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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 19.1901

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Nr. 4
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Dr. Albert Jele und die Tyroler Glasmalerei, [2]
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Reiter, Joseph: Schlußsteinfragen, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15906#0038

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— 30

Sein Wirken, hier auf dieser Erde war
die würdige Illustration dieses Spruches.

Schlußsteinfragen.

Von Pfarrer Reiter in Vollmaringen.

(Fortsetzung.)

Wir könnten diesem Beispiel noch andere
anreihen, allein wir dürfen doch nicht
allzulange bei dieser Frage verweilen, viel-
mehr wollen ivir von bent Bilde Christi
im Elend Anlaß nehnien, zu weiteren
Bildern Christi auf den Schlußsteinen
überzngehen. Zit diesem Zwecke besuchen
ivir die schmucke spätgothische Kirche in
Bildechingen. Dieselbe ist der schmerz-
haften Alnttergottes geweiht, ihre Ge-
wölberosen bringen aber nicht die schmerz-
hafte Mutter, sondern das Lamm Gottes
und das Antlitz Christi zur Darstellung.

Es wäre also hier vor allem zu kon-
statiren, daß Maria, die Kirchenpatronin,
kein Steindenkmal erhalten hat, sondern
unberücksichtigt geblieben ist, eine Er-
scheinung, welche uns auch sonst nicht
selten begegnete. Wir haben über zwanzig
Fälle dieser Art aufgezählt. (In Pfaffen-
hofen, DA. Brackenheim, mußte sich der
Kirchenpatron - S. Lambert — in die
Sakristei fliichten.)

Wie diese Alnveichung von der Regel
bei den einzelnen Gotteshäusern je be-
gründet worden ist, darüber läßt sich wohl
kaum etwas Bestimmtes, allgemein Gül-
tiges erniren. Vielleicht hat dann und
mann auch der Umstand eine Rolle ge-
spielt, daß schon auf dem Hochaltar ein
schönes oder besonders verehrungsmürdiges
Bild des betreffenden Kirchenheiligen an
hervorragender Stelle angebracht war, was
namentlich bei Wallfahrtsbildern an Wall-
fahrtsorten zntreffen mochte. (Bildechingen
früher Wallfahrtsort. Lied: „Zu Bil-
dechingen in der Kapelle" ec.)

Sehen wir uns nun die Steine in
Bildechingen näher an. Aus dem ersten
Schlußstein bei dem Hochaltar ist die
Figur des Lammes mit Fahne heraus-
gemeißelt, aus dem zweiten ragt das Ab-
garbild hervor — ein Christuskopf ohne
Dornenkrone. Das Agnus Dei findet
sich nach den Angaben des Buches:
„ W ü r t t e m b e r g s k i r ch l i ch e K u n st a l t e r l h ü m e r"
auf etwas über 60 Gewölberosen, und

aus diesem häufigen Vorkommen (in Nuf-
ringen, DA. Herrenberg, ist dasselbe im
Chor und in der Sakristei angebracht)
darf zunächst gefolgert werden, daß die
Darstellung des Lammes als des Sym-
bols Christi sehr beliebt war. Hat aber
das Lamm mit seiner Fahne nicht noch
eine besondere Idee znm Ausdruck bringen
sollen?

Wolfgang Menzel sagt in seiner christ-
lichen Symbolik: „Das Agnus Dei ist
Sinnbild der Welterlösung. Das Lamm
mit der Siegesfahne steht in einem Kreis,
welcher die Welt bedeutet." Dr. Mone
äußert sich irgendwo: „Nach dem Buche
der „Vorbeweisnngen" ist die Auferstehung
Christi der Geburtstag der christlichen
Kirche, gewesen. Dazu gab die Stelle
beim Propheten Sophonias 3, 8 eine
Berechtigung. Dieser sagt: „Am Tage
meiner Auferstehung werde ich sammeln
das Volk" (die Kirche). Deshalb findet
sich schon im 13. Jahrhundert die Dar-
stellung des Lammes Gottes mit der Anf-
erstehungsfahne ans den Grundsteinen der
Kirchen, (so auf dem im Jahre 1873
gefundenen Grundstein der Dominikaner-
kirche zu Straßbnrg vom Jahre 1252)
über den Kirchenportalen im Vogenfelde,
und in den Gewölbeschlnßsteinen über dem
Hochaltar." Ich möchte annehmen, daß
das Agnus Dei über dem Hochaltar in
besondere Beziehung znm heiligen Meß-
opfer gebracht werden soll, bei welchem
das Lamm Gottes nicht blos im Agnus
Dei, sondern auch schon im Gloria
um Erbarmen und Gnade angerufen
wird.

Diese Auffassung schließt die anderen
nicht aus, will aber zuerst und zumeist
die Opferidee zur Geltung bringen, so
daß man im Hinblick auf den Altar und
im Aufblick zu dem Schlußstein sagen
kann: Ein Stein ruft es dem andern zu:
,,Ecce Agnus Dei, qui tollit peccata
mundi.“

Ob auch die Erbärmdebilder an dieser
Stelle einzureihen seien, kann als zweifel-
haft erscheinen, dagegen dürste das keinem
Zweifel unterliegen, daß die sogenannten
Veronikabilder vielfach mit dem heiligen
Meßopfer in Zusammenhang gebracht
werden müssen. De. Mone spricht in
seinen „Bildenden Künsten im Großherzog-
 
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