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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 19.1901

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Nr. 1
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Osterritter, Theodor: Der Fußbodenschmuck in der christlichen Kirche, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15906#0007

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Ausgeführt wurde dieser Mosaikfußboden
unter Erzbischof Anno mit 1069, wahr-
scheinlich durch Künstler aus Oberitalien.

Durch den hl. Bernward kam dieMosaik-
malerei auch nach Hildesheim und wurde
zur Ausschmückung der Wände und des
Fußbodens der Kirche verivendet. Inr
Donre zu Hildesheinr hat sich ein Boden-
mosaik mit verschiedenen Darstellungen,
wie das Opfer Abrahams, Leben und Tod
20. erhalten. Im Chore desselben Domes
finden sich auch noch Neste der Fnßboden-
bekleidnng von 1122, welche ans nngla-
sirten Thonplatten besteht, in denen llnr-
rißzeichnungen figürlichen Inhalts eingra-
virt und mit dunkler Farbe ausgegossen
sind. Diese Art der Technik scheint auch
in Frankreich sehr verbreitet gervesen z>r
sein, da sich derartige Fußböden, speziell
inr Norder: Frankreichs, bis ans den heutigen
Tag in ziemlicher Anzahl erhalten haben.

Da irr: Norden die zrrnr Mosaikboden
nöthigen Gesteinsarten, wie Marmor nrrd
Porphyr, zu selten rvarerr, so suchte man
rrach anderweitigem Ersatz. Der gewbhn-
liche Fußboden bestand, außer Steinplatten,
rneistens aus B a ckst e i n e rr, welche auch
den Vortheil hatten, wärnrehaltiger zrr sein
als Natursteirr. Es wurde nun der Versuch
gemacht, die Backsteine mit Verzierungen
zrr beleben rrrrd darnit den Fnßboderr aus-
zrrstatten. Reste vorr derartiger! Fnßböderr
finden sich schon ans dem 8. Jahrhundert.
Es sind dies Backsteine, die mit barbarisch
arrsgeführten Reliefzeichnurrgen geschmückt
lind t5aint-5am3on sur-I<ille)Ans denr
9. Jahrhundert stamrnen wahrscheinlich
die Reste der Fußbodenbekleidung der
Klojterkirche von 5ainte-E'oloiube-ITs-
b>en3, Ziegel mit Darstellung symbolischer
Thiere. Dies rvarerr aber alles nur Ver-
suche, die bald der Vergessenheit wieder
anheimfielen. Erst als mit Beginn des
12. Jahrhunderts die Thonfliesen anf-
kanren, die bald mit eingepreßten Orna-
urenten geschmückt oder auch mit farbiger
Glasur überzogen wurden und man 9No-
saikpfläster aus Thonsliesen Herstellen
konnte, wurde der römische oder byzan-
tinische Mosaikboden allnrählig ganz ver-
drängt.

ßr rr. A me, Les carrelages emailles du nioyen-
age 1859. S. 96.

Die ältesten bekannten Mosaikpflaster
....s glasirten Thonsliesen in der Ab-
teikirche zu St. Denis stammen aus
dem 12. Jahrhundert. Durch geeignete
Zusammenstellung der verschieden gefärbten
Fliesen ließen sich hübsche Effekte erzielen,
die irr ihrer Komposition vielfach rroeh an
römische oder byzantinische Mosaikpslaster
erinnern. Irr Deutschland finden wir
ebenfalls schon inr 12. Jahrhundert Thorr-
sliesen als Ersatz für den antiken Mosaik-
boden angewandt, wie z. B. inr Donre
zu Hildesheinr, von dem oben schon ge-
sprochen wurde; jedoch waren diese Thon-
fliesen nnglasirt und scheinen die glastrten
Thonfliesen, wie später die figürlichen der
gothischeu Zeit, zuerst in Frankreich ange-
wendet worden zu sein. Erst inr Ick. Jahr-
hundert finden sich auch in Deutschland
bedeutendere Neste von Fußböden ans gla-
sirten Thonfliesen, einer der ältesten be-
kannten dieser Art ftanrrnt ans denr Kloster
Ammerrsleben in der Provinz Sachsen.
In Württenrberg komnren als älteste gla-
sirte Fliesen und dem Ick. Jahrhundert
angehörend, die Neste der Fnßboden-
bekleidnng der Kirche in Bentelsbach in
Betracht.

Eine dem 12. und Ick. Jahrhundert
eigenthünrliche Art von Bodeuverzierung
findet sich in vielen Kirchen, hauptsächlich
des nördlichen Frankreichs, die sogenannten
Labyrinthe. Sie dienten in jener Zeit
an Stelle unserer heutigen Kreuzwege. Aus
den Knieen bewegten sich die Gläubigen,
den Linien und Verschlingungen des La-
byrinthes folgend, vorwärts und die
Schmerzen, welche man in einer derartig
ernrüdenden Stellung unter Gebeten, wäh-
rend oft mehreren Stunden erduldete,
dienten als Buße für begangene Sünden,
lieber die Bedeutung der Labyrinthe sind
verschiedene Archäologen der Annahme,
daß die Labyrinthe ihre Erstehung den
Krenzzügen verdankten und zwar nur den-
jenigen , die nicht eine Wallfahrt nach
Jernsalenr unternehmen konnten, (Gelegen-
heit zu geben, eine gleiche Buße zu thun,
indem die betreffenden Personen auf den
Knieen die verschlungenen Irrwege eine^>
solchen Labyrinthes znrücklegten und dabei
gewisse vorgeschriebene Gebete verrichteten.
So konnte man die gleiche Buße erlangen,
1 wie die Pilger zunr hl. Grab in Jerusalem.
 
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