Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 17.1899

DOI Heft:
Nr. 12
DOI Artikel:
Schöninger, Artur: Die Spätgothik in Schwaben, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15904#0115

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Organ des Hottenburger DiöjefaiuDereins für christliche Kauft.

peransgeaebeit und redigirt von Pfarrer Detzel iit 5t. ibriftina=Haoensbiitg.

Derlag des Hotteubilrger Diözesan-Auiistvereius,
für denselben: der Vorstand Pfarrer Detzel in 5t. Lhristina-Ravensbnbg.

Erscheint monatlich einmal. Halbjährlich für M. 2.05 durch die lvürttembergischen (M. 1.90
im Stuttgarter Bestellbezirk), M. 2.20 durch die bayerischen und die Reichspostanstalteu,

3^1* TO f1- 027 in Lesterreich, Frcs. 3.40 in der Schweiz zu beziehen. Bestellungen werden
.*!♦ I « auch angenommen von allen Buchhandlungen solvie gegen Einseudiuig des Betrags direkt *

non der Expedition des „Deutschen Volksblatts" in Stuttgart, llrbnnstrntze 94, zum ^
Preise von M. 2.05 halbjährlich.

Die Spätgotbif in Schwaben.

eine Studie und ein Vortrag von A. S.

(Fortsetzung.)

Die Spätgothik hat in den schwäbischen
Reichsstädten lischt nur das ganze Kirchen-
banwesen beherrscht, ne hat gleichsant bem
ganzen Stadtbilde ihren Charakter auf-
geprägt. Jene charakteristischen Backstein-
giebelbauten zu Ulm, Biberach, Ravens-
bürg, Jsllp zeigest die Formen der Spät-
gothik. Die Befestigltngen, Thürme nnd
Thore stamlnen allerdings zumeist aus
früherer, manche vielleicht aus der Hohen-
staiifenzeit, aber selbst Merian's, a>ls der
Mitte des 17. Jahrhunderts ftaimitenbe
Abbildrmgen schwäbischer Städte zeigen
noch deii ganz ausgeprägten spätgothischen
Charakter dieser Bauten. Alnii betrachte
nur das interessante Blatt der Bergstadt
Rottweil, in bereit Innern man sich jetzt
noch ganz an die Wende des fünfzehnten
Jahrhunderts versetzt glaiibt.

Jedoch nicht nur in den Reichsstädten
hat die spätgothische Kunst gleichsam alles
mit fortgerissen und beherrscht beinahe
2 Jahrhunderte hindurch, auch in den
fürstlichen Landestheilen, vorab in den
Grafschaften und dem nachmaligen Herzog-
thum Württemberg, sowie in den adeligen
Besitzungen und in den Klöstern sucht man
mit den Reichsstädten in der zeitgemäßen
Kunst zli wetteifern. Cs zeigt sich darin
ebenso der kirchliche Sinn, die Begeisterung
und Freigebigkeit der fürstlichen Stifter
und Gönner, wie die Prachtliebe jener Zeit,
die der Reformation vornngielig. Den
Höhepunkt künstlerischen Schaffens mag
sie wohl nicht bedeuten und nicht bean-
spruchen, aber ein Niedergang ist doch auch
nicht in dieser, alle Volkskreise ergreifen-
den und beherrschenden Kunstweise zu er-
kennen, es wäre beim der prachtvolle Unter-

gang eines herrlichen Tagesgestirns, einer
mächtigen flammenden Sonne.

Die Städte des ehemaligen Herzogthums
Württemberg weisen fast durchweg spät-
gothische Kirclienbauten auf. Die drei alten
Kirchen der Haupt- und Residenzstadt
Stuttgart, Stifts-, Leonhards- und Hospi-
tal- frühere Dominikanerkirche sind fast
gleichzeitig und im gleichen Stile gebaut
worden. Die Leonhardskirche ist der
Typus einer ganzen Reihe ähnlicher Kirchen.
In der früheren Residenz lkrach ist die
Amanduskirche, der gegenwärtig ihre frühere
oder geplante Schönheit wiedergegeben
wird, ein gewaltiges Zeugniß des Wage-
muths von Seiten der fiirstlichen Stifter
in einem kleinen Staatswesen, wie des
originellen Baumeisters. Es mußte denn
auch flir den die Kräfte übersteigenden
Bau der nachher viel geschmähte Ablaß
in Anspruch genommen werden. (Zur
Renoviruug aber bedarf man einer mo-
dernen Lotterie. Bem. d. B.)

Die Amandnskirche hat basilikalen Auf-
bau, während bei sänuutlichen anderen
Bauten der fürstlichen Städte das Hallen-
system hervortritt. Unter einem unge-
heuren Dache sind die drei Schiffe sammt
den Kapellenreihen zwischen den eingezcw
geneit Strebepfeilern. So bei der Set.
Georgenkirche zu Tübingen, zu Herrenberg,
zu Balingen, zu Marbach, zu Nürtingen,
zu Waiblingen re. Der Thurm der Set.
Georgenkirche zeigt die eigenthümliche Ab-
schrägung vom Viereck zum Achteck, die
zu einer Steinpyramide berechnet war und
in der Neckar- und Schwarzwaldgegend
dem Thurme der frühgothischen Marien-
kirche zu Reutlingen nach gebildet zu sein
scheint. Die Thürme zu Stuttgart (Stifts-
kirche), Rottweil (Kapellenkirche), Weilder-
stadt, Waiblingen zeigen den Uebergang
ins Achteck anders, unvermittelter bebau-
 
Annotationen