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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 17.1899

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Nr. 12
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Schön, Theodor: Die Glockengießerkunst in der ehemaligen Reichsstadt Ulm, [2]
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Rief, ...: Die Spitalkirche in Ehingen a. D. und ihre Altäre
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https://doi.org/10.11588/diglit.15904#0120

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106

in Bernstadt, OA. Ulm (jetzt seit 1884
als mittlere in Beimerstetten, OA. Ulm),
1715 die größere in Albeck, OA. Ulm.
Theodosins Ernst nnd Gottlieb Korn,
voll dem lveiter unten die Rede sein wird,
gossen 1720 die mittlere Glocke in Jung- ^
ingen, OA. Ulm. (Schluß folgt.)

Die Epitalkirche in Ebingen a. D.
nnd ihre Altäre.

Von Professor Rief in Ehingen.

Die Spitalkirche zn nnserer lieben Frau in
Ehingen hat infolge der eifrigen Bemühungen
des Stadtpfarrers Ströbele in den letzten zwei
Jahren eine sehr gelungene Restauration erfahren
und ist in ihrem alten herrlichen Glanze erstan-
den, daß es sich ivohl verlohnen mag, diejenigen,
„welche die Herrlichkeit des Hauses des Herrn
lieben", dafür zu interessieren. Der Grundstein
zu diesem Gotteshaus ist am 28. Juni 1723 ge-
legt worden und die Gnade der Weihe hat sie
am 5. Oktober 1725 erhalten (so nach Greiderers
Germania Franciscana gemäß den freundlichen
Mittheilungen des derzeitigen Tproler Franzis-
kanerprovinzials an Stadtpfarrer Ströbele). Eine
Schrift am Triumphbogen nennt das Jahr 1724
als Jahr der Erbauung. Von den hervorragen-
deren schwäbischen Barockkirchen sind also früher
erbaut die Klosterkirchen von Marchthal (1680
bis 1692) und Buchhorn-Friedrichshafen (1695 ff.).
Etwa gleichzeitig sind die Gymnasiumskirche in
Ehingen (1712—24), die Barockmünster von Wein-
garten (1715—24 und Weißenau (1717—24) und
die Kirche auf dem Schönenberg (geweiht 1729>,
ivenig später find die Kirchen von Steinhaufen
(1727—35) und Wolfegg (1733—36). Schon
späteren Stilarten (der zweiten und dritten Stil-
phase nach der Renaissance) dem Rokoko und Klassi-
zismus gehören die mächtigen Klosterkirchen von
Zwiefalten leingeweiht 1765) und Wiblingen an
(1772—81).

Während die berühmten Reichsabteien der
Benediktiner (Weingarten, Zwiefalten, Wiblingen,
Ottobeuren) und Prümonstratenser (Marchthal,
Weißenau, Schufsenried, Roth), welche sich von
den schweren Heimsuchungen des 30jährigen
Krieges in ivenigen Jahrzehnten auffallend gut
erholt hatten, über reiche Mittel bei ihren Kirchen-
bauten verfügten, wurde die Kirche der armen j
Franziskaner in Ehingen diversorum benefacto-
rum subsidiis (Greiderer) erbaut, besitzt aber doch
eine eximia eleganti«, statui Franciscano pro -
portionata. Indes, welche Unterschiede gegen- !
über den obengenannten Kirchen! Während dort j
meistens zwei mächtige, eine imposante Fassade !
flankierende Thürine weithin die Thäler und die
Gelände beherrschen, haben hier die Franziskaner
auf die vier gothischen Stockwerke des früheren
Frauenkapellenthurines zivei Geschosse im Achteck
und eine Zwiebelkuppel gesetzt, deren hübsch ge-
schwungene Profillinie indes eine Zierde des
Stadtbildes ist, und an der damals neugebauten '
Kirche bilden die hohen Fenster niid der Chor-
absatz die einzige Gliederung nnd eilt sehr breites *

