
mit seinen 52 Altären, so wird auch hier
der öde, tobte Rauul belebt uud wir
dürfen beit alten Meistern nicht mehr
zürnen darob, daß sie bei aller Kühnheit
ilud Originalität die Schönheit ilnd Pracht
gleichsanl vergessen haben.

Neichere Formen, iveil früher uttb lveil
anderes Material, zeigt die Gmünder
Heiligkreuzkirche, so daß mau sie der Hoch-
gothik zuzllweiseti geneigt ist. Uns er-
scheint sie als eine geistvolle Eombillation
der neuen Stilphase mit der reichsten Ans-
, gestaltnug der alten. Da der Chorbail
als der ältere Dheil das sogen, französische
Schema einer reichen Choranlage ans-
j weist, führt die lichte lind weite Halle des
Langhauses, das ohne stark auffallende
Drennuilgswände oder Bögen sich dem
Chor anschließt, auf das deutsche Rauin-
prinzip, das hier zlliil ersten Mal zur An-
wendung zu konlinen scheint. „Unserer
Fralien Saal" in Nürnberg ilnd saal-
^ artige böhmische Bauten, tote die Barbara-
| kirche zu Kuttenberg werden auf Karls I V.

Baumeister, die von Gmünd konlmenden
^ Arier oder Parker znrückgesnhrt. In der
Gnlüllder Kirche vermißt man teilte Zierde
! der Hvchgothik, man könnte sie die voll-
kommenste unter den spütgothischen Kirchen
nennen, wohl wegen dieser glücklichen
Combination. Die spütgothischen Ge-
wölbe beeinträchtigen keineswegs den Ein-
druck, den dieses Gotteshaus auf den Be-
schauer macht. Die lebendige Dheilnahme
des Volks im Schisse an beut Gottes-
dienst des Klerus int hohen Chor ist in
Unit am deutlichsten ausgeprägt und er-
möglicht.

Am nächsten kommt Gmünd die Mi-
chaelskirche in Hall mit ähnlicher reicher
Chörau tage mtb der weite dreischifsige
Ehorban der Kilianskirche zu .Heilbronn.
Daher scheinen diese beiden Bauten weni-
ger einheitlich, sie fiitb nicht gleichsam aus
einem Guß, wie Ulm und Gmünd. In
der Fhak liegen die Bauzeiten von Schiss
und Chor bei beiden ziemlich auseinander.

Ein ganz einheitliches, wenn auch klei-
neres Monnmentalwerk der Spätgothik
weist uns eine weitere schiväbische Neichs-
stadt auf, Eßlingen, in seiner herrlichen
 
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