Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 19.1901

DOI Heft:
Nr. 5
DOI Artikel:
Schermann, Theodor: Die christliche Ostung, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15906#0043

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Fasttage: Montag nnd Donnerstag, nur
deil Schein zu vermeiden, als halte mau
cs noch mit den Inden; so mar doch der
Charakter dieser Tage „als Wendepunkte
im i'eibnt des Herum" mit ausschlaggebend,
wie überhaupt bei solchen Disziplinarvor-
schriften stets Inhalt uitb Form ausein-
ander zu halten ist, bei welch' ersterenr ein
wesentlicher Unterschied zwischen Christen-
nnd Judenthum vorhanden ist.

Die vier Himmelsgegenden durch Li- '
uien gezeichnet, geben ein Kreuz. Und in '
christliche Vorstellnugsweise gekleidet, wel-
cher das Kreuz nicht bloßes Abbild der
viereckigen Welt, sondern als Zeichen der
universalen Erlösung erscheint, spricht der
hl. Basilius diesen Gedanke)! aus:') „Die
Gestalt des Kreuzes, was ist sie anders
als das Viereck der Welt? Anr Haupt ist
Sonnenaufgang, die Rechte zeigt nach
Norden, der Süden liegt zur linken Hand
nnd an den Flißen ist Westen," 2J welchen
Sedulius ch in seinem Osterliede besingt:

„Der viereckigen Welt vier Gegenden finb in
dem Kreuze da.

Glanzvoll leuchtet der Ost von dem Scheitel des
Schöpfers des Weltalls;

Aber den heiligen Fuß rührt sinkenden Abend-
gestirns Flut.

Nordwärts streckt sich die Rechte, gen Süd in der
Mitte die Linke.

So lebt ganz die Natur von des schaffenden ;

Herrn Gliedmaßen.

Und allwärts lenkt Christus die Welt, die im ;

Kreuze gefaßt ist."

Aehnlich den: Gedanken, daß der Sohn
Gottes nicht bloß der Menschheit wegen,
unk sie zu erlösen, von: Himniel gekommen,
sondern um durch die Menschwerdung Jesu
Christi die höchste Vollendung der Welt-
schöpfnng und so die Neubelebung auch
der leblosen Natur darzustellen, ist das
Kreuz hier gefaßt in erster Beziehung als
das glorreiche Siegeszeichen, nach welchem
unbewußt erst die vier Weltgegenden be-
stinunt worden. Nach Sedulius lebt die
ganze Natur im Kreuze, ein Gedanke,
welcher von den Vätern hänsig kommentirtch

J) Comment. in Is. c. XI. n. 249 (P. 0r.
XXX, 558 B.). . , ; ,

2) Vgl. Hieronym. ep. XLVI (P. L. XXII.

487). .. T .

») Carm. pasch. 1. V. p. 190 ff. ed. Juh
Huemer. Vol. X. in corpus eccl. lat. Vindob

1885. P. 128. _

4) Tertull. de coron. milit. c. o (st. L,. i,

und in die Form oder den Grundriß
der Kirche iibertragen wurde. War aber
die Kreuzung der Kirche Ueberliefernng,
so war nothwendig die Richtung der Kirche,
entsprechend der Lage des Hauptes, nach
Osten damit gegeben. „Was für uns
nun der Ausblick zum Altarkrenz als Ab-
bild Christi ist, das war für die Christen
der Ausblick nach Osten."')

Einen aus der Natur der östlichen Rich-
tung, als der überhaupt bevorzugten, her-
vorgehenden Grund gibt der Verfasser
eines Dialogs") über die unter den Christen
behandelten Wahrheiten nnd Gebräuche an.
Wie nach menschlicher Anschauung immer
die rechte Hand vor der Linken den Vor-
zug verdiene, so sei auch die östliche Him-
melsgegend die vorzüglichste, welche als
solche für den Dienst Gottes gewählt
werden miisse. Dieser „die durch apo-
! stolische Tradition geheiligte Gebetsrich-
tnng nach Osten" bestimmende Grund
wird ergänzt durch symbolische, welche der
mit dem Christenthmn unzertrennbar ver-
; bundenen neuen und eigenen Anschannngs-
weise und Jdeenbildung entsprungen sind.

Die hl. Schrift kann sich nicht erschöpfen
mit Symbolen Jesu Christi, der da ist „das
Lichtzur Erleuchtung der Heiden nnd zur Ver-
herrlichung des Volkes Israel" (Luc. 2, 31);
„der Stern aus Jakob" (4. Mos. 24, 17);
„der Abglanz des himmlischen Vaters"
(Weieh. 7, 26); „der strahlende Atorgen-
stern" (Ofsenb. 22, 16); „das Licht der
Welt" (Joh. 12, 46) ; die wahre Sonne,
welche in unvergünzlichem^Lichte leuchtet.
An der Hand all' dieser Stellen schildern
die Väter den menschgewordenen Gottes-
sohn als die von Osten konunende Sonne,
welche gleich der sichtbar scheinenden der
Welt gebracht hat: Helle und Klarheit
nach Finsterniß, d. i. das Reich der Gnade
und Glorie.

(Fortsetzung folgt.)

80 A); Basil. de spir. s. c. X. n. 27 (P. G.
XXXII, 115 A); com. in Ts. XI. n. 249 (P. G.
XXX 558 A); Augustin, ep. 55 c. 14 n. -5
(P.'L. XXXIII, 210 ; 140 c. 26 ». 64 (o66);
147 c. 14 n. 34 (611). 19

') loh. Damasc. de hde orthod. 1. 1 V . c. i-
(P. Gr. XCIV, 1134 C); vgl. Thnlhofer, Lltur-
gik 1, 607. . , '

' 2) Quaeslion. et respons. ad orthodox, qu.

118 (Migne. P. Gr. VI, 1368 B).
 
Annotationen