und schönes, dreifach gegliedertes Hauptgesims
ist arißer deni Sockel der einzige Schmuck. Dieses
Gesims umläuft in gleicher Form und Höhe als
Gurtgesims die Umfassungsmauer des Chores,
ivelche über die Mauern des Schiffes etwa um
ein Drittel von deren Höhe einporgeführt ist, und
mit diesein Gurt- lind noch einem Hauptgesims
geschmückt gegen die Stadt hin ein Bild ruhiger,
edler Größe darstellt. Während ferner die Barock-
hallenkirchen nach dem sogenannten „Vorarlberger
Münsterschema" im Innern durch tiefe Pfeiler und
durch Gallerten eine überaus wirkungsvolle ver-
tikale liild horizontale Gliederung aufweisen,
bilden hier die den 13 hohen Fensterit des Lang-
hauses und Chores entsprechenden Stichkappen die
einzige Gliederung der lveit gespannten, ziemlich
flach gehaltenen Ueberwölbung. Während sodann
dort (besonders in Marchthal, Friedrichshafen,
Weißenau) jene Wessobrunner Stuccatoren mit
virtuoser Technik und schöpferischem Formendrang
die lveiten Wölbungen mit Akanthusranken und
Weinreben, mit Lorbeerzweigen imb Blumen-
gewinden, mit Perl- lind Lorbeerstäben, mit
Fruchtgehängen luid Fruchtkränzen, mit Blumen-
körben und Füllhörnern, mit Muscheln, Engel-
köpfen uild Kartuschenornameilteil in wunderbarer
Formenharmonie übersponnen habeil, zeigen hier
die kahlen uild schmucklosen Wölbungen und
Wände eindringlich die Armuth und ascetische Zu-
rückhaltung der Söhile des hl. Franziskus. Dort
(Marchthal, Weingarten, Zwiefalten) beklindet die
Schmiedekunst in prachtvollen Chorgittern neben
virtuoser Ausführung das lebhafteste architek-
tonische Stilgefühl; hier hat diese Kunst nur zwei
kleiile aber sehr schöne, mit Rosen uild Blumen-
ranken geschmückte Wandleuchter geschaffen, welche
die Leibungen des Triumphbogens schmücken.
Was soll man erst von der Meisterschaft der
Holzschnitzerei sageil, welche die kllnstvollften Chor-
gestühle geschaffen hat, von dem schöpfe« ischen
Gestaltenreick,thum in Schufsenried, Weißenau und
Roth, von der edlen und vornehmen Schnitzkunst
in Marchthal und besonders in Weingarten, von der
staunenswerthen perspektivischen Kunst der Chor-
reliefbilder in Zwiefalten! Und hier fiilden sich
die primitivsten, fast nur vom Zimmermann ge-
fertigten Chorsitze alif der jetzigen Orgelempore
versteckt. Endlich benfe man an den höchsten
Glanz, welchen die süddeutsche Freskomalerei dem
Rokokoensemble verliehen hat, besonders in Zwiefal-
ten und Reresheim, die fast allein einen höheren
Schwung in der Malerei des ganzen 18. Jahr-
hunderts darstellt. In unserer Franziskanerkirche
ist kein Ouadratfuß al fresco gemalt.

Aber trotz alledem getrauen ivir uns zu be-
haupten, daß der hiesigen Kirche ein ehrenvoller
Platz in der Kunst des Barockstils gebührt. Jeder
Fremde, der zum erstenmal das Innere dieser
Kirche betritt, ist aufs freudigste durch den An-
blick überrascht: ja nicht selten entringt sich ein
Ausruf der Verwunderung den Lippen eines er-
staunten Besuchers und zwar wird diese mächtige
Gesammtwirkung fast allein durch die prächtigen
Altäre hervorgerufen. Ehe wir aber von dieser
Gesammtwirkung sprechen, wollen wir die einzelnen
Altäre in dreifacher Beziehung, nach ihrem archi-
tektonischen Aufbau und nach ihrer Ausstattung mit
bildhauerischem und malerischem Schmuck betrachten.
 
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