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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 18.1900

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Nr. 10
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Detzel, Heinrich: Gebhard Flatz, [2]: zu seinem 100. Geburtstag
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Die Jahres-Mappe 1900 der Deutschen Gesellschaft für Christliche Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.15905#0097

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90

liegt der göttliche Knabe da. Diese Grup-
pirullg, der sonnige Himmel, die weite
Flur, das blonde Kind auf einer weißen
Windel und dem gelblichen Stroh, boten
dem Künstler die größten technischen Schwie-
rigkeiten, aber er überwand sie mit einer
Trefflichkeit, welcher fein Kritiker die
Bewunderung versagen wird." So die
„Augsb. Postz." 1881.

Die Pfarrkirche zu Bozen erhielt 1852
ein schönes Seiteualtarblatt „Christus
wendet auf Fürbitte Mariens den Seelen
des Fegfeuers den Gnadentrost des Opfer-
blutes zu". Das Bild, unter dem Namen
„das Flatzische Fegfeuer" bekannt, zog
schon in Rollt Schaaren voll Beschauern
an. Als Flatz int Begriffe war, schrieb
damals der Rektor Für an der Anima,
das Gemälde linch Bozell zu nerfenben,
kam die Aufforderung, es in ben Vatikan
zu bringen, der heilige Vater wolle es
sehen. Pius IX. betrachtete es aufmerk-
sam nnb belobte das Kunstwerk mit Warme.
Einige der Herrn aus der Umgebung
hatteli die Bekleidilng der erraten Seelen
für seltsam befunden (Flatz soll diesen
entgegnet haben: „Wenn man schon die
Seelen durch Körper darstellt, warum soll
utan diese Körper nicht bekleiden dürfen?").
Der heilige Vater billigte diese Neuheit
nnb einsichtsvoll des Künstlers gute Ab-
sicht auslegend, äußerte er sich u. A.: „Ihr
Deutsche führt alles mit größerem Fleiße
aus, nnb behandelt das Heilige heilig."

Zu ben berühmtesten Bildern des Meisters
gehört feilte „heilige Magdalena",
die er int Jahre 1658 schuf, eine der
bestell Darstellllltgell dieses Gegenstandes
in der Neuzeit.l) Die zerknirschte Büßerin
liegt auf ihren Knieell in der Grotte, das
mit Thronen gefüllte Auge ltach einem
einfachen Kreuze gerichtet, beffeit Stamm
aus der Erde wuchs, die Haare aufgelöst,
die Hände, welche ben großen Schmerz,
das heiße Verlangeli der himmlischen Ver-
einigung lllld die Verzichtleistung anf diese
Zeitlichkeit, wie der nach oben gerichtete
Blick andeuten, auf den Kllieeli gefaltet.
Alll Fllße des Kreuzes liegt ein Todten-
kopf nnb links im Hintergrund auf einem
hervorstehenden, mit Moos bewachsenen

C Abbildung in m. „Christl. Jkoilügraphie"
2 Bd. S. 516.

Steine sind in einem Buche Bußpsalmen
aufgeschlagen. Rechts auf einem herab-
hältgenden Aste am Eingänge der Höhle
eine Eule, das Sinnbild thörichter Weis-
heit, die in der Nacht sieht, bei hellent
Tage aber llicht sehen kalin oder llicht
sehen will, das Bild nächtlicher Uebel-
thäter und lichtscheuer Dämonen, hingegen
allch das Zeichell, die Nacht —• währeild
alldere Wesen ruhen — zum frommen
Thun nnb zu Gottes Lob zu verwenden.
Rechts im romantischen Hintergrulld breitet
sich eilt Gebirgssee atts, alt dessen einem
Ufer eine Ruine, als Beweis des ver-
gänglichen Daseins, thront. Auf einer
Wiese weidet ein Reh, während das andere
der Ruhe pflegelid die Gegend mustert,
die Symbole der Wachsamkeit. Also diese
Nebelldiuge sind llicht ohne Bedeutung,
sind llicht da, tun, wie bei manchen, Lücken
ailszufüllell. Das Bild lvurde voll ihm
öfter dargestellt: Das erste kaut in den
Besitz des Fürstbischofs Dr. Förster von
Breslau, das zweite 1857 volleildete be-
sitzt Bischof Stroßmayer von Diacovar,
lllld das 1875 vollelldete witrde 1877
vonl Kaiser Fraliz Joseph I. bei der all-
gemeinen großett österreichischen Kunstaus-
stellultg ilt Wien für die kaiserliche Gallerte
angekauft.

Eilt hervorragendes Kunstwerk von Flatz
ist ferner: ,,A.ngelico da Fiesoie“,
ltach einer Vision die Madonna ntatenb
unter dem Beistand des hl. Lukas nnb
von Engelcheu bediellt, eilt sprechelldes,
schönes Symbol seilles Ideals und des
Strebelts. (Schluß folgt.)

Die Iahres-Mappe (900
der deutschen Gesellschaft für ch r i st-
l i ch e K u n st.

Wir haben in den letzteil Jahren da und dort
über einzelne Bilder der Jahres-Mappe, nament-
lich über solche der Mappe vom Jahre 1898, ein
absprechendes Urtheil vernommen; es ist haupt-
sächlich die „modernisirende" Richtung, die hier
allerdings bei einzelnen Tafeln stark zlim Aus-
drucke kam, welche Unzufriedenheit erregte; auch
ein verstorbener Kirchenfürst hatte sich seiner Zeit
uns gegenüber sehr scharf über diese allzu stark
hervortretende Richtung ausgesprochen unb Acnde-
rung in dieser Beziehung gewünscht. Wir können
null von der diesjährigen Mappe mit Freuden
bekunden, daß, lveilil auch den Errungenschaften
der modernen Theorie uild Technik mit Recht tu
keiner Weise aus denl Wege gegangeil ist, doch
der kirchlichen wie allgemein religiösen Kunst
 
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