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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 18.1900

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Nr. 7
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Der Zoll auf Kunststickereien
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https://doi.org/10.11588/diglit.15905#0067

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Organ des Hotteuburcjei Diözefan-Dereins für ehr ist liehe Annst.

percnisgegebeii und redigirt von Pfarrer Detzel in St. Lkristina-Ravenslnirq.

Verlag des Rottenbnrger Diözesan-Knnstvercins,
für denselben: der Vorstand Pfarrer Detzel in St. (Lhrislina-Ravcnsbnrg.

Erscheint MoiiaiNch einmal. Hasbsnhrlich für M. 2.05 durch die tvürtteinbergischen (M. N00
im Stuttgarter Bestelldezirk), M. 2.20 durch die bayerischen und die ReichKpostaustalteu,

>» fl. 1.27 in Lesterreich, Fres. 3.40 in der Schweiz zu beziehen. Bestellungen werden

l. « » auch angenoinnien van allen Bnchhandlnngeii sowie gegen Einsendung des Betrags direkt > y ^ .

von der Expedition des „Deutschen Bolksblatts" in Stuttgart, Urbanstrage 94, znin
Preise von M. 2.05 halbjährlich.

Der Zoll auf Kunststickereien.

Von N. N.

Zu Folge der 1903 Mausenden Han-
dels-Verträge mit den Nachbarstaaten
macht sich heute schon eine große Be-
wegung in verschiedenen Industrie- und
Handelskreisen bemerkbar. Der seither
bestandene Zolltarif soll mehr speziali-
sirt werden, weil die Praxis gelehrt hat,
daß in den einzelnen Tarifstellen oft Ar-
tikel zusammengeworfen silld, die gar nicht
zusammen gehören und die sonnt auch
nicht vom richtigen Zollsätze getroffen
werden konnten, zumal in Deutschland
bekanntlich nur nach dein Gewichte ver-
zollt wird, nicht nach dein Werthe.
Unter diesem thatsächlichen Uebelstande
hatten ganz besonders stark 51t leiden die
deutschen S t i ck e r e i g e s ch äste de r P a-
ravlenten- und Fahnenbranche,
denn alle Stickereien dieser Branchen, sind
bis dato mit Kleider und Putzwaaren 311-
sammengelvorfen und sie werden zu einem
so geringen Zollsatze eingeführt, daß
die inländische Industrie ungeinein dadurch
geschädigt, wenn nicht geradezu er-
drückt wird. Insbesondere führt Frank-
reich — Paris und hauptsächlich Lyon
— jährlich für viele Hunderttausende von
Mark, wenn nicht für Millionen, Wert he
an Stickereien s ü r P a r a nl e n t e nnd
Fahnen in Deutschland ein.

Ebenso bringt Belgien eine Menge
gestickter Bilder, religiösen find profanen
Genres, auf den deutschen Markt. Dann ,
kommt neuerdings die Schweiz mit
P lattsti ch st ickereien, die auf großen ;
Blaschinen hergestellt werden nnd die zum !
Theile bei uns auf Stoffe anfgenäht wer-
den. — Alle diese Stickereien werden
einfach ans die Wange gelegt find im
Allgemeinen mit 6 M. per Kilo verzollt.

I Es muß nun aber doch auch jedem Laien
einleuchten, daß es ganz unmöglich ist,
den Werth einer Stickerei nach bem G e-
w i ch t e zu tariren, denn es kann z. B.
ein Caselkrenz, das 25 Frcs. (oder 20 Bl.)
kostet und das in der alle r g e r i n g ft e n
Alaschinentechnik ausgeführt ist, genau so
viel wiegen, als ein solches, das in
k u 11 st voll st e r H a n d a r b e i t n 11 d mit
reichen Figuren geziert ist, und
das 1000 Bl. mehr werth sein kann.
Es liegt also offenbar eine große Unge-
rechtigkeit in dem jetzigen Modus der Ver-
zollung nnd wer darunter 311 leiden hat,
ist unsere h e i m i s ch e S t i ckere i - In d u-
strie! Frankreich kann viel billiger
arbeiten, als wir Deutsche. In Lyon
! begnügen sich Tausende von Stickerinnen
! mit ganz geringen Löhnen, oft mit 80
bis 100 Cts., weil sie das Metier mehr
als Legitimation für Nebenerwerb be-
nützen. Ebenso wird dort zur Zeit mit
Tambour-Maschinen gearbeitet, welche an
Motoren hängen, die so schnell laufen,
daß auch die geübteste Stickerin unmöglich
eine präcise Arbeit Herstellen, resp. ge-
nau der Zeichnung folgen kann.
Aber alle diese Produkte finden in Deutsch-
land reißenden Absatz, weil sie billig
sind nnd zu viel zu niederen Zoll-
sätzen ein geführt werden können
nub weil leider int Allgemeinen das V e r-
st ä u b u i ß für eine gediegene Stickerei-
arbeit fehlt.

Der Deutsche ist daran gewöhnt, p r ä e i s
und solide 31t arbeiten. Der Franzose
arbeitet für das Auge, oberst ä ch l i ch
und leichtfertig, wenn auch mitEhi c,
(Ulf geringen Stoffen und mit bil-
ligstem Material. Was er fabrizirt,
blendet unb ntacht Effekt und ist nur für
den „Markt" berechnet. Wie wäre es
sonst möglich, daß z .B. deutsche Fahnen-
 
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