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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 19.1901

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Nr. 6
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Schermann, Theodor: Die christliche Ostung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15906#0052

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44

symbolik, dem PhysiologuS, unter dem.
Bilde der Sonneueidechfe aufgefaßt:')
„Wenn die Eidechse alt wird, werden ihre
Augen dunkel; sie wird blind, daß sie
nicht mehr das Licht der Sonne sieht,
lind sie sucht eine Wand, die gegen Mor-
gen liegt, und legt sich hier nieder. Wenn
aber die Sonne heiß brennt, öffnen sich
ihre Angen lmb werden wieder gesund."
Physiologns gibt folgende Erklärung:
„2)u aber, v Mensch, dieweil du das
alte Kleid anhast, wenn das Auge deines
Herzens verdunkelt ist, suche in Wachsam-
keit die Waud der Hilfe, bis die Sonne
der Barmherzigkeit unseres Herrn anfgeht,
welchen der Prophet „Morgen" nennt.
Der Osten, das Symbol Christi, ruft alle
nach dieser Himmelsgegend, die Kinder
des Lichtes werden wollen." Deshalb
wenden wir uns im Gebete gegen Sonnen-
aufgang, sagt Origenes/) zum Zeichen,
daß die Seelen nach den: Aufgang des
wahren Lichtes Hinsehen. Ja er verlangt
sogar, man solle sich nach Osten im Zim-
mer wenden, ohne daß der Ausblick frei
wäre. Eine beni hl. AthanasiusH unter-
schobene Schrift führt ans: „Die Apostel
haben verordnet, den Tempel nach Osten
§u bauen, damit wir gegen das Paradies
Hinschauen, ans dem wir gefallen, zu un-
serem alten Vaterlande."/ Das Para-
dies blieb verschlossen, bewacht von einem
Seraph mit feurigem Schwerte, bis durch
einen zweiten Wonnegarten, wie Ambro;
sinsch sinnig auf die seligste Jungfrau
Maria deutet, der Herr, Israels Gott,
einzog. „Gegen Osten schaute das Thor,
weil es das Licht, die Sonne der Ge-
rechtigkeit/) ausgegossen hat, welche denen
anfgeht, die den Herrn fürchten."

Welch' großen Einfluß die christliche
Symbolik des Ostens als des himmlischen

’) Fr. Hoiniiiel: Die äthiopische Uebersetzung
des Physiologns. Leipzig 1877, S. 19.

2) De orat. c. 32 (ed. der Kirchenvater-Kom-
mission der Kgl. Preuß. Akad. d. Wissensch.: Die
griech. christl. Schriftsteller der ersten drei Jahrh.
2. Bd., S. 400. Leipzig 1899.

3) Quaest. ad Anlioch. qu. 47. Migne (F.
Gr. XXVIII. 627 B); vgl. qu. 41 (623 A).

4) Vgl. constit. apostol. VIII, .12 (ed. Lngarde,

Leipzig 1862, S. 251).

6) De inst, virgin. I I. c. VIII. n 54—56
(P. L. XVI. 320 B—C).

6) Malach. IV, 2.

Gnadenlichtes auf die ganze damalige Li-
turgie gehabt, dürfte ans den Tanscere-
monien hervorgehen. Der große Katechet
des Altertums, Cyrill von Jerusalem,')
beschreibt uns diesen Taufakt in der Weise,
daß die Kandidaten dem Teufel abschwö-
rend nach Westen sprechen, nach dieser
Gegend die Hände ansstrecken und blasen
mußten, um dadurch ihren Abscheu zu
erkennen zu geben; dann aber wandten
sie sich sofort nach Osten, mit nach Hie-
ronymus^) „den Bund mit der Sonne
der Gerechtigkeit zu schließen" oder nach
Ambrosius/ sich Christus als ihrem Mittler
zil verbinden.

Ter Westen ist die Nacht, der Zustand
des gefallenen, sündigen Menschen, der
Osten der helllichte Tag, welcher wiederum
mit Christus angebrochen. Bon Osten her
kam daher der Heiland und nach derselben
Richtung ging er zum Vater heim,
wie aus den sichtbaren Spuren seines
Fußes auf dem Oelberge geschlossen wird/)
Gregor der Großes aber gibt die Mahu-
nng, die Christen sollen sich im Leben als
Orientalen zeigen und immer der lichten
Ostung folgen. Daher ist auch „die
Kirche geostet/) damit die Gläubigen
sich erheben und gegen Sonnenaufgang
beten könnten, • weil Christus hinauf ge-
stiegen über den Himmel der Himmel
gegen Aufgang und weil dieser Gebrauch
nach Gen. 2, 8 zugleich erinnert an den
uranfänglicheu Besitz des nach Sonnen-
aufgang gelegenen Paradieses". Dort ist
das Ziel unserer Wanderfahrt/: „So

wie unsere Väter überliefert haben, sehen
wir, wenn wir beten, nach Osten und
suchen unsere Heimatstadt (das himmlische
Jerusalem) und unser altes Vaterland
(das verlorene Paradies), irie dereinst
Daniel sich nach Jerusalem wandte; denn
er lebte in Gefangenschaft, so wie wir
Christen in der Gefangenschaft leben."

4) Gal. myst. I, 9 (ed. Jos. Rupp. Monac.
1860. Vol. II. p. 354).

2) ln Amosl. III. c. VI P, L. XXV, 1068 B).
s) De myster. c. II n. 7 (P. L. XVI, 408 A).
4) Matth. 24, 27; l’s 67, 34. Bona 1. c.

6) Moral, lib. I. c. 18 n. 26 in cap. I. Job
(P. L. LXXV, 539 C); c. 31 n 43 (546 D).

6) Constit, apost. I. Il:. c. 57 ed Lagarde.
S. 84. Olxog xaz ävcaoAijv iETgaLu/uevog.

7) Clirysost. in Daniel (P. Gr. LV1, 226).
 
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