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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 18.1900

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Nr. 12
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Dieckmann, ...: Brief und Bild der seligen Creszentia von Kaufbeuren
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.15905#0117

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1/44 bewohnte. Statten wir diesem vorerst einen
kurzen Besuch ab.

Nach Besichtigung der kleinen Kapelle mit dem
Grabe der Seligen läuten wir an der Pforte.
Eine freundliche Schwester geleit,t uns über den
Hof zum Hausflur. Hier stehen verschiedene
Schränke mit zahlreichen Exrotos. Unter anderem
fällt z. B. ein silbernes Rößlein aus, welches ein
Hohenzollernsproß als Weihegeschenk, wie er ge-
lobt, übersandte, da sein hochgewerthetes Kriegs-
pferd infolge Anrufung unserer Seligen wider
Erwarten und schnell gesundete.

Eigenthümlich muthet die Zelle an, welche das
Leben der Gottbegnadetei: einige Jahre schaute.
Dort findet sich alles noch so vor, wie es die
Klosterfrau bei ihrem Hinscheiden verließ. An
einer Wand hängen zwei große bildliche Dar-
stellungen von ihr: die Geißel des Herrn und
ein Jüngling als Symbol des Hl. Geistes. Beide
Zeichnungen athmen die Liebe und Innigkeit, mit
welcher sie das bittere Leiden Jesu Christi und
das Geheimniß der allerheiligsten Dreifaltigkeit
betrachtete; man muß nur staunen über die Fein-
heit und Präzision, welche denselben eigen. Und
doch war unsere Ordensperson keine Malerin
vom Fach!

Vor ein paar Wochen erhielt ich von befreundeter
Seite in München das Original eines Briefes,
den die Selige am 18. Dezember 1743 an den
Klosterpfleger Joseph Anton Miltner in Maria
Mödingen bei Lauingen richtete. Dieser Herr
hatte nämlich aus Anlaß seiner Verlobung dem
Kloster Kaufbeuren Gaben geschickt, für welche
nun die damalige Oberin unter Anfügung von
Gebetszetteln in genanntem Schreiben dankt.

Das Schreiben lautet folgendermaßen:

Gelobt Sey Jesus Christus und Maria Amen.

Wohl Edler gestrenger in Christo
hochgeEhrter Herr.

Ich habe das an mich abgelasfene schreiben
sambt dem darein geschlossenen hl. allenmosfen
zur recht erhalten. vor welches ich den schuldigen
und demietigen dankh abstatte überschickhe das
wenige zur dankhsagung . ich wünsche auch dem
gestrengen Herrn . und seiner Jungfrau von dem
lieben gott. alles glickh heil und fegen. zur dem
angehenten stände. ich habe auch einige Lucas-
zetelein . überschickhen wollen . daß sye ietzt in
dieser zeit. zur zeilen eins einrambt. und alezeit
darzur sollen sye beten ein Vater unser und
Ave Maria und ein Gloria Patri . zur Ehren der
hl. dreyfaltigkeit, ich werde auch täglich. vor sie
und seiner angehenten Jungfrau brauth beten.
und sein begehren dem lieben gott anbefehlen.
darmit befehle mich in alles heilige und in
ergebung des gnadenschuz Jesu und Maria.

Verbleibe Kaufbeyren den 18 Rbris 1743.
Meinem gestrengen in
Christo hochgeEhrten
Herrn.

zur gottschnldigen Vor-
bildnerin ihre Maria
Crescentia hößin orck —
S: Francisci.

Der Brief, auf einem gefalteten Halbbogen
geschrieben, nimmt sofort wegen seiner äußern
Ordnung ein. Da ist gleichmäßiger Falz, gleich
weiter Abstand der geraden Zeilen, Sauberkeit;

die Schriftzüge sind fest und deutlich, zugleich
schön und ungekünstelt — nur der Hand einer
geübten Schreiberin können sie entstammen. Aus
dem einfachen Inhalte spricht ein theilnehmender
und vertrauensvoll frommer Sinn, der sich fern
hält von süßlichem und überschwenglichem Wesen.

Die selige Creszentia hatte diesem Briese an
Herrn Miltner auch ein Bild von sich in Visite-
format beigelegt, welches, von einem S. T. Sonder-
mayr sehr hübsch und scharf gestochen, am Fuße
die Bemerkung trägt: Vera ECfigies Rel. ln
Christo Dev. Mariae Crescentiae 0: S: Franc.
In Monasterio Kauffburensi. — Beim Anblick
dieses Bildes denkt man unwillkürlich: so sieht
eine Heilige aus, so hat die selige Creszentia
ausgcsehen. Die Portraits der letzteren in Kauf-
beuren wollen mir nicht gefallen, iveil das Gesicht
auf denselben zu „räß" dreinschaut.

In der Uebersendung des eigenen Bildes wird
man nicht einen Zug von Weltsinn und Eitelkeit
stnden wollen, wenn man bedenkt, daß der
Adressat ein Klosterbeamter war und zu unserer
Ordensperson in srommer Freundschaft stand.

Literatur.

Beschreibung des £ betnmts Rotten-
burg. Herausgegeben von dein K. Sta-
tist i s ch e n L a n d e s a m t. Mit Titelbild,
Karte des Oberaints, Kilometerzeiger des
Bezirks, Plan der Stadt Rottenbnrg und
Umgebung, sowie zahlreichen Bildern im
Tert. Zwei Theile. Stuttgart. Kom-
missionsverlag von W. Kohlhammer. 1900.
Den neuen Oberamtsbeschreibungen von Reut-
lingen (4893), Ehingen (1893), C'annstatt (1895)
und Ulm (1897) folgt nun die von Rottenburg
in zwei Bänden, wovon der erste die allgemeine
Bezirksbeschreibung, der zweite die Ortsbeschrei-
bungen enthält. Wie aus der Inhaltsübersicht
zu ersehen, ist auch dieser fünfte Theil der Be-
schreibung unseres Königreichs Württemberg das
Werk zahlreicher Fachmänner, die sich der Unter-
stützung seitens der Bezirks- und Gemeindebe-
hörden, der Geistlichen und Laien erfreuen durften.
Die Redaktion des Buches besorgte das ordent-
liche Mitglied des K. Statistischen Landesamtes,
Oberstudienrath Dr. v. Hartmann. Bei der
allgemeinen Beschreibung werden zuerst die „na-
türlichen Verhältnisse", Lage, Klima, Bodenbe-
schasfenheit, Pflanzen u. s. w., dann die Bevöl-
kerung nach ihrer Abstammung, Mundart, Cha-
rakter u. s. w. beschrieben; hierauf kommen die
Erwerbs- und Wirthschaftsverhältnisse, die öffent-
lichen Verhältnisse, wie Rechtspflege, Verwaltung
u. s. w. zur Beschreibung. Der fünfte und sechste
Abschnitt behandelt die Geschichte und die Alter-
thümer des Bezirks, an deren letzteren die Gegend
ja besonders reich ist. Von der Stadt Rotten-
öurg selbst ist gesagt: „Der älteste sicher be-
nannte Ort im heutigen Württemberg, unbestrit-
tene Kelten- und Römerstadt, hatte Rottenburg,
als es 1806 württembergisch wurde, eine längere
Geschichte hinter sich als alle, eine bedeutsamere
als viele schwäbische Landstädte." ^

Die Ortsbeschreibung beginnt mit der Stadt
Rottenburg und folgen dann die einzelnen Orte
in alphabetischer Ordnung. Bei jedem Orte wird
 
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