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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 18.1900

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Nr. 1
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Detzel, Heinrich: Ein Gang durch restaurirte Kirchen, [15]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15905#0008

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Schilling stammendes Manuskript aus-
bewahrt, welches eine Beschreibung von
der Entstehung der Kapelle gibt. Sie
interessante Schrift führt den Titel:
„Ursprung und Waxthumb Der Aintter
Gottes Kapellen Bey Nendingen Sambt
Bevgesiegten Rechnungen yber die Ein-
khinsten De anno 174z nscgne all
annum 1748". Der frühere Schul-
inspektor und jetzige Dekan W alz, wohl-
ehrwürdiger Pfarrherr in Nendingen,
welchem das Verdienst der trefflichen
Restauration der drei Kapellen zukommt,
hatte die Güte, uns einen Auszug ans
dein Manuskript zur Verfügung zu stellen.

Darnach hatte die Kapelle nicht immer
die praktische Lage, welche sie heute be-
sitzt; sie stand vielmehr in früheren
Zeiten am sogenannten „Hochwasserort",
hart an der Grenze zwischen Tuttlingen
und Nendingen. Sie war so klein, daß
sie kaum 12 Personen zu fassen ver-
mochte. Das in ihr aufgestellte Mutter-
' gottesbild — Madonna mit dem Kinde —
wurde lernt obiger Beschreibung von der
zur Zeit der Reformation vom. katho
tischen Glauben abgesalleueu Gemeinde
Thalheim iit der Banr durch die Neu-
dinger Heiligenpflege sammt dem Altäre
erworben. Letzterer wurde mit dein Bilde
zunächst in der Pfarrkirche ausgestellt;
als aber anno 1704 der Altar als sehr
defekt sich erivies, nmrde ein neuer er-
stellt, das Bild jedoch in die Kapelle
übertragen auf Antrieb des damaligen
Pfarrers Andreas Ditzinger. Obenge-
nannte Relation klagt nun aber, daß iu
der Kapelle viel Unfug von den „vom
laidigen lutherischen Ketzergift infizirten"
Nachbarn getrieben worden sei 1111b die
hiesige Einwohnerschaft entschloß sich da-
her, die Kapelle am Hochwasserort abzu-
brechen, nitb an ihrem jetzigen Standort
neu aufzubanen.

Die Ausführung dieses Entschlusses!
verzögerte sich iudeß lauge. Erst im ^
Jahre 1732, als eine Seuche unter dem
Vieh ansbrach, machte turnt ernst. Die
Gemeinde unternahm einen Kreuzgang zu
der Kapelle itttb machte das Gelöbniß, die
Kapelle neu zu erbauen, mit dem Beifügen: ,
es soll sämmtliches Vieh auf den söge- !
nannten Hinterhäuser Oesch getrieben !
werden nnb „das Erste sv. Stuth Fich, i

j rvelches vor auß laufen wurde, der
I Muoter gotteß In bifent Kapelle gewid-
met mit) von der gantzen Genteiude mit
gelt Redinnert, Und diser Kapellen geopfert
sein soll". Das betreffende Stück Vieh ge-
hört deiit Heiligettpfleger Jörg Huober. Jn-
deß stund es, da das Geld rar war, bis
gnnt Jahre 1843 an, bis mit dem Bau
begonnen wurde. Die Pfarrangehörigeu
erboten sich zu Frontdiensten, selbst ,,ein
Lutheratter aus Tuttlingen, namens
Ehristiau Mehrte, leistete die erste Ehren-
sart mit Brettern". Der damalige
Pfarrer Aittou Mauer (von Rotttveil)
ttahm sich der Sache kräftig an. Es ent-
standen jedoch Streitigkeiten wegen des
Bauplatzes, zu deren Schlichttmg der da-
malige Stadtpfarrer Dekan Joseph Anton
Psasf von Fridingen herbeigernfen wurde.

Nach bereit gütlicher Beilegung wurde
int Jahre 1743 die alte Kapelle nieder-
gerissen, der Grundstein 31t der neuen Kapelle
von Pfarrer Mayer gelegt und mit neuem
Eifer die Mittel gesammelt. Das
bischöfliche Ordinariat in Konstanz ge-
stattete die Darbringung des heiligen
Meßopfers auf einem altare portatile nnb
so erfolgte am. 28. März 1744 die Ein-
weihung der neuerbauteu, im Vergleich
mit der früheren bedeutend größeren
Kapelle (am Siebeuschmerzenfreitag) nach
voraugegaugeuer Predigt iu der Pfarr-
kirche. Das oben erwähnte Muttergottes-
bild wurde von Jungfrauen in Prozession
übertragen und nach erfolgter Beuediktion
das erste Lobamt gehalten. Die Kapelle
hatte von altersher ihren eigenen Pfleger
und einen Fonds, dessen Mittel freilich
zum Neubau nicht hiureichten, daher eine
Kollekte notwendig war. Das Ergebnis
derselben mit den Namen der Spender
ist obiger Relation angefügt.

Vom genannten Erbauungsjahre bis
zum Jahre 1893 wurden besondere
Veränderungen au der Kapelle nicht
vorgeuommeu. Als int Jahre 1803
die von Enzberg'sche Herrschaft, 31t
der Nendingen gehörte, in Folge
des Preßburger Friedens an Württem-
berg kam, wurde der Kapellenfonds, der
damals 2000 Gulden betrug, mit dem
Vermögen der Heiligeupflege vereinigt
und die letztere übernahm die Pflicht, die
Kapelle in baulichem Zustande zu er-
 
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