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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 19.1901

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Nr. 2
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Osterritter, Theodor: Der Fußbodenschmuck in der christlichen Kirche, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15906#0014

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tirnng ist eilte ungemein Lihnntasiereiche
und geschmackvolle. Sehr beliebt sind
Blattformen, speziell das Eichen- und
lllebenblatt, daneben finden sich häufig
sonderbare symbolische Thiergestalten,
sagenhafte Thiere wie das Einhorn n. a.

Das ehemalige Cistercienser-Kloster Be-
ben Hansen hatte einen solch' reichen Schatz
an interessanten Fliesenböden, wie kanin
irgend ein anderer Platz in Deutschland.
Die Bebenhauser Fliesen haben Ornamen-
tirungen von den einfachsten geometrischen
und Blatt-Mustern bis zu den entwickeltsten
Formen von tranbenbeladenen Reben und
hochinteressanten Thierdarstellungen. Um
die Veröffentlichung eines großen Theiles
dieser Fliesen hat sich der frühere Landes-
konfervator Oberstndienrath U>r. Paulus
ein großes Verdienst erworben. In feinem
Werk über das Kloster Bebenhanfen findet
sich auf 3 Tafeln eine Auslese der schönsten
Fliese abgebildet.

Besonders interessant von den bis jetzt
noch nicht veröffentlichten Bebenhauser
Fliesen ist eine Fliese mit Darstellung des
Hirsches, eine solche mit dem Meerweibchen
und eine Fliese mit Bär und Einhorn.

Fliesen mit Darstellung von Fischen
kamen in den gothischen Kirchen häufig
zur Verwendung. Sie finden sich in den
verschiedensten Variationen über ganz
Deutschland, Frankreich und England ver-
breitet. Diese häufige Wiederkehr von
Fußböden mit Fifchfchmnck in gothischen
Kirchen gab" Chateaubriand die Veranlas-
sung, die Entstehung der Gothik im Vor-
bild von Wasser und Himmel zu suchen.
Die Fische auf den Fliesen seien die Dar-
stellung des Meeres, das meist sternbe-
malte Gewölbs der Himmel und die Säulen,
die aus dein Meer inselartig hervorragen-
den Träger des Hiinmelsgewölbes.

Die Fliesen mit Ornamentirnng gelb
ans englisch rothem Untergrund oder um-
gekehrt, tvelehe speziell den Fußbodenschmück
in den gothischen Kirchen Frankreichs und
Englands bildeten, finden sich bei uns nur
selten. Wo solche in deutschen Kirchen
zur Vertvendnng kamen, sind sie jedenfalls
importirt worden, und zwar würde hiefür
besonders Frankreich in Betracht kommen.

Man ist gegenwärtig bestrebt, wo alte
Fliesenböden noch erhalten sind, dieselben
nach Möglichkeit zu restanriren. Auch die

moderne Fliesenfabrikation erinöglicht die
Wiederherstellnng eines stilgerechten Fuß-
bodens, wo der alte int Laufe der Jahr-
hunderte verschwunden ist. Alte schwä-
bische, vor allem BebenhauserFliesen, werden
jetzt in vorzüglicher Nachahmung verfertigt.

Wie schön harmonisch wirkt das Innere
einer Kirche, wenn auch der früher so
vernachlässigte Fußboden mit der übrigen
Innenarchitektur stilgerecht übereinstimmt.
Nichts lenkt die Aufmerksamkeit des An-
dächtigen weniger ab, als eine ruhige
harmonische Umgebung.

IV.

Mit dem Eintritt der Renaissance in
den nördlichen Ländern Deutschland, Frank-
reich und England verlor die Ornamen-
tirnng der Fliesen die urwüchsige Kraft
und die naturalistische Darstellnngsweise.
Die Ornamentirnng wurde eine einför-
migere, vernachlässigtere, und die einzelnen
Fliesen nahmen große plumpe Formen
an. Die Verwendung wurde eine immer
seltenere, bis die Fliesen schließlich anf-
gehört hatten, zum Fußbodenschmnck zu
dienen. Die Renaissance, die Wieder-
geburt der Antike, brachte den antiken
Fußbodenschmnck, Mosaikpflaster aus Mar-
mor und den gewöhnlichen Belag mit
Marmor- oder Steinplatten wieder ans.
In vielen Kirchen wurde der gothische
! Fliesenboden heransgerissen und durch einen
Boden aus Marmor- oder Steinplatten
ersetzt.

In den meisten Kirchen der nördlichen
Länder kann in der späten Renaissance
und im Barock nicht mehr von Fnßboden-
schmuck gesprochen werden, da Mosaik-
pslaster, Marmor und die später haupt-
sächlich in Frankreich zur Verwendung
gekommenen Fayencefliesen wegen ihrer
Kostspieligkeit nur selten verwendet wur-
den. So bestand der Fußboden gewöhnlich
nur aus größeren oder kleineren Stein-
platten, wie sie in der Nähe der betref-
fenden Kirchen gebrochen wurden.

In Italien dagegen wurde der Fuß-
boden mit dem Auftreten der Renaissance
sehr reich ausgestattet. Mosaikböden und
Mosaikpflaster, wie sie die Antike liebte,
kamen vielfach in Anwendung.

Ein merkwürdiger Marmorfnßlwden aus
dem 15. und 16. Jahrhundert ist im Dome
 
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