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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 19.1901

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Nr. 5
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Schermann, Theodor: Die christliche Ostung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15906#0041

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Archiv für christliche Nunst.

Drgan des Rottenburger Diözesan-Vereins für christliche Kunst

^erausgegeben und redigirt von Pfarrer Detzel in St. Lhristina-Ravensbnrg.

Verlag des Rottenbnrger Diözesan-Annstvereins,
für denselben: der Vorstand Pfarrer vetze! in St. Lhriflina-Ravensbnrg.

Pr. ^

Erscheint monatlich einmal. Halbjährlich für M. 1.95 durch die wnrttembergischen, M. 2.02
dnrch^dic bayerischen »nd die Iteichspostnnstalten. fl. 1.27 in Oesterreich. Frcs. 3.40 in

•* 'S» ^cr ä11 beziehen. Bestellungen werden auch angenoininen von allen Buch- IQOJ

-7 Handlungen sowie gegen Einsendung des Betrags direkt von der Ervedition des ..Deutschen s '
Bolksblaits" in Stuttgart, Urbanstraße 94, zum Preise von M. 2.05 halbjährlich.

Die christliche Ostung.

Von Theodor Sch er mann.

Nach beit Untersuchungen des Kardinals
Johannes Bona ') galt in den ältesten
Zeiten, insbesondere aber nach Konstantin
als feststehende Vauregel: die Richtung der
Kirche nach Osten zur Zeit der Tag- und
Nachtgleiche.* 2) Den Grund hiesiir glaubt
er weniger in einem heidnisch-christlichen
oder in einem jüdisch-christlichen Synkretis-
mns zil finden, als vielmehr in den
für die Christen ntehr ausschlaggebenden
symbolischen Anschaltungen. Nicht nur
habe ja bei den Heiden, wenn auch einige
nne Vitruv3 4) die Ostung der Tempel
bezeugen, in der That eine große Ver-
schiedenheit vorgeherrscht, während die
Tempel der Juden westlich gerichtet waren,
sondern die Christen habe besonders jene
Stelle des Lobgesanges Zachariä, in wel-
cher der Erlöser als orieirs ex alto ge-
priesen werde, bestimmt, sich im Gebete
nach Osten zu richten und deshalb ihre
Gotteshäuser dieser Richtung anznbequemen.

Vor Konstantin waren alle Gotteshäuser
durch die Verfolgungswnth eines Diokletian,
Maximinus und Galerins niedergerissen
und zerstört, so daß wir hier nicht mehr
vom Augenschein reden können, sondern
wir sind angewiesen aus die Zeugnisse der
Schriftsteller. Sprechen diese von Ostung
der Kirchen und begründen sie mit syin-
st o l i s ch e n Vorstellungen, ist damit zugleich
ausgeschlossen, daß nicht auch praktische
Gründe, z. B. Anlehnung an hergebracht
Heidnisches maßgebend waren, wie ja
schon der Name Basilika andeutet?

5) Rer. liturg. 1. I. pars II. c. XX. § IV.
ed. Rob. Sala. Turin. 1749. t. II.

-) Vgl. Isid. Sev. etymol. 1. XV. c. 4 n. 8.
Migne. R. L. RXXXII, 544 C.

a) De architect. 1. IV. c. 9. ed. \ al. Rose
Rips. 1899. Bibi. Teubn.

Hiezu eine kurze Uebersicht.

Entsprechend einem alten Völkerglauben,
nach welchem die Erde, ein längliches
Viereck, sich von Osten nach Westen länger
erstrecken würde als von Norden nach
Süden/) erscheint bei den ältesten Kultur-
völkern die Baulinie der Tempel stets die
westöstliche oder umgekehrt gewesen zu
sein, wie dies von den ältesten Höhlen-
tempeln der Indier bekannt ist, welche
sich nach dieser Richtung in die Länge
zogen, und sogar an den Pyramiden
Aegyptens zu Tage tritt,/ woselbst
aber auch viele Tempel gegen Westen, dem
Nile zu, lagen.3) Die P hönicier schanten
gegen Osten im Gebete zu Astarte/) Daß die
G riechen von dieser Regel nicht abwichen,
dürfte aus der Wnndergeschichte, welche Dio
Cassius5 6 7) berichtet, genugsam bekannt
sein, nach welcher das Bild der Athene
Polias ans der Akropolis zu Athen, ur-
sprünglich nach Osten schauend, sich plötz-
lich nach Westen wandte. Auch der
Theseustempel, der Tempel der Nike ap-
teros, das Erechtheion ans der Akropolis
und das Parthenon schauten mit dem
Pronaos nach Osten/) eine Lage, die nach
Plutarck/) auch bei den Römern gewöhn-

>) D. Ramsee: Histoire de l’architecture

cliez les peuples de l’antiquile. Paris 1843.

T. I. p. 16, 20, 29, 37, 42.

2) C. L. Stieglitz: Geschichte der Baukunst im
frühesten Alterthuine. Nürnb. 1837, S. 57.

s) I. Braun: Geschichte der Kunst in ihrem
Entwicklungsgänge. Wiesbaden 1856, I. Vd.,
S. 27. II. Bd., S. 4t, 122. Fr.^Kugler: Hand-
buch der Kunstgeschichte. I. Bd., S. 30. 4. Ausl.
1861. Stuttgart.

4) Batissier: Histoire de Part monumental.

1848. Paris p. 76.

6) Hist. 1. LIV. c.. 7 ed. J. P-ekker. 1849.
°) Lübke: Geschichte der Architektur. S. 23

U. 83. Ramsee a. a. O. 1., 323.

7j Vilae inter se comparatae, ed. J. Bekker.
Rips. 1855. Vol. 1. Numa. 14 n. 4 (p. 1130
 
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