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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 18.1900

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Nr. 3
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Detzel, Heinrich: Joseph von Führich, [1]: seine Stiftzeichnungen. Zu seinem 100. Geburtstage
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https://doi.org/10.11588/diglit.15905#0029

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feit mir, daß Führich überall uns gleiches
Interesse einflößt, mag seine zeichnende
Feder uns die herrlichen mittelalterlichen
Architekturen in Kirchen und Schlössern,
die gleichzeitigen Skulpturen in den Ma-
donnenbildern, die Wildromantischen Land-
schaftsbilder oder aber die handelnden
Personen der Dichtung vorsühren, sein
Stift ist gleich interessant, mag er drama-
tisch bewegte Scenen oder ruhige, mehr
das Geniütb ansprechende Handlungen
geben. Recht ansprechend ist auch das
Schlußblatt, der Tod Genovefas. Der
Bischof stebt an ihrem Sterbebett und
Schmerzenreich betet:

„S laß Sie zieh'n, beim das ist Ihr Verlangen,
Nach Himmelslichte steht Ihr frommer Sinn,

Die Erde nährte Sie mit Pein und Bangen;
Nun geht Sie in die ew'ge Freiheit hin ....
Sie ist die Müdeste, Sie geht voraus,

Wir kommen nach in unsers Vaters Haus."

Die vorstehend besprochenen Zeichnungen
entstammen, wie gesagt, der romantischen
Periode des Meisters, wo es ihm als
Aufgabe der Kunst erschien, das „starke
und fromme deutsche Mittelalter" zu ver-
herrlichen und dadurch in der Mitwelt die
Sehnsucht nach jener alten verblaßten
Herrlichkeit zu erwecken. Nachdem der
Ktinstler jetzt aber in Rom gewesen und
eine Wandlung mit ihm vorgegangen,
finden wir in den nächst folgenden Reihen
von Jahren nur noch zwei einzelne Blätter
für den Stich von ihm gezeichnet, während
dagegen eine stattliche Anzahl von bedeu-
tenden Werken der Oelmalerei in diese
Zeiten fallen. Das größere jener beiden
Blätter, 62 cm hoch und 80 cm breit,
stellt die erste Firmung zu Samaria
von den Aposteln Petrus und Johannes
dar. Die Originalhandzeichnung kam in
den Besitz Sr. Eminenz des Kardinals
Nuntius Viale Prela, ist gestochen von
dem Wiener Joh. Zitek und erschien, wie
auch das folgende Blatt, im Verlage von
G. I. Manz in Regensburg. Es ist eine
großartig gedachte Komposition, der man
wohl ansieht, daß der Meister bereits die
Cinquecentisten Italiens kennen gelernt und
stndirt hat. Der hl. Petrus, die Augen
zum Himmel erhoben, legt der Männer-
welt die Hände auf, Greise und Jüng-
linge, Vornehme und Niedere drängen sich
heran, der hl. Johannes sinnt die Frauen
und Jungfrauen. Das zweite Blatt hat

zum Gegenstände die klugen und thö-
r i ch t e n Jungs r a u e n des Evangeliums
und erschien in einem prächtigen Stiche
von Jos. Lendner im Jahre 1649. Der
Heiland, eine überaus erhabene, schöne
Gestalt, empfängt die klugen Jungfrauen,
die mit ihren brennenden Lampen vor ihm
knieen; ihm zur Seite stehen die hl. Jung-
fran Maria, als gekrönte Braut symbo-
lisch die Kirche darstellend, ferner als Ver-
wandte des Bräutigams David, der
Stammvater der menschlichen Natur nach,
der hl. Joseph als Nährvater und Jo-
hannes Baptista, sein Vorläufer und letzter
Prophet. Im Hintergründe sieht man die
thörichten Jungfrauen an die geschlossene
Pforte pochen, während der hl. Petrus als
Pförtner des hochzeitlichen Hauses über
die Gallerte wandelt und sie abweist. Das
Bild verräth eine ungemein zarte, sinnige
Auffassung und ist technisch ausgezeichnet
vollendet. Welch' eine herrliche Zierde,
wenn von einem Ktinstler al Fresco ge-
malt, müßte es für ein Gotteshaus wer-
den : getreu nach Geist und Seele des
Originals wiedergegebeu nu'tröe es das
„invenit“ vollständig verschmerzen lassen.

Die erste cpklische Komposition in Stift-
zeichnung, welche so recht das Charakteri-
stische seiner Kunstmeise ausmacht, ist der
„B eth le hemitisch e Weg", zwölf Zeich-
nungen mit einem Titelblatt, in Holzschnitt
ausgeführt in dem Atelier von Aug. Gaber
in Dresden und näe die folgenden Zeich-
nungen im Verlag von Alphons Dürr in
Leipzig erschienen. Gleich das Titelblatt
zeigt, was der Meister uns liefern will,
ein Bilderbuch in höherem Sinne zur Be-
trachtung; die Kunst zur Linken ladet uns
ein, ihr in Betrachtung der göttlichen Ge-
heimnisse in der Kindheit Jesu zu folgen.
Diesem Ruse nachkommend, erhebt sich zur
Rechten die ,,anima meditans“ oder die
Personifikation der betrachtenden Seele
und greift zum Pilgerstabe, um diese hei-
lige Wanderung anzutreten. Wir finden
diese Figur in der Folge auf jedem Bilde
wieder und sie ist gewissermaßen das Sym-
bol alles dessen, was wir stihlen bei dem
Anblick eines so rührenden und erhabenen
Schauspieles, wie es uns die Kindheit
Jesu darbietet.

Die erste Komposition, eine der herr-
lichsten des ganzen Cyklns, enthält den
 
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