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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 18.1900

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Nr. 4
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Detzel, Heinrich: Joseph von Führich, [2]: seine Stiftzeichnungen. Zu seinem 100. Geburtstage
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https://doi.org/10.11588/diglit.15905#0040

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2d)rift" heraus, zu lüdcljcn theilweise vou
den gleichen Meistern nuc oben Original-
zeichnungen geliefert wurden, die in photo-
lithographischeni Druck wiedergegeben sind.
Führich hat allerdings nur drei Gleichnisse
übernommen, aber aus beit ersten Blick
wird der Kenner seinen gewandten Stift
herausfinden. Ergreifend hat er nament-
lich das Gleichniß vom „reichen Mann"
(Luk. 12, 16—21) geschildert. Der stolze
Mensch sitzt au einem runden Tische mit
dem Weinglase in der Hand, Sorglosig-
keit und Uebermuth schaut ihm aus dem
Angesicht, der Baumeister weist ihm eiueu
entworfenen Plan vor und durch eine Oess-
uuug seheu wir, wie emsig die Bauleute
au ihrer Arbeit beschäftigt sind, aber links
zeigt der Engel bereits auch aus die zwölfte
Stunde und schon halt der Tod mit der
Sichel in der Hand unter dem Tische sich
versteckt, um mit dem Glockenschlage den
Lebensfaden des noch viele Jahre hoffen-
den reichen Mannes abzuschneideu.

Eines der großartigsten Produkte des
fleißigen Stiftes von Führich ist das in
neuerer Zeit durch den Stich vervielfältigte
„Buch Ruth, sieben Kompositionen von
Jos. Ritter von Führich. In Kupfer ge-
stochen von Heinrich Merz. Leipzig. Ver-
lag vou Alphous Dürr 1875. 45 Mk."
Da die Arbeit bei Weitem noch nicht die
Beachtung, welche sie verdient, selbst in
katholischen Zeitungen und Zeitschriften
gefunden, möge sie hier eine längere Be-
sprechung erhalten.

Der einfache, scheinbar episodische Her-
gang, welchen das Buch Ruth erzählt, steht
mit dem großen Ganzen der hl. Geschichte
durch zwei Momente in besonderem Zu-
sammenhänge; es sind dies der Schauplatz
des Vorgangs Bethlehem und das Ge-
schlechtsbuch des Messias, des Sohnes
Davids, des Sohnes Abrahams. Was
dem Judissereutismus und der ungläubigen
Bibelkritik gegenüber zu einem Nichts ver-
schwindet oder höchstens als liebliche Idylle
einigen poetischen Werth haben kann —
und namentlich gerne so von der modernen,
naturalistischen Malerei aufgefaßt erscheint
—, wird durch die beiden Momente zu
einem bedeutsamen „Accorde in der großen
Wektmusik der Offenbarung". Und gleich
im Titelblatte hat das der Meister au-

! gedeutet, wo Booz und Ruth unter Gar-
ben, die von einem Engel stehend über
ihnen gehalten werden, als Typen in den
Stammbaum des Erlösers gezeichnet sind.
Rechts die Bilder: David, Jesse, Obed,
links Abraham, Isaak, Jakob, au der
Außenseite links Malachias der Prophet,
welcher die Herrlichkeit Bethlehems vor-
hersagt, indem er es als den Ort bezeichnet,
ans welchem hervorgeht, der Israel re-
gieren wird; rechts ihm gegenüber Samuel,
der in der dritten Geschlechtssolge aus
Ruth die Geburt des gekrönten Säugers,
nach welchem der Wekterköser Sohn Da-
vids genannt wird, berichtet. Nach all-
gemeiner Annahme verfaßte ja auch der
Prophet Samuel diese Schrift nach der
Salbung Davids zum Könige, um durch
den Nachweis der Herkunft des neuen
Königs dessen Erhöhung desto mehr her-
vorzuheben, und um diese edlen Züge aus
seiner Familiengeschichte dem Andenken zu
^ erhalten.

Das erste Blatt stellt dar, wie Noemi,
aus dem Wege nach Bethlehem begriffen,
ihre Schwiegertöchter zur Rückkehr bewegen
will, wie Orpha bereits dem Ratschlage
Folge gibt und weinend umkehrt, während
Ruth, da Noemi mit der Hand sie aus
ihre Schwägerin weist und sagt: „Sieh die
Schwägerin kehrt zurück zu ihrem Volke
und zu ihren Göttern, gehe mit ihr," dieses
Ansinnen mit liebevoller Geberde abschlägt
und spricht: „Belästige mich nicht damit,
daß ich dich verlassen und sortgeheu soll;
denn wohin immer du gehst, gehe ich, und
wo du bleibest, bleibe ebenfalls auch ich.
Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott
ist mein Gott." (Ruth 1, 16.) Das
zweite Blatt hat die Scene, wie Noemi
in Bethlehem augekommeu und sich vor
ihrem Hause aus einem Stuhle niederge-
lassen, schnell von zahlreichen Frauen, die
ihre Ankunft erfahren, umgeben wird und
wie sie diese bittet: „Nennet mich nicht
Noemi (das ist die /Schöne'), sondern
nennet mich Mara (das ist die ,Bittere'),
denn mit Bitterkeit hat mich sehr über-
häuft der Allmächtige." «Z, 2<>.) Die
Komposition hat eine treffliche Anordnung
der einzelnen Gestalten, so daß Noemi als
Hauptperson der Darstellung besonders
hervorragt; alles ist lebendig und natur-
wahr ausgesaßt und der architektonische
 
